Psychiatr Prax 2010; 37(3): 156
DOI: 10.1055/s-0030-1253137
Mitteilungen der BDK

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Entwicklung des neuen Entgeltsystems für Psychiatrie/Psychosomatik

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Publication Date:
29 March 2010 (online)

 
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    Verantwortlich für diese Rubrik: Manfred Wolfersdorf, Bayreuth; Iris Hauth, Berlin

    Nach der Veröffentlichung der OPS-Kodes für Psychiatrie/Psychosomatik Ende Oktober ging ein Aufschrei bezüglich des Starts des neuen Entgeltsystems durch die Republik. Die Kritik bezieht sich vordergründig auf den Bürokratieaufwand im Sinne von Dokumentation und Kodierung. Darüber hinaus mussten unsere Kliniken, dem engen Zeitplan geschuldet, der vom BMG vorgegeben ist, in wenigen Wochen realisieren, dass es sich bei der Entwicklung des neuen Entgeltsystems um einen generellen Paradigmenwechsel handelt. Viele unserer Kollegen waren davon ausgegangen, dass das neue Entgeltsystem eine Weiterentwicklung der PsychPV bedeutet und zugleich von Anfang an innovative Versorgungsformen berücksichtigt werden. Die Formulierung im §17d SGB V "auf der Basis der Psych PV" hat diesen Hoffnungen Vorschub geleistet. Tatsache jedoch ist, dass die vom BMG beauftragten Selbstverwaltungsorgane (DKG, PKV, GKV Spitzenverband Bund, InEK) das pauschalierte Entgeltsystem für Psychiatrie auf Basis von Tagespauschalen mit den gleichen Instrumenten entwickeln, wie die DRG-Fallpauschalen der Somatik. Ziel ist es, Transparenz und Leistungsgerechtigkeit zu erreichen. Aus fachlicher Sicht kommt es darauf an, dem BMG und den Organen der Selbstverwaltung die Besonderheiten der Psychiatrie deutlich zu machen und im Sinne der im Gesetzestext aufgeführten Prüfaufträge innovative Behandlungsformen in der Entwicklung des neuen Entgeltsystems zu verankern.

    Aktuell liegt dem BMG ein von DKG und GKV erarbeiteter Revisionsvorschlag zur Anpassung der Psych-Komplex-OPS vor. Das BMG prüft zur Zeit, ob es eine unterjährige Revision zulässt. Der Revisionsvorschlag beinhaltet 2 wesentliche Ansätze:

    1. Die Kodierung der therapeutischen Einheiten erfolgt unabhängig von der Kodierung des Komplex-Kodes.

    2. Bei der Kodierung des therapeutischen Aufwandes werden Ärzte und Psychologen sowie Spezialtherapeuten und Pflegekräfte zu je einer Gruppe zusammen gefasst.

    Der Revisionsvorschlag führt zu einer zahlenmäßigen Reduktion der Kodes. Aus meiner Sicht ist das Prinzip der Entkoppelung von Komplex-Kodes und der Kodierung der Therapieeinheiten eine Veränderung, die die Bedeutung der Therapieeinheiten für die Psychiatrie auf Dauer reduzieren kann.

    Am 22.2.2010 fand ein Gespräch unter Beteiligung der BDK bei InEK statt. Dr. Heimig, der Geschäftsführer des InEK, geht davon aus, dass in der Psychiatrie mindestens 70% der Leistungen nicht über OPS-Kodes abgebildet werden können. Diese nicht durch OPS abbildbaren "Gemeinkosten" setzten sich einerseits aus Hotelkosten zusammen, andererseits aus Personaleinsätzen auf den Stationen, die sich nicht in 25-Minuten-Einheiten abbilden lassen. Diese "Gemeinkosten", pro Patient und pro Tag gewichtet, werden in die Kalkulation der Relativgewichte eingehen. Die Gewichtung findet mit einem Score, der wesentliche Patientenmerkmale beinhaltet, statt. Patientenmerkmale sind z.B. Desorientiertheit, Eigen- und Fremdaggressivität, mangelnde Gruppenfähigkeit und Unterstützungen in Alltagsaktivitäten. Dieses Vorgehen erscheint gerade für Akut-Stationen in der Psychiatrie sinnvoll und macht deutlich, dass das InEK sich mit den spezifischen Bedingungen der Psychiatrie auseinandersetzt.

    Der weitere Zeitplan sieht wie folgt aus:

    1. Falls das BMG eine unterjährige Revision der OPS zulässt, werden diese zum 1.5.2010 veröffentlicht, sodass die Kliniken noch 2 Monate Zeit haben, sich mit ihnen vertraut zu machen, um sie dann ab dem 1.7.2010 verbindlich umzusetzen.

    2. Erste Revisionsvorschläge für das Jahr 2011 hätten eigentlich bis zum 28.2.2010 dem DIMDI übermittelt werden müssen. Die BDK hat einen Antrag gestellt, um ein größeres Zeitfenster für weitere Überlegungen zu erhalten.

    3. Im April bis Juni werden 18 Pre-Testhäuser im Dialog mit dem InEK das Kalkulationshandbuch für die Psychiatrie testen.

    4. Im Herbst werden die künftigen Kalkulationshäuser in den Probekalkulationsprozess eintreten. Die Kalkula tionshäuser müssen neben dem tagesgenauen Psych-PV-Einstufungen, die Psych-OPS sowie täglich pro Patient den oben geschilderten Score übermitteln. Darüber hinaus muss seitens der Betriebswirtschaft der Häuser eine transparente Darstellung der Kostenarten und -stellen, mit dem Ziel einer Kostenträgerrechnung, entwickelt und dem InEK übermittelt werden.

    Die Häuser, die nicht an der Kalkulation teilnehmen, müssen ab dem 1.7.2010 neben der Übermittlung der taggenauen Psych-PV-OPS die OPS-Komplexkodes über die Daten des §301 übermitteln. Wesentlich ist es, in den nächsten Wochen in den Häusern die Dokumentation der Therapieleistungen im Sinne der Psych-OPS zu optimieren und die Handhabung der Kodierung festzulegen. Dies wird in vielen Häusern noch in Papierform geschehen müssen. Die IT-Firmen sind schon Ende letzten Jahres von den DKG benachrichtigt worden. Einige von ihnen arbeiten mit Hochdruck daran, eine entsprechende IT-gestützte Dokumentation der Therapieleistungen mit automatisierter Addition der Therapieeinheiten und Umsetzung in OPS-Kodes zu entwickeln. Dies wird den befürchteten Bürokratieaufwand deutlich reduzieren.

    Weiterhin müssen sich die Häuser mit den im Januar veröffentlichten Deutschen Kodierrechtlinien, die zwar noch nicht offiziell von der DKG und GKV verabschiedet sind, vertraut machen, da sie gewiss in dieser Form in naher Zukunft Gültigkeit erhalten werden.

    Weitere aktuelle Informationen erhalten sie auf der diesjährigen Frühjahrstagung der Bundesdirektorenkonferenz am 22. und 23.4.2010 in Wiesbaden.

    Dr. Iris Hauth, Vorsitzende der BDK

    Geschäftsstelle, Berlin

    Email: I.Hauth@Alexius.de