Hinsichtlich der Funktion der oberen Atemwege des Pferdes sei
zunächst betont, dass es sich bei Equiden um obligate Nasenatmer handelt.
Ein langes Gaumensegel verhindert auch bei erheblicher Dyspnoe, dass diese
Tiere durch die Mundhöhle atmen können. Daher ist die
Durchgängigkeit der Nasengänge überlebensnotwendig.
Eine anatomische Besonderheit stellt das sogenannte falsche
Nasenloch dar: als Verlängerung der ventralen Nasenmuschel bildet sich
eine Flügelfalte aus, die medial zusammen mit der äußeren Haut
eine ca. 8 – 10 cm lange, blind endende
Nasentrompete des Pferdes formt. Als Schönheitsfehler, also ohne Verengung
der Luftwege, kann es zu epithelialen Einschlusszysten kommen, die das kaudale
Ende der Nasentrompete äußerlich vorwölben ([Abb. 1]).
Abb. 1 Erkennbares kaudales
Ende (*) des falschen Nasenlochs eines Pferdes, da durch Atherom
vorgewölbt.
Die in der Ruhe umgekehrt kommaförmigen Nüstern werden bei
forcierter Atmung durch Kontraktion der Nasenmuskulatur fast kreisrund
geweitet. Ist die Flügelfalte verdickt, verbreitert oder wird sie nicht
richtig angehoben, so wird sie bei körperlicher Belastung in die rostralen
Atemwege eingesogen und verursacht einen Stridor. Ihre chirurgische Entfernung
kann die Leistungsfähigkeit solcher Pferde verbessern [1].
Eine als speziesspezifisch beschriebene Neoplasie, das sogenannte
progressive Siebbeinhämatom, geht typischerweise von der Submukosa der
stark vaskularisierten ethmoidalen Turbinalien aus. Diese nicht metastasierende
und nicht infiltrativ wachsende – aber Nasengänge und teilweise
Nebenhöhlen mechanisch verlegende – Umfangsvermehrung verursacht in
ihrer Umgebung Drucknekrosen. Ein typisches klinisches Zeichen besteht in einem
tröpfelnden blutigen Nasenausfluss. Es handelt sich nicht um einen soliden
Tumor; nach chirurgischer Exzision entleert sich meist eine
sero-sanguinöse Flüssigkeit. Da die Neoplasie aufgrund ihrer
Lokalisation oft nur unvollständig entfernt werden kann, kommt es
häufig zu Rezidiven. Eine Möglichkeit der chemischen Verödung
besteht in der intratumoralen Injektion einer 4 %igen gepufferten
Formalinlösung [2].
Transnasal endoskopisch ist zuweilen eine sogenannte eingefangene
Epiglottis auffällig. Dabei umfängt die physiologischerweise ventral
des Kehldeckels liegende Schleimhaut diesen nach dorsal. Im endoskopischen Bild
ist dann weder die knorpelige Umrandung noch die deutliche
Gefäßzeichnung erkennbar, sondern ein wulstig erscheinender
Schleimhautüberzug verdeckt zumindest die lateralen Anteile des
Kehldeckels. Bei der Exspiration kann es zur Aufblähung dieser
Schleimhautfalte und somit Verengung des Atemtraktes kommen. Häufiger
verursacht die eingefangene Epiglottis allerdings eine Dysphagie mit
Regurgitieren des Futters aus den Nüstern und die Futteraufnahme
begleitende Hustenanfälle. Wichtigste Differenzialdiagnose stellt die
Dorsalverlagerung des weichen Gaumens dar. Das lange Gaumensegel des Pferdes
verdeckt dann die Epiglottis und es bildet sich eine V-förmige Falte.
Diese Verlagerung kann intermittierend auftreten und wird häufig
begleitend, z. B. bei den nicht seltenen entzündlichen
Veränderungen in diesem Bereich, gesehen. Wie viele Einengungen im Bereich
der oberen Atemwege wird die Dorsalverlagerung des Gaumensegels meist erst bei
körperlicher Belastung symptomatisch. Vollblutpferde im Rennen erreichen
Atemstromstärken von bis zu 75 l/s und inspiratorisch
subatmosphärische Intrapleuraldrücke von – 30 cm
H2O. Die nicht direkt Knorpel oder Knochen anliegenden pharyngealen
und laryngealen Bereiche müssen aktiv weitgestellt bzw. unter Spannung
gehalten werden, um eine optimale Luftpassage in die Trachea zu
gewährleisten. Für die Diagnostik dynamischer Obstruktionen der
oberen Atemwege werden Videos von Endoskopien genutzt, die während der
körperlichen Belastung des Pferdes auf einem Laufband erstellt werden.
Auch haben Endoskope, die während des Reitens am Kopf des Tieres fixiert
sind und Bilder aus Rachen- und Kehlkopfbereichen liefern, Marktreife erlangt.
Eine Reihe von Kollapszuständen kann so differenziert werden. Im Fall der
Dorsalverlagerung des weichen Gaumens kann es durch die belastungsbedingten
tieferen subatmosphärischen Drücke bei der Inspiration zu einem
Ansaugen des verlagerten Gaumensegels bis unter das Pharynxdach kommen
[3]. Dies führt zu einem kompletten Verschluss des
Atemwegs und damit zur Leistungsverweigerung des betroffenen Pferdes.
Eine weitere häufige – und unter Umständen unter
Belastung zu einem vollständigen Verschluss des Larynx führende
– Veränderung ist nerval bedingt. Aus unbekannten Gründen
verlieren dabei typischerweise die Axone des distalen Nervus laryngeus
recurrens sinister ihre Myelinscheiden. Klinisch steht der Funktionsmangel des
Musculus cricoarytenoideus dorsalis im Vordergrund: der wichtigste Abduktor des
linksseitigen Aryknorpels atrophiert. Bereits in Ruhe kann dies zu einem in das
Lumen der Rima glottis hängenden Aryknorpel führen. Oft sind solche
Veränderungen aber nur unter forcierter Atmung zu erkennen – dann
kann der spannungslose linke Aryknorpel während der Inspiration soweit
nach rechts verlagert werden, dass ein vollständiger Verschluss der Rima
glottis resultiert. Aufgrund des bei Belastung entstehenden, oft
charakteristisch pfeifenden, inspiratorischen Atemgeräusches wird diese
Erkrankung auch als Kehlkopfpfeifen des Pferdes bezeichnet.
Als weitere anatomische Besonderheit der Equiden sei die starke
Ausweitung der Ohrtrompete genannt, die als Luftsack (Diverticulum tubae
auditivae) bezeichnet wird. Diese bilateral symmetrisch ausgeprägten
Höhlen haben bei erwachsenen Pferden ein Volumen von jeweils ca.
500 ml. Ihr Sinn wird darin gesehen, die Kopfbeweglichkeit zu
verbessern. Zudem wird diskutiert ob sie dazu beitragen, die bei
körperlicher Hochleistung auf über 40 ° C
erhöhte Bluttemperatur zu mindern. Da die Carotiden direkt unter der
Schleimhaut verlaufen bevor sie in die Schädelhöhle eintreten,
würde die Abkühlung des in ihnen pulsierenden Blutes durch die
umgebende Luft einen Schutz des Gehirns vor Überwärmung bewirken. A.
carotis interna, A. carotis externa und A. maxillaris verlaufen endoskopisch
deutlich sichtbar direkt unter der Mukosa, ebenso wie N. vagus und für den
Schluckakt und die Kehlkopffunktion wichtige Kopfnerven ([Abb. 2]).
Abb. 2 Endoskopie eines
linksseitigen Luftsacks eines Pferdes. S: Stylohyoid. A: Arteria carotis
interna. N: Nervenfalte, in der u. a. N. vagus, N. glossopharyngeus und
N. hypoglossus verlaufen.
Aufgrund ihrer Lokalisation sind diese Strukturen für
Schädigungen infolge entzündlicher Erkrankungen der Schleimhaut
prädisponiert. An erster Stelle steht hier die Luftsackmykose, bei der
vorwiegend Aspergillen die Arterienwand infiltrieren und zu hochgradiger
Epistaxis bis hin zum Verbluten führen können. Ligatur der
betroffenen Arterien bzw. die Thrombosierung des geschädigten
Arterienanteils über kathetergeleitete Platzierung von Embolisaten kann
zur vollständigen Abheilung der Mykose führen [4]. Befallen die Pilze die subepithelial verlaufenden
Nerven, so ist das klinische Zeichen meist eine Dysphagie.
Da die in den Nasopharynx mündenden Luftsackklappen oberhalb
des tiefsten Punktes der Luftsacklumina liegen, sammelt sich entzündliches
Sekret hier oftmals an. Ein Luftsackempyem bildet sich aufgrund fortgeleiteter
bakterieller Infekte der respiratorischen Mukosa des Nasopharynx oder nach
Abszedierung des retropharyngealen Lymphknotens in den Luftsack hinein.
Für diese Lymphadenitis ist meist Streptococcus equi subspezies equi
verantwortlich, der Erreger der Druse des Pferdes. Bei Fütterung vom Boden
wird die Entleerung des Luftsackes erleichtert, da bei tiefer Kopfposition die
Luftsacköffnung relativ zum Luftsackboden günstiger liegt und sich
beim Schluckakt die Luftsackklappen öffnen. Verbleibt ein Empyem über
längere Zeit, so können Konkremente entstehen, die endoskopisch
mittels Körbchen oder offen chirurgisch entfernt werden müssen.
Bei der Luftsacktympanie kommt es infolge einer genetischen
Disposition [5] zu einer fehlerhaften Ausprägung
der Luftsackklappe. Bei dieser Erkrankung kann die Luft den Luftsack aber nicht
mehr verlassen, und er bläht sich nach außen sichtbar immer mehr
auf. Meist zeigt sich dann bereits im Fohlenalter äußerlich eine
prall luftgefüllte Umfangsvermehrung zwischen Unterkiefer und Hals, die
durch innere Kompression des Pharynx und der oberen Trachea zu hochgradiger
Dyspnoe führen kann. Da die Klappen meist unterschiedlich stark
verändert sind, ist das klinische Bild oft einseitig ausgeprägt. Eine
elegante Therapie besteht in der Laser-endoskopischen Fensterung der medianen
Lamelle zwischen den beiden Luftsäcken, so dass die Luft über die
nicht oder weniger betroffene Seite entweichen kann [6].