Der Klinikarzt 2010; 39(4): 207
DOI: 10.1055/s-0030-1254182
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Gezielte Diagnostik – Bestmögliche Therapieerfolge bei Invasiven Pilzinfektionen

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Publication Date:
28 April 2010 (online)

 
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Immer mehr setzt sich im medizinisch mykologischen Erfahrungsaustausch die Erkenntnis durch, dass Mykosen mit einer deutlich besseren Prognose einhergehen, wenn sie frühzeitig und gezielt therapiert werden. Umfassende Studien konnten dies mittlerweile belegen. Einigkeit besteht aber auch darüber, dass die Diagnostik nicht immer einfach ist. Sie erfordert ein breites Wissensspektrum in Bezug auf die Untersuchungsverfahren, pathophysiologische Grundlagen von Pilzinfektionen und die aktuelle Datenlage therapeutischer Möglichkeiten. Der 8. Workshop des Consilium Mycologicum hat sich dieser Thematik angenommen und sieht die gezielte Diagnostik als eine wichtige Voraussetzung für bestmögliche Therapierfolge.

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Aspergillose - ein Wettlauf mit der Zeit

Auf einer operativen Intensivstation wurden in den letzten 10 Jahren 9253 Patienten behandelt. Darunter fanden sich 42 Patienten bei denen eine invasive Aspergillus-Infektion diagnostiziert wurde, erklärte Prof. Peter Kujath (Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Klinik für Chirurgie, Lübeck). 12 Patienten wurden wegen eines Aspergilloms elektiv operiert. 5 Patienten mussten sich einer Notfalloperation (3 × Blutung, 2 × Perforation) unterziehen. 25 Patienten litten unter einer generalisierten broncho-alveolären Aspergillose. Hauptrisikofaktor war eine neoadjuvante Radiochemotherapie, die überwiegend bei Patienten mit Tumoren im oberen Gastrointestinaltrakt (13 × Ösophagus) durchgeführt wurde. Am häufigsten wurden die Aspergilleninfektionen über die broncho-alveoläre Lavage diagnostiziert. Bei 3 Patienten wurde die Diagnose erst durch die Sektion gestellt. Die Indikation zur Therapie stellt sich immer dann, wenn Aspergillen im Bronchialsekret nachgewiesen werden. Therapiert wurde mit Amphotericin B, Voriconazol, Caspofungin und Anidulafungin. Die Letalität ist hoch. 19 von 25 Patienten starben, zum Teil an der Grundkrankheit, zum Teil an der Aspergilleninfektion. Von den operierten Patienten starben 5 von 17 Patienten. In der Zusammenschau scheint nur der früh und rechtzeitige Einsatz einer antimykotischen Therapie ein erfolgversprechender Ansatz zu sein. Im fortgeschrittenen Stadium der Infektion ist eine Restitution nur selten zu erreichen.

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Invasive Pilzinfektionen im Alter - unterschätzt und unerkannt

Die Inzidenz von Pilzinfektionen steigt zunehmend, bestätigte Dr. Hans-Jürgen Heppner (Klinikum Nürnberg, 1. Medizinische Klinik, Bereichsleitung internistische Intensivmedizin, Institut für Biomedizin des Alterns, Lehrstuhl Innere Medizin - Geriatrie, FAU Erlangen-Nürnberg). Der überwiegende Anteil sind Infektionen mit Candida-Spezies, aber es ist ein Wechsel auf non-albicans Arten und Infektionen mit Aspergillus fumigatus zu verzeichnen. Intensivpatienten haben ein hohes Risiko einer Pilzinfektion und daher muss frühzeitig eine Risikostratifizierung erfolgen und eine adäquate Therapie eingeleitet werden.

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Bild: Thieme Verlag, C. albicans im Sputum

Mit einer Risikostratifizierung können betagte, schwerstkranke Patienten einer Intensivstation mit dem Schwerpunkt Akutgeriatrie, die ein hohes Risiko für eine systemische oder pulmonale Pilzinfektion tragen, frühzeitig identifiziert und adäquat behandelt werden. Dazu stellte Heppner eine Untersuchung vor, in der retrospekiv 6254 Patientenfälle an einer 10 Betten konservativen Intensivstation analysiert wurden, um Auswirkungen des geänderten Therapieregimes zu erkennen. Erfasst wurden die Gesamtzahl der Isolate, die mikrobiologische Spezifizierung sowie die Art des Probenmaterials und der Infektion. Besonderes Augenmerk galt den Patienten mit Sepsis und einer Aspergillus fumigatus-Infektion. Im Beobachtungszeitraum wurden bei 89 Patienten über 65 Jahre 252 Isolate gewonnen. In die Alterscluster geteilt waren 47 % 65-75 Jahre, 29 % 76-85 Jahre und 24 % über 85 Jahre alt. Hefepilze waren am häufigsten vertreten. Führend war Candida albicans mit 155 Nachweisen. Die non-albicans Spezies teilten sich in 46 Isolate mit C. glabrata, 20 Isolate C. tropicalis,

4 Isolate C. krusei, 1 Isolat C. parapsilosis und 4 Isolate C. guilliermondii. Aspergillus fumigatus wurde in 17 Isolaten nachgewiesen. Fazit war, wie Heppner betonte, dass geriatrische Patienten mit einer Sepsis unter adäquater Therapie sehr gefährdet sind an einer invasiven Pilzinfektion komplikativ zu erkranken. Mit einer frühzeitigen Risikostratifizierung und einer daraus resultierenden adäquaten antimykotischen Therapie lässt sich die Häufigkeit dieser schweren Komplikation reduzieren.

Quelle: Abstracts zum 8. Workshop Consilium Mycologicum am 16. und 17. April 2010 in Berlin. Mykologie Forum Sonderausgabe ISSN- Nr. 1439-5673

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Consilium Mycologicum

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Das Consilium Mycologicum ist eine Arbeitsgemeinschaft langjährig tätiger Mykologen, die ebenso erfahren wie unabhängig sind. Die von ihnen selbst gestellte Aufgabe ist es, ihr Fachwissen in der medizinischen Mykologie einem breiten Kreis vor allem jüngerer Ärzte, Apotheker und Naturwissenschaftler näher zu bringen. Dieses Wissen bezieht sich auf die Diagnostik und Therapie von Mykosen sowie auf die Fortschritte in der Grundlagenforschung. http://www.consmyc.de, http://www.dmykg.de

 
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Bild: Thieme Verlag, C. albicans im Sputum

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