Weltweit erkranken jährlich etwa 200 000 Menschen neu an Nierenzellkarzinomen, etwa
50 % der Erkrankten sterben an diesem Tumor. "Derzeit zählt das Nierenzellkarzinom
zu den eher seltenen Karzinomen, die Inzidenz nimmt allerdings zu", erklärt Prof.
Kurt Miller von der Charité Berlin. Bei etwa 75 % der betoffenen Patienten lässt sich
ein Defekt im Von-Hippel-Lindau (VHL)-Gen nachweisen. Das inaktivierte Gen sorgt für
eine Akkumulierung des Hypoxie-induzierbaren Faktors HIF-1α, was zu einer vermehrten
Ausschüttung angiogener Wachstumsfaktoren wie VEGF führt und damit das Tumorwachstum
verstärkt. Zur Früherkennung gibt es laut Miller kein generelles Screening, 50 % der
Nierentumoren werden zufällig entdeckt.
Everolimus nach Therapie mit einem Tyrosinkinasehemmer
Everolimus nach Therapie mit einem Tyrosinkinasehemmer
Die unbefriedigenden Therapieresultate bei Nierenzellkarzinom konnten in den letzten
Jahren durch Tyronsinkinase-Hemmer (TK-I) verbessert werden. Diese gegen VEGF gerichteten
Therapien sind in Deutschland inzwischen zur Standardtherapie in der Erstlinienbehandlung
des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms geworden. Schreitet die Erkrankung weiter
fort, bietet sich die Blockierung des mTOR-Signalwegs an (mTOR = mammalian Target
of Rapamycine). Dieses Schlüsselenzym reguliert das Tumorwachstum, -teilung, -stoffwechsel
sowie die Tumorangiogenese. Die einzige oral verfügbare Therapie, die gezielt mTOR
hemmt, ist Everolimus (Afinitor®), das im August letzten Jahres EU-weit zugelassen
wurde. "Everolimus ist bisher die einzige Substanz, die ihre Wirksamkeit in einer
Phase-III-Studie nach Therapie mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor gezeigt hat", betont
Miller, "daher empfehlen die internationalen urologischen und onkologischen Fachgesellschaften
Everolimus in ihren Therapieleitlinien mit Evidenzlevel 1 für dieses Setting." [1], [2]. Auch die amerikanischen Guidelines führen Everolimus bei fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom
mit einer Kategorie-1-Empfehlung auf [3].
Ergebnisse der RECORD-1-Studie führen zur Zulassung
Ergebnisse der RECORD-1-Studie führen zur Zulassung
Die Zulassung von Everolimus erfolgte aufgrund der Ergebnisse der internationalen,
placebokontrollierten Phase-III-Studie RECORD-1 (REnal Cell cancer treatment with
Oral RAD001 given Daily). An der Studie nahmen 416 Patienten mit gesichertem fortgeschrittenen
Nierenzellkarzinom und einer vorangegangenen Therapie mit einem VEGF-Rezeptor-Tyrosinkinse-Inhibitor
teil. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben. Die im Verhältnis 2:1
randomisierten Studienteilnehmer erhielten entweder täglich oral 1 Tablette mit 10
mg Everolimus oder Placebo, jeweils in Kombination mit "best supportive care". Die
Studie zeigte, dass Everolimus im Vergleich zu Placebo das mediane progressionsfreie
Überleben mehr als verdoppelte (4,9 vs. 1,9 Monate) (Abb. [1]). Zugleich reduzierte der oral verfügbare mTOR-Inhibitor signifikant das Risiko
von Krankheitsprogression oder Tod um 67 % (p < 0,001; HR 0,33; 95 %-Konfidenzintervall
0,25-0,43). In allen Subgruppen verlängerte Everolimus die Zeit bis zum Fortschreiten
der Erkrankung, unabhängig von Geschlecht, Alter, Vorerkrankung und MSKCC-Risikogruppe
(MSKCC = Memorial Sloan-Kettering Cancer Center). Weiterhin wurde in der Zulassungsstudie
nachgewiesen, dass nach 10 Monaten Therapie mit Everolimus mehr als 25 % der Patienten
progressionsfrei waren. Der oral verfügbare mTOR-Inhibitor hat zudem ein günstiges
Nebenwirkungsprofil. Die Nebenwirkungen verlaufen zumeist mild oder moderat und sind
gut therapierbar [4], Everolimus erhielt den Allgemeinzustand länger aufrecht als Placebo (Karnofsky
Perfomance-Index) (Abb. [2]).
Abb. 1 RECORD-1-Studie: Progressionsfreies Überleben.
Abb. 2 RECORD-1-Studie: Lebensqualität und Erhalt des Allgemeinzustands.
Weitere Einsatzmöglichkeiten geprüft
Weitere Einsatzmöglichkeiten geprüft
Nach den erfreulichen Resultaten der Zulassungsstudie beim Nierenzellkarzinom werden
derzeit über die RECORD-1-Studie hinaus weitere Einsatzmöglichkeiten von Everolimus
geprüft. Beispielsweise wird die Wirksamkeit und Verträglichkeit der mTOR-Inhibitoren
in Mono- und Kombinatiostherapie auch in der Erstlinientherapie des Nierenzellkarzinoms
sowie bei anderen Tumorentitäten untersucht.
stta
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Quelle: Launch-Presseveranstaltung "Zulassung von Afinitor® beim Nierenzellkarzinom:
Therapeutische Lücke nach Tyrosinkinase-Inhibitor-Therapie geschlossen", 17. August
2009 in Nürnberg. Veranstalter: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg.
Die Autorin ist Redakteurin im Georg Thieme Verlag KG.
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