Der Klinikarzt 2010; 39(4): 172
DOI: 10.1055/s-0030-1254181
Medizin & Management

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Ausgründung von Privatkliniken aus Plankrankenhäusern

Rechtlich heikel
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Petra Spielberg

Fachjournalistin für Gesundheits- und Sozialpolitik

Köln/Brüssel

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
28. April 2010 (online)

 
Inhaltsübersicht

Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft erhoffen sich von Privatklinikausgründungen lukrative Geschäfte. Die Einrichtungen sollen Privatpatienten anziehen und für höhere Erlöse sorgen. Doch das Konstrukt ist heikel. Denn der Verband der privaten Krankenversicherungen (PKV) wehrt sich dagegen, die oftmals stark überhöhten Preise für die medizinischen Leistungen der Privatkliniken zu übernehmen. Da die Ausgründungen aus Sicht des PKV keine eigenständigen Einrichtungen sind, unterlägen sie dem Entgeltrecht für öffentliche Krankenhäuser. In 2 gerichtlichen Vergleichen konnte sich der Verband mit seiner Meinung bereits durchsetzen.

In der HSK Plus, einer privaten Ausgründung der Dr. Horst-Schmidt-Kliniken GmbH Wiesbaden mit rund 90 Betten, stehen eine exzellente, patientenorientierte Medizin, herausragende Serviceleistungen und ein hotelähnliches Ambiente laut Eigenwerbung ganz oben auf der Angebotsskala. Dass Komfort und Betreuung nicht umsonst zu haben sind, versteht sich von selbst. Allerdings hat die aus dem Plankrankenhaus ausgegründete Einrichtung ihren Privatpatienten für medizinische Leistungen zum Teil deutlich überhöhte Summen in Rechnung gestellt. Im Schnitt kassierte die HSK Plus das Doppelte von dem, was die Dr. Horst-Schmidt-Kliniken für identische Leistungen nach dem Entgeltkatalog einnehmen darf.

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Klage gegen sogenannte Scheinausgründungen

Damit ist nun Schluss. In einem Vergleich mit dem Verband der privaten Krankenversicherungen (PKV) entschied das Landgericht Frankfurt Anfang März dieses Jahres, dass die Privatstation ihren Patienten für medizinische Leistungen nicht mehr in Rechnung stellen darf als das Mutterhaus. Für den zusätzlichen Komfort, den die Ausgründung ihren Patienten bietet, zum Beispiel in Form von Essen à la carte, darf die HSK Plus im Gegenzug höhere Zimmerzuschläge verlangen. Als "angemessen" gelten nach dem Vergleich 130 Euro für ein Einzel- und 55 Euro für ein Doppelzimmer.

Mit dieser Einigung kann die PKV leben. Der Verband schätzt, dadurch künftig eine Million Euro im Jahr sparen zu können. Verbandssprecher Dirk Lullies glaubt zudem, dass von der Entscheidung eine Signalwirkung ausgehen wird.

Denn die Klage, die der PKV gegen die HSK geführt hat, ist nicht die einzige dieser Art. Vielmehr gehen die Privatversicherer seit geraumer Zeit quer durch die Republik gegen sogenannte Scheinausgründungen von Kliniken an öffentlichen Krankenhäusern vor. Etwa 100 der rund 2 100 deutschen Krankenhäuser halten Einrichtungen wie die HSK Plus vor, in denen ausschließlich Privatpatienten behandelt werden. Mit 15 von ihnen liegen die Privatversicherer vor Gericht. In 2 Fällen (HSK Plus und Vivantes Berlin) konnte bereits ein Vergleich erzielt werden.

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Fragwürdige Deklaration von Abteilungen oder Gebäuden

Das hört sich, gemessen an der Gesamtzahl deutscher Krankenhäuser, zwar nicht gewaltig an. Dem PKV geht es aber ums Prinzip. Denn die rechtlich fragwürdige Deklaration von Abteilungen oder Gebäuden kommunaler Einrichtungen zu Privatkliniken kosten die Versicherungen rund 100 Millionen Euro jährlich.

"Im günstigsten Fall schlagen die Privatabteilungen nur den Mehrwertsteuerzuschlag von 19 % oben drauf", so Lullies. Im ungünstigsten Fall kämen horrende Zimmerzuschläge und überhöhte Rechnungen für Behandlungsleistungen hinzu. Teilweise betrage der Erlös ein Dreifaches dessen, was im Vergleich zu einer Behandlung im Plankrankenhaus realisiert wird. Für Lullies steht fest: "Aus Menschenliebe macht das keiner." Hinter den Ausgründungen stecke vielmehr Profitgier.

Vorreiter der Entwicklung waren die privaten Klinikkonzerne Helios und Asklepios. Nach und nach fanden dann auch kommunale Träger Gefallen an dem Konstrukt. Den Trend zu Ausgründungen befördert hat zudem ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2003, wonach eine Privatklinik grundsätzlich jeden Preis mit ihren Patienten zu Lasten der privaten Krankenversicherungen vereinbaren und durchsetzen kann.

Ein Rechtsgutachten des Kölner Staatsphilosophen und Rechtspolitiker Professor Dr. Otto Depenheuer besagt indes, dass es "Trägern eines Plankrankenhauses [...] grundsätzlich versagt [ist], neben und in Konkurrenz zum Plankrankenhaus Privatkliniken zu gründen und zu unterhalten." Ausgründungen seien überdies unzulässig, wenn "alle oder jedenfalls ein Teil der Privatpatienten der Privatklinik zugeführt werden, oder die Privatklinik ganz oder teilweise an den Ressourcen des Plankrankenhauses partizipiert." Quersubventionen müssten ausgeschlossen sein.

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Zeche zahlen letztlich die Patienten

Genau das aber passiert nach Meinung des PKV. Denn das Mutterkrankenhaus und die Ausgründung seien in aller Regel institutionell miteinander vermischt und teilten sich Personal und Geräte. "Und die Zeche dafür zahlen letztlich die Patienten", so Lullies. Für den Verband ist es daher nicht hinnehmbar, dass kommunale Einrichtungen durch die Ausgründungen das Krankenhausentgeltrecht umgehen. Verhandelbar seien lediglich die Wahlleistungsentgelte.

Inzwischen ist das Thema auch auf der Bundesebene angekommen. In einer kleinen Anfrage vom Februar dieses Jahres will die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag wissen, ob die Bundesregierung plant, "wie von der PKV gefordert, mit gesetzlichen Maßnahmen gegen die Tendenz in der stationären Versorgung vorzugehen, wonach durch sogenannte Ausgründungen von Privatkliniken aus Plankrankenhäusern die dort vorgesehene Abrechnung nach den Fallpauschalen der GKV umgangen wird, um so wesentlich höhere Preise in Rechnung stellen zu können." In ihrer Antwort verspricht die Bundesregierung, entsprechenden Hinweisen nachzugehen.

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