physiopraxis 2010; 8(3): 20
DOI: 10.1055/s-0030-1251566
physiowissenschaft

Wissenschaft nachgefragt – Lymphdrainage wirkt dreifach

Eva Trompetter
Further Information

Publication History

Publication Date:
15 March 2010 (online)

Table of Contents

Nach einer Kniegelenktotalendoprothese leiden viele Patienten unter einer Schwellung, starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Die Physiotherapeutinnen Sabrina Benz, Natalia Fabianek und Ulrike Niemeyer fanden in ihrer Bachelorarbeit heraus, dass ein Mittel gegen alle drei Nachwehen hilft: die Manuelle Lymphdrainage. Aufgrund ihrer Ergebnisse änderte die Klinik das Nachbehandlungsschema.

Interview

Zoom Image

Sabrina Benz, Natalia Fabianek und Ulrike Niemeyer ( von links) schlossen 2008 den Bachelorstudiengang „Physiotherapie” an der Hogeschool Zuyd in Heerlen ab. Alle drei arbeiten in ambulanten Praxen, Sabrina Benz hat sich selbstständig gemacht. Fragen zu ihrer Bachelorarbeit beantworten sie gerne unter: ulrike.niemeyer@web.de.

Zuerst recherchierten Sabrina Benz, Natalia Fabianek und Ulrike Niemeyer in den Datenbanken PubMed und Embase sowie in der Cochrane Library nach Informationen über die Wirksamkeit der postoperativen Manuellen Lymphdrainage. Sie fanden heraus, dass es Studien gibt, die deren Effektivität belegen. Allerdings fehlen bisher Untersuchungen, die sich mit der sofortigen postoperativen Lymphdrainage befassen. Die Physiotherapeutinnen führten daher ihre eigene Studie in einer orthopädischen Klinik durch. Sie bezogen 33 Patienten in die Untersuchung ein, die am Tag zuvor eine Knie-TEP erhalten hatten. Die Therapeutinnen teilten die Probanden per Zufall in eine Interventions- und eine Kontrollgruppe auf. Die Studienteilnehmer wussten nicht, zu welcher Gruppe sie gehörten. Die Kontrollgruppe (n = 16, durchschnittliches Alter 74 Jahre, 44 % Frauen) erhielt die reguläre postoperative Physiotherapie der Klinik. Die restlichen Patienten (n = 17, durchschnittliches Alter 68 Jahre, 65 % Frauen) bekamen zusätzlich einmal täglich für 25 Minuten Lymphdrainage. Die Therapie erfolgte in der Regel zwei Wochen lang bis zur Entlassung aus der Klinik. Die Ergebnisparameter waren zum einen die Schmerzintensität (ermittelt mit einer visuellen Analogskala), zum anderen das Bewegungsausmaß (gemessen mit einem Goniometer) und der Umfang des Kniegelenks an fünf definierten Messpunkten. Die Datenerhebung erfolgte vor der Operation, eine Woche danach und kurz vor der Entlassung. Die Auswertung der Daten zeigte, dass sich die Schmerzen sowie der Umfang und das Bewegungsausmaß des Kniegelenks in der Interventionsgruppe deutlicher verringert hatten als in der Kontrollgruppe. Die drei Physiotherapeutinnen empfehlen, weitere Untersuchungen mit größeren Patientengruppen und einer zusätzlichen Messung kurz nach der Operation durchzuführen.

  • Benz S, Fabianek N, Niemeyer U. Eine Studie über die Effektivität der sofortigen manuellen Lymphdrainage nach einer Knie-Totalendoprothese. Bachelorarbeit an der Hogeschool Zuyd Heerlen; 2008

#

Wie ist die Idee für das Thema Ihrer Abschlussarbeit entstanden?

Ein Praktikum in dem Krankenhaus, in dem wir unsere Untersuchung durchführten, weckte unser Interesse an der Manuellen Lymphdrainage. Nach Operationen waren viele Kniegelenke geschwollen, aber nicht alle Patienten erhielten Lymphdrainage. Im Gespräch mit den Ärzten zeigte sich, dass sie es sinnvoll fänden, die Effektivität der Lymphdrainage näher zu untersuchen. Das griffen wir dann in unserer Abschlussarbeit auf.

#

Was haben Sie beim Erstellen Ihrer Bachelorarbeit gelernt?

Wir lernten, wie man wissenschaftlich arbeitet, also in Datenbanken recherchiert und eine Studie plant und durchführt. Eine Herausforderung war auch unsere Zusammenarbeit. Wir mussten uns organisieren, Arbeit aufteilen und delegieren.

#

Gibt es Einrichtungen, die die sofortige Manuelle Lymphdrainage anwenden?

Ja, die Klinik, in der wir die Studie durchführten, hat die Manuelle Lymphdrainage nach einer Knie-TEP in ihr postoperatives Behandlungskonzept integriert. Schon während unserer Untersuchung bemerkten wir ein großes Interesse von Seiten der Patienten und Ärzte an unserer Arbeit. Wir freuen uns sehr darüber, dass unsere Erkenntnisse den Patienten zugutekommen. Und wir würden uns natürlich wünschen, dass noch mehr Kliniken auf unsere Arbeit aufmerksam werden.

#

Haben Sie vor, Ihre Bachelorarbeit weiterzuentwickeln?

Falls wir noch eine Masterarbeit schreiben, würden wir das Thema gerne wieder aufgreifen. Es gibt in dem Zusammenhang genügend Aspekte, die man noch untersuchen kann. Und ein Dozent der Hogeschool Zuyd nimmt zurzeit unsere Arbeit als Grundlage für seine Masterarbeit.

Zoom Image