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DOI: 10.1055/s-0030-1253300
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Katastrophenhilfe – "Da kann ja nicht Tante Emma mit dem Waldi kommen"
Publication History
Publication Date:
07 April 2010 (online)
Der Tübinger Unfallchirurg Prof. Bernd Domres (Jahrgang 1938) hat im Januar dieses Jahres für die Hilfsorganisation Humedica in Haiti geholfen, Die ZFOU sprach mit ihm über generelle Defizite der Katastrophenhilfe. Domres telefonierte vom Flughafen Berlin-Tegel aus, es war der 09. März – er kam gerade aus Chile zurück.
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Professor Dr. med. Bernd Domres
? Herr Prof. Domres. Sie sind gerade zurück aus dem Erdbebengebiet in Chile. Wie geht es dort?
Die Chilenen haben die Situation ob der Umstände ganz hervorragend im Griff. Wir sind von Humedica aus am 28.02. nach Chile geflogen, dann nach Concepción gefahren und haben schließlich in der Hafenstadt Lota Patienten behandelt. Das dortige Krankenhaus war evakuiert worden, unsere Aufgabe war es, in einer provisorisch in einer Schule eingerichteten Notaufnahme zu arbeiten. Unsere Rolle war aber eher, die dortigen Ärzte, die sehr erschöpft waren, zu entlasten. Die Medizin dort ist eigentlich erstklassig, die Regierung hat daher auch erklärt, dass sie auf ausländische medizinische Hilfe kaum angewiesen sei.
Noch auf der Hinfahrt 450 Kilometer von Santiago nach Concepción mussten wir die Autobahn "Pan Americana" mehrfach verlassen, da sie zerstört war. Als wir vorgestern dort zurück fuhren, war sie schon wieder durchgängig befahrbar. Chile ist kein Vergleich zu Haiti.
? ... Wo das furchtbare Beben am 12. Januar war. Auch dort waren Sie ja aktiv. Könnten Sie vielleicht einmal skizzieren, wer bei solchen Katastrophen überhaupt die Hilfe koordiniert und wie das passiert? Gibt es dafür Strukturen?
Ja, die gibt es. Vor allem auf UN-Ebene sind dafür seit Jahren klare Spielregeln etabliert worden und das ist auch ganz wichtig.
Federführend ist natürlich zunächst mal die jeweilige Regierung im Land. Sie richtet im Katastrophenfall eine lokale Einsatzleitung, die Local Emergency Authority (LEMA) ein. Sie hat vor Ort das oberste Kommando. In Haiti war sie allerdings so gut wie nicht vorhanden, die Regierung war ja zunächst völlig gelähmt. Auch wir sind am 15. Januar auf dem Landweg über die Dominikanische Republik eingereist, es gab dort gar keine Kontrollen, der Grenzbeamte hat einfach geöffnet.
In Haiti war zunächst das pure Chaos.
? Und in solch einem Chaos arbeitet dann jede Hilfsorganisation nach freien Stücken?
Nein. Für deutsche Organisationen ist zunächst ein Koordinierungsausschuss Humanitäre Hilfe beim Auswärtigen Amt erste Anlaufstelle. Dort rufen auch wir von Humedica an und melden einen Einsatz. Er entscheidet, ob Deutschland offiziell hilft. In dem Fall erhalten die registrierten Organisationen dann auch staatliche Gelder.
Koordiniert wird die internationale Unterstützung eigentlich immer von den Vereinten Nationen. Hierfür gibt es in Genf das Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA). OCHA stellt für eine konkrete Hilfsmission wiederum spezielle Teams zusammen - so genannte UNDAC-Teams (Anm. Redaktion: Für United Nations Assessment And Coordination Team, siehe auch links).
Das Team wird bei einer Katastrophe sofort vor Ort gebracht, um in Abstimmung mit LEMA den Schaden und den Bedarf an Unterstützung zu ermitteln und OCHA in Genf zu melden.
? Womit noch kaum direkte Hilfe eingetroffen ist?
OCHA informiert wiederum potentielle Geberländer und Organisationen, die dann mit Teams zur Unterstützung in das betroffene Land reisen.
Zugleich richtet UNDAC zentral in einem Land, etwa am Flughafen, die so genannten On Site Operational Coordination Center (OSOCC) ein. Dort werden alle ankommenden Teams und ihr Material registriert, der genaue Einsatzort zugeteilt und das, was sie tun sollen. Täglich werden zur aktuellen Lage im OSOCC Meetings abgehalten. Soweit das Konzept. Ein Problem in Haiti war, dass von 200 UN-Mitarbeitern in Port-au-Prince 102 in den Trümmern umgekommen waren. Die ersten Tage war es daher schwierig, OSOCC am Flughafen überhaupt zu erreichen.
? Und dann?
Deshalb haben natürlich viele Hilfsorganisationen zunächst direkt die Arbeit aufgenommen. Und die musste man ja wirklich nicht groß suchen. Wir haben uns zum Beispiel in einem verlassenen Krankenhaus, dem Hôpital Espoir, installiert, die Bevölkerung per Radio und Lautsprecher informiert. Am nächsten Tag war die Schlange riesig. Die Lage war furchtbar, im Hospital gab es kein fließendes Wasser, aus einer leckgeschlagenen Zisterne fingen wir Wasser auf. Für einen Streckverband nehmen Sie dann schlicht einen dicken Trümmerstein (Abb. [1]), Sie müssen improvisieren (Abb. [2], [3], [4], [5]). Wir haben dann erst einige Tage später auch Kontakt zu OSOCC aufgenommen. Das Technische Hilfswerk (THW) hat vorübergehend zumindest die deutschen Organisationen koordiniert.
#"Die Phase der Improvisation"
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Abb. 1 Oberschenkelfraktur – Streckverband mit Trümmerstein.
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Abb. 2 Prof. Domres und ein Student während einer Arm-Amputation mit der Säge eines Taschenmessers. Später stellte sich heraus, dass der OP akut einsturzgefährdet war.
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Abb. 3 Mädchen mit Oberschenkelfraktur, versorgt mittels Overhead Traction.
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Abb. 4 Nach einem Nachbeben werden die Patienten aus dem Krankenhaus evakuiert und in Zelten davor untergebracht.
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Abb. 5a Der infizierte Arm eines Mädchens mit Kompartmentsyndrom.
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Abb. 5b Nach Fasziotomie.
? Und dann griff aber die Koordination durch OSOCC?
Ja, aber leider klappt das nie 100-prozentig. Viele Organisationen halten sich zwar an OSOCC. Aber leider ist niemand wirklich verpflichtend daran gebunden. Jeder schreit nach Koordination, nur will sich dann eben doch nicht jeder koordinieren lassen! Im Grunde basiert das ganze System auf einem Agreement ohne rechtliche Konsequenzen. Sie müssen dabei Regierungsorganisationen, etwa das THW, und Nicht-Regierungsorganisationen, die NGOs, unterscheiden. Regierungsorganisationen wie das THW, gehen auf jeden Fall über OSOCC, aber nicht alle NGOs. Und das hatte dann auch üble Konsequenzen.
? Welche?
Es kam in Haiti vor, dass Hundestaffeln wiederholt dasselbe Gebiet absuchten, ohne voneinander zu wissen. Andere Gebiete wurden dafür gar nicht abgesucht! So führt mangelnde Koordinationsfähigkeit zu Wiederholungen und Lücken. Am Ende wurde mancher nicht gerettet, der hätte gerettet werden können.
? Aber können sich denn die Organisationen nicht zumindest untereinander besser absprechen? Man sieht sich doch?
Das müssen sie ja auch. Auch hierfür haben die Vereinten Nationen Search and Rescue-Regeln erlassen. Jeder, der ein Trümmergrundstück abgesucht hat, muss durch Zeichen klar machen, dass dort schon gesucht wurde, ob da noch Lebendige liegen, und so fort ... Das wird auf Gebäuden markiert.
Auch das Wie ist klar geregelt. Dass eine Hundestaffel alleine nicht ausreicht. Sondern dass Sie dies kombinieren müssen mit optischen Geräten, dass Kräne da sind und ein medizinisches Team. Das ist international vereinbart. Aber in der Praxis in Port-au-Prince hat das oft nicht geklappt. Ich sag mal so: Es kann ja eigentlich nicht sein, dass da Tante Emma mit dem Waldi auftaucht.
? Lässt sich daraus etwas lernen für den Wiederholungsfall? Wer kann das verhindern?
Jemand müsste von Anfang an sicherstellen, dass nur Teams einreisen und tätig werden, die bei OCHA schon lange im Vorfeld registriert sind. Seriöse Organisationen machen das, dadurch ist sicher gestellt, dass sie eben auch alle drei Komponenten bieten können: Das Know how zur Suche, Technik, und Medizin. Und dass sie 14 Tage autark sind und sich nicht ihre Mitarbeiter vor Ort womöglich auch noch in die Schlange stellen, um Wasser und Essen zu kriegen. Prinzipiell soll OSOCC das leisten, aber in Haiti hat es nur bedingt geklappt.
? Andererseits ist bei solcher Hilfe eben auch viel ehrenamtliches Engagement dabei, viel Spendengeld und Good Will.
Und das ist ja auch prima. Gerade die Vielfalt im NGO-Bereich ist angesichts verschiedener Bedürfnisse in der Welt ein Segen – auch wenn man im Fall Haiti teilweise von "Zuviel des Guten" reden kann. Nach der ersten Phase, in der Teams eher fehlten, waren stellenweise zu viele am Werk, nach zwei Wochen waren es dort 48 medizinische NGOs.
Gerade dann sind Standards ganz ganz wichtig. Und leider sind bei solchen Katastrophen auch immer wieder Ärzte und Hilfsorganisationen da, die gar keine sind. Es gab im Hôpital Espoir plötzlich Operateure, gefolgt von Fernsehteams, die sich Zugang zum OP erzwangen und nicht dringende Operationen wie Narbenkorrekturen machten: "Doc Hollywood". Die enteilten danach wieder schnell, ohne sich um die Nachbehandlung zu kümmern
? Wer?
Ich kann keine Namen nennen. Das sind Einzelgänger, die sich da hervortun wollen, manchmal auch von irgendeiner Organisation, denen es auf Werbung ankommt.
? Und da sagen Sie nicht: Bitteschön, packen Sie ihr Fernsehkabel gefälligst wieder ein?
Würde ich gerne, aber mir gehörte das Krankenhaus ja nicht. Die sprechen mit dem Besitzer, vermachen ihm fünf Tonnen Material und erhalten dafür die Erlaubnis, zu operieren. Das hat natürlich auch mit weiteren Faktoren zu tun: Der mediale Druck auf die von Spenden lebenden Organisation ist enorm. Es kann sich quasi keine NGO leisten, nicht dabei zu sein.
Andererseits waren wir froh, wenn fähige Helfer zu uns stießen.
? Wer?
Wir konnten Kolleginnen in unser Team integrieren. Die kamen als Einzelpersonen, weil sie sahen, aha, da in dem Krankenhaus funktioniert offenbar noch was, mal schauen, ob wir da helfen können. Sie brachten Material mit und haben uns sehr geholfen. Wir waren ja nur ein paar Leutchen von Humedica. Ich war ausgesprochen dankbar, dass eine US-amerikanische Kollegin ab der zweiten Nacht den Nachtdienst gemacht hat. Da mussten wir den nicht auch noch übernehmen.
? Was sind die Mindestvoraussetzungen an einen Arzt, der bei solch einem Einsatz mitmachen möchte?
Zum einen sind gewisse persönliche Eigenschaften wichtig. Dinge wie Teamfähigkeit, Organisationsfähigkeit, und auch, ob man Führungsqualitäten hat.
? Und das Fachliche, es sollte schon ein Unfallchirurg sein?
Nein, durchaus nicht immer. Im Vordergrund steht zunächst die Basismedizin. Sie braucht einen Allgemeinarzt, einen Internisten. Chirurgen werden eher selten gebraucht, oft gibt es genügend im betroffenen Land. Wichtig ist, dass ein Team gut funktioniert. Es reicht, wenn ein wirklich erfahrener Katastrophenmediziner dabei ist, der weniger Erfahrene anleiten kann.
? Stimmen denn die Vorbereitung und Ausbildung für die Helfer hierzulande?
Jein. Zur Vorbereitung ihrer Teams veranstalten die Organisationen Fortbildungskurse. Da geht es aber vor allem um Organisation, Kommunikation, Zelte, Lager errichten. Aus medizinischer Sicht fehlt mir eine Systematisierung und Qualitätskontrolle. Generell möchten wir, dass Kenntnisse und Prozesse der Katastrophenmedizin besser vermittelt werden, schon im Studium der Medizin.
? Was fehlt?
Wir sind in Deutschland zwar Weltmeister in der Notfallmedizin, also der Versorgung einiger weniger Unfallopfer. In der Katastrophenmedizin – wenn mehr als 100 Verletzte zu behandeln sind – hatten wir aber Defizite. Wir sind jetzt dabei, die aufzuarbeiten. Die Deutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin hat jetzt durchgesetzt, dass Katastrophenmedizin obligat im Medizinstudium und der Approbationsordnung der Ärzte verankert ist. Wir in Tübingen haben zusammen mit Kollegen aus Ulm ein Curriculum dafür geschrieben, was gelehrt werden sollte (Anm. Redaktion: siehe links am Ende). Das liegt mittlerweile allen Dekanen in Deutschland vor. Insgesamt tun wir uns allerdings noch sehr schwer, das auch in den Unterricht einzubringen. Dabei ist nach meiner Erfahrung die Nachfrage bei den Studenten sehr groß. In Tübingen machen wir im Deutschen Institut für Katastrophenmedizin jetzt mit der Chirurgischen Uniklinik eine Summer School dazu.
? Sehen Sie eine Rolle für Fachgesellschaften wie die DGOU?
Durchaus. Die Leute, die in Einsätze gehen, müssten medizinisch noch besser ausgebildet werden.
? Ein Beispiel?
Sie dürfen infizierte Wunden auf keinen Fall zunähen, was ich vor Ort auch schon beobachtet habe. Nötig ist ein Débridement und danach bleibt solch eine Wunde auf jeden Fall noch offen, damit die Schwellung abklingt. Sekundär, nach Tagen, können sie eventuell nähen. Oder denken Sie an das Kompartmentsyndrom.
? Was ist das?
Vereinfacht gesagt, wenn Quetschungen zwar die Haut intakt lassen, das tiefer liegende Gewebe aber so stark schädigen, dass ein Absterben des Gewebes droht. Hierzulande sieht das zum Glück ein Unfallchirurg heute nur noch ganz selten. Nach einem Erdbeben aber ist das sehr häufig. Das Problem ist jetzt, dass Sie in der Situation vor Ort entscheiden müssen, welchen Patienten sie weiter beobachten wollen, bei wem sie das Gewebe mittels Fasziotomie öffnen und bei wem der Schaden so groß ist, dass sie amputieren, um sein Leben zu retten.
In Deutschland hätten wir eine komplexe Diagnostik dafür mit allen Schikanen. In Haiti bleiben Ihnen nur die Symptome, um zu entscheiden. Wir haben einen Algorithmus dafür entwickelt (Abb. [6], Tab. [1]).
? Operieren Sie notfalls auch ohne Narkose?
Nein, nie. Wir haben immer genügend entsprechende Medikamente dabei. Was man machen kann, soll man in lokaler Betäubung machen. Ein Problem bei Vollnarkosen ist, dass man die Patienten beatmet und dann auch nach der OP beobachten muss – wofür man meistens wenig Ressourcen und Manpower hat. Nützlich ist das Anästhetikum Ketanest – es hat den Vorteil, dass es Schmerzen nimmt, der Patient tief schlägt, Schluck- und Atemreflex jedoch erhalten bleiben. Ein Vorschlag liegt mir noch am Herzen ...
#Amputieren oder nicht – die schwere Abwägung
In Deutschland stünde für die Therapieentscheidung bei einem Komparmentsyndrom eine ausgetüftelte Diagnostik zur Verfügung. Anders in Katastrophenfällen: Hier muss ein Arzt allein anhand von Symptomen entscheiden, ob er noch zuwarten kann, ob er das Gewebe durch Fasziotomie entlastet ... Oder ob er amputieren muss, um das Leben des Patienten zu retten, dem andernfalls ein tödliches Nierenversagen droht – das so genannte Crush-Syndrom.
Der Algorithmus gliedert sich in zwei Teile. Anhand von sechs Symptomen lässt sich abwägen, wie weit fortgeschritten ein Kompartmentsyndrom ist (Abb. [6]). Mitentscheidend für die Behandlung sind danach auch, wie lange der Schaden bereits zurückliegt, ob Wunden entzündet sind, mehrere Gliedmaßen betroffen sind oder nur eine, sowie auch das Alter des Patienten (Tab. [1]).
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Abb. 6 Algorithmus der Diagnostik des Kompartmentsyndrom im Katastrophenfall
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Tab. 1 Algorithmus der Operativen Therapie des Kompartmentsyndrom im Katastrophenfall
? Bitte!
Deutschland braucht ein ziviles Einsatzhospital, ein Feldlazarett – mobil und modular aufgebaut. Das wäre nicht nur ideal für die Ausbildung von Ärzten und anderen Helfern.
? Die Bundeswehr hat doch solche Lazarette?
Ja, aber ein Lazarett unter ziviler Führung hätte einen entscheidenden Vorteil. Ein Einsatz unter zivilem Vorzeichen wäre oft ganz wichtig, wenn das Militär in anderen Ländern einen, sagen wir mal, schlechten Ruf hat. Dann hat die Bevölkerung Angst, wenn Sie dort in Uniform auftauchen. Und nebenbei, in solch einem Feldlazarett wären dann ja wir quasi der Hausherr. So ein TV-Doc der käme da nicht hinein.
? Wie viele Tage waren Sie in Haiti?
Zwölf, wir konnten allein in der ersten Woche 100 Leben retten.
? Und jetzt in Chile?
War ich zehn Tage, und haben wir 126 Menschen versorgt. Jetzt gehe ich ins Hotel, ich bin seit 40 Stunden unterwegs. Morgen ist allerdings ein Vortrag über Katastrophenmedizin im Roten Rathaus, den muss ich noch vorbereiten ...
Das Interview führte Dr. Bernhard Epping
vom 12. Januar 2010 erreichte eine Stärke von 7,0 auf der Momenten-Magnituden Skala.
Laut UN gibt es drei Millionen Betroffene, sind 217 000 Tote zu beklagen, 300 000 Verletzte. 383 000 Menschen sind vermisst, 500 000 Flüchtlinge im eigenen Land, an die 300 000 Häuser sind ganz oder weitgehend zerstört.
Mitte März 2010 war auch die Basisversorgung der Notleidenden noch nicht gesichert. Bis April, dem Beginn der Regenzeit, müssen zumindest alle eine Zeltplane haben. Nach Einschätzung des Tübinger Katastrophenmediziners Bernd Domres wird die weitere Versorgung und Rehabilitation der Verletzten, einschließlich der Prothesenversorgung Tausender von Amputierter, mindestens zwei Jahre dauern. Der Wiederaufbau der Infrastruktur zehn Jahre.
Katastrophenhilfe bei den UN
OCHA, die zentrale Schaltstelle der UN für die Einsatzkoordination in Katastrophengebieten:
INSARAG, Gremium unter OCHA, das technisch-methodische Standards für die Katastrophenhilfe setzt:
Codices und Standards der NGOs
Sphere, ein Code zu den technisch-organisatorischen Mindestvoraussetzungen, den NGOs selber für sich entwickelt und viele gezeichnet haben:
Der Ethische Code:
http://www.wango.org/codeofethics.aspx?page=14&action=download&file=COEEnglish
Katastrophenmedizin in Deutschland
Die Deutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin, hier auch link zum Curriculum über Katastrophenmedizin:
http://www.dgkm.org/de/Katastrophenmedizin_1067.html
Das Deutsche Institut für Katastrophenmedizin in Tübingen:
http://www.disaster-medicine.de/
Das Auswärtige Amt:
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/HumanitaereHilfe/WieHelfenWir.html
Die Hilfsorganisation Humedica:
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Professor Dr. med. Bernd Domres
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Abb. 1 Oberschenkelfraktur – Streckverband mit Trümmerstein.
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Abb. 2 Prof. Domres und ein Student während einer Arm-Amputation mit der Säge eines Taschenmessers. Später stellte sich heraus, dass der OP akut einsturzgefährdet war.
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Abb. 3 Mädchen mit Oberschenkelfraktur, versorgt mittels Overhead Traction.
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Abb. 4 Nach einem Nachbeben werden die Patienten aus dem Krankenhaus evakuiert und in Zelten davor untergebracht.
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Abb. 5a Der infizierte Arm eines Mädchens mit Kompartmentsyndrom.
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Abb. 5b Nach Fasziotomie.
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Abb. 6 Algorithmus der Diagnostik des Kompartmentsyndrom im Katastrophenfall
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Tab. 1 Algorithmus der Operativen Therapie des Kompartmentsyndrom im Katastrophenfall