Psychiatr Prax 2010; 37(3): 157
DOI: 10.1055/s-0030-1253138
Mitteilungen der DGGPP

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Kooperation in der heimärztlichen Versorgung – Eckpunkte zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegeheimen

Dt Ärztebl 2010; 107: 445
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Publication Date:
29 March 2010 (online)

 
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Verantwortlich für diese Rubrik: Martin Haupt, Düsseldorf; Thomas Kunczik, Wiehl

Die Verbesserung der Kooperation und Koordination zwischen Ärzten und Pflegeheimen ist angesichts der in Zukunft weiter steigenden Zahl behandlungs- und pflegebedürftiger hochaltriger BewohnerInnen in stationären Pflegeeinrichtungen aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e.V. (DGGPP) dringend geboten. Die DGGPP begrüßt daher die Initiative der Bundesärztekammer (BÄK) und des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa).

Der vorgetragene Vorschlag greift aber mit der bloßen Beschreibung zu optimierender operativer Prozesse und struktureller Gegebenheiten deutlich zu kurz. Der Hausarzt wird in den vorgelegten Vorschlägen lediglich zu einer stärkeren Wahrnehmung seiner Koordinierungsfunktion, etwa in der Behandlung mit Hinzuziehung von Fachärzten, aufgefordert. An keiner Stelle ist von der Notwendigkeit einer kontinuierlichen, begleitenden Fortbildung von Ärzten und Pflegekräften in den relevanten Feldern Geriatrie, Gerontopsychiatrie und Gerontoneurologie die Rede. Die Beobachtung, dass die Mehrheit der Hausärzte das Erfordernis sieht, sich entsprechende Kompetenzen anzueignen, könnte durchaus als Anregung aufgefasst werden (Melchinger und Machleidt 2005). Schließlich erwähnt das Eckpunktepapier im Hinblick auf die Finanzierung wünschenswerter Maßnahmen lediglich die Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung und mögliche Zusatzverträge nach SGB V; die Notwendigkeit einer angepassten Finanzierungsregelung für die fachärztlich, bzw. psychiat-risch zu erbringenden Leistungen bleibt hingegen unerwähnt.

Die DGGPP weist daraufhin, dass die zur ärztlichen Heimversorgung vorliegende Studienlage nachdrücklich eine unzureichende diagnostische Klärungsrate von bei diesem Personenkreis häufigen gerontopsychiatrischen Störungsbildern (Demenzen, Depressionen und Deliren) belegt (z.B. Riedel-Heller et al. 1999). Auch die Unter- und Fehlversorgung in den individuell erforderlichen psychopharmakologischen Verordnungen ist in der Literatur unstrittig (Rothgang et al. 2008., Pantel et al. 2005, Hallauer et al. 2005).

Die DGGPP sieht in dem publizierten Papier der BÄK und des bpa erste unterstützenswerte Aspekte, die aber zu sehr auf reine Verfahrensabläufe beschränkt bleiben und die tatsächlichen Ursachen bisheriger suboptimaler Versorgung zu we-nig benennen und nicht erkennbar zu beheben versuchen.

Zusammenfassend halten wir fest: Bei PflegeheimbewohnerInnen handelt es sich in der Regel um chronisch kranke, alte bis hochaltrige Menschen, die intensive ärztliche Betreuung benötigen, die bisher als nicht befriedigend angesehen werden muss. Hausärzte sind die Primärversorger, verfügen aber häufig nicht über die notwendigen Kompetenzen auf nervenärztlichem Gebiet. Niedergelassene Nervenärzte verfügen oft nicht über ausreichende zeitliche Kapazitäten zur Versorgung behandlungsbedürftiger Heimbewohner. Die gelingende Kommunika.tion zwischen Pflegepersonal und den betreuenden Ärztinnen und Ärzten ist der zentrale Faktor für eine gute medizinische Versorgung im Heim.

Priv.-Doz. Dr. Martin Haupt, Düsseldorf

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Literatur

  • 01 Riedel-Heller S G, Stelzner G , Schork A , et al . Gerontopsychiatrische Kompetenz ist gefordert. Die aktuelle psychopharmakologische Behandlungspraxis in Alten- und Pflegeheimen.  Psychiatr Praxis. 1999;  26 273-276
  • 02 Rothgang H , Borchert L , Müller R , et al . GEK-Pflegereport 2008. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse. Band 66. Schwäbisch-Gmünd: 2008
  • 03 Hallauer J , Bienstein C , Lehr U , et al . SÄVIP – Studie zum ärztlichen Verordnungsverhalten in Pflegeheimen. Hannover: Vincentz Network, 2005
  • 04 Pantel J , Müller R , Weber B , et al . Abschlussbericht "Psychopharmaka im Altenpflegeheim". Eine interdisziplinäre Untersuchung unter Berücksichtigung gerontopsychiatrischer, ethischer und juristischer Aspekte. Frankfurt/M.: BHF-Bank-Stiftung, 2005
  • 05 Melchinger H , Machtleid E . Hausärztliche Versorgung von Demenzkranken.  Nervenheilkunde. 2005;  24 493-498
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Literatur

  • 01 Riedel-Heller S G, Stelzner G , Schork A , et al . Gerontopsychiatrische Kompetenz ist gefordert. Die aktuelle psychopharmakologische Behandlungspraxis in Alten- und Pflegeheimen.  Psychiatr Praxis. 1999;  26 273-276
  • 02 Rothgang H , Borchert L , Müller R , et al . GEK-Pflegereport 2008. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse. Band 66. Schwäbisch-Gmünd: 2008
  • 03 Hallauer J , Bienstein C , Lehr U , et al . SÄVIP – Studie zum ärztlichen Verordnungsverhalten in Pflegeheimen. Hannover: Vincentz Network, 2005
  • 04 Pantel J , Müller R , Weber B , et al . Abschlussbericht "Psychopharmaka im Altenpflegeheim". Eine interdisziplinäre Untersuchung unter Berücksichtigung gerontopsychiatrischer, ethischer und juristischer Aspekte. Frankfurt/M.: BHF-Bank-Stiftung, 2005
  • 05 Melchinger H , Machtleid E . Hausärztliche Versorgung von Demenzkranken.  Nervenheilkunde. 2005;  24 493-498