Pneumologie 2010; 64(9): 604-608
DOI: 10.1055/s-0030-1255559
Übersicht – 100 Jahre DGP

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Chronische respiratorische Insuffizienz: Rolle der Lungentransplantation

Chronic Respiratory Insufficiency: The Role of Lung TransplantationJ.  Gottlieb1
  • 1Klinik für Pneumologie, Medizinische Hochschule Hannover
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Dr. med. Jens Gottlieb

Klinik für Pneumologie
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover

Email: gottlieb.jens@mh-hannover.de

Publication History

eingereicht 17. 5. 2010

akzeptiert nach Revision 11. 6. 2010

Publication Date:
08 September 2010 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Die Lungentransplantation (LTx) stellt heute eine etablierte Therapiemaßnahme bei fortgeschrittenen chronischen Lungenerkrankungen dar, die bei sorgfältiger Auswahl Lebensqualität und die Überlebenszeit der Patienten verbessern kann. Akute und potenziell reversible Lungenerkrankungen wie die Pneumonie und ARDS sind keine etablierten Indikationen. Neue Erkenntnisse über den natürlichen Verlauf der Erkrankung des Lungenemphysem und die Rolle von Komorbiditäten und die verbesserten Therapiemöglichkeiten der idiopathischen pulmonalen arteriellen Hypertonie haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass weniger Patienten mit diesen Grundkrankheiten transplantiert wurden. Mangels verfügbarer alternativer Therapieverfahren ist die Lungentransplantation für Patienten mit Mukoviszidose und idiopathischer Lungenfibrose unter Beachtung von spezifischen Selektionskriterien indiziert. Die Verteilung der Organe hat international einen deutlichen Wandel erfahren, bei dem zunehmend der mutmaßliche individuelle Überlebensvorteil der LTx in den Vordergrund tritt. Verbesserungen der Kandidatenauswahl, die chirurgische Weiterentwicklung und optimierte Nachsorge haben die Langzeitergebnisse in den letzten 20 Jahren international verbessert. Nach wie vor sind die Langzeitergebnisse aber schlechter als bei anderen Transplantationsverfahren. Hauptprobleme im Langzeitverlauf sind die chronische Organdysfunktion (das Bronchiolitis-obliterans-Syndrom, BOS) und Infektionen, an denen die meisten Empfänger sterben. Hier müssen unser Verständnis der Pathogenese und die Therapiemöglichkeiten in der Zukunft verbessert werden. In Anbetracht einer 20 %igen Sterblichkeit auf der Warteliste ist die höhere Verfügbarkeit von Organen eine weitere Aufgabe.

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Abstract

Lung transplantation has been established as an appropriate ultimate treatment strategy in end-stage lung disease, when all conventional therapeutic options have been exhausted. Acute and potentially reversible lung diseases (ARDS, pneumonia) and malignancy (broncho-alveolar carcinoma) are not established indications. Retrospective analyses on the natural course of the disease and new medical treatment options have led to fewer transplantations in recipients with emphysema and idiopathic pulmonary hypertension. In end-stage cystic fibrosis and patients with idiopathic pulmonary fibrosis, alternative treatment options are currently not available and lung transplantation is indicated. The available guidelines for candidate selection should be followed. Internationally, there is a trend towards a benefit-orientated allocation of organs. Recommendations for candidate selection, surgical innovations and, especially, the improved long-term follow-up have led to improved results in the last two decades. Long-term results are, however, still unsatisfactory in comparison to liver and kidney transplantations. The main obstacles to long-term survival and causes of death are chronic allograft dysfunction (bronchiolitis obliterans syndrome, BOS) and infections. In the future, the pathogenesis and treatment options for these two entities should be clarified. A further essential task is to increase the donor pool in the future because the current waiting list mortality is approximately 20 %.

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Historie

Obwohl die erste Lungentransplantation eines Menschen im Jahr 1963 durch James Hardy, Mississippi/USA, die er an einem lebenslänglich Verurteilten, der an einem Bronchialkarzinom mit Emphysem litt, durchführte, zeigen konnte, dass eine frühpostoperative Organfunktion eines Transplantates möglich ist, verstarb der Patient bereits nach 18 Tagen im Nierenversagen. Neben einer unselektierten Empfänger- und Spenderauswahl und dem Fehlen von Konservierungsmöglichkeit für das Spenderorgan waren es vor allem die Immunsuppression, die einen langfristigen Erfolg des Verfahrens zunächst verhinderte.

Erst mit der Einführung des Ciclosporins als Immunsuppressivum Anfang der 80er-Jahre gelang 1982 Reitz und seinen Kollegen der Stanford University eine dauerhaft erfolgreiche Herz-Lungen-Transplantation. Die erste erfolgreiche Einzellungentransplantation konnte 1983 in der Toronto Lung Transplantation Group unter Leitung von Cooper bei einem Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose durchgeführt werden. In Deutschland wurde 1988 die erste erfolgreiche Lungentransplantation durch Axel Haverich in Hannover durchgeführt.

In den Pionierjahren der 80er-Jahre standen technische Lösungen, die Physiologie, erste Erfahrungen zur Kandidatenselektion und die Verbreitung der LTx im Fokus. In den 90er-Jahren erfolgte die Standardisierung von Kandidatenselektion, Konservierung, Operationstechnik und Definitionen. Durch Einführung eines internationalen Registers wurden Ergebnisse erfasst und die Verbreitung in den Industrieländern erfasst. Von 2000 bis 2010 waren es die Expansion des Spenderpools (extended donors, Lebendspende, non-heart-beating donors), das standardisierte postoperative Management, molekulare Ansätze und Verständnisse des innaten Immunsystems, die im Zentrum der weiteren Entwicklung standen.

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Epidemiologie

Im aktuellen Report der International Society of Heart and Lung Transplantation (ISHLT), die ein Register führt, wurden in den vergangenen 25 Jahren weltweit über 33 000 Lungen- und kombinierte Herz-Lungen-Transplantationen durchgeführt [1]. In den vergangenen 10 Jahren haben vor allem die Doppellungentransplantationen stetig zugenommen. Während im Jahr 2007 weltweit in 153 Zentren über 2700 Transplantationen durchgeführt wurden, erfolgten etwa zwei Drittel dieser Eingriffe in Zentren mit mehr als 30 Operationen pro Jahr. Seit Mitte der 90er-Jahre hat die Zahl der Übertragungen international zugenommen, in Deutschland liegt die Zahl bei etwa 300 pro Jahr [1] [2]. Die Zahl der Kandidaten, die auf eine Lungentransplantation (LTx) warten, ist um ein Mehrfaches höher, sodass noch immer ca. 20 % der Patienten auf der Warteliste vor Verfügbarkeit eines Spenderorgans versterben [2]. In Deutschland wird das Verfahren in 14 Zentren durchgeführt, wobei nur drei mehr als 30 Transplantationen pro Jahr durchführen [3] und davon die Medizinische Hochschule Hannover allein jährlich 105.

Nicht nur das mittlere Alter der Organempfänger ist in den vergangenen 10 Jahren von 45 auf 50 Jahre gestiegen, sondern es werden mittlerweile auch Organe akzeptiert, die nicht den Idealkriterien entsprechen.

In Deutschland wird bei weniger als 25 Prozent der Organspender eine Lungenentnahme durchgeführt. Den Intensivmedizinern fällt eine Verantwortung zu, indem sie nicht nur jeden hirntoten Patienten als potenziellen Organspender betrachten sollten, sondern auch indem sie durch die Behandlung dieser Patienten das Transplantationsergebnis mit beeinflussen und die Verfügbarkeit von Lungen als Spenderorgane erhöhen können. Eine Ausweitung der Lungenentnahme auf 45 – 50 % wäre möglich [4].

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Kandidatenselektion

Die führenden Indikationen sind das Lungenemphysem, gefolgt von der idiopathischen Lungenfibrose und der zystischen Fibrose (Mukoviszidose)

Bei der Selektion trat in den letzten Jahren die am Überlebensvorteil orientierte Kandidatenselektion in den Vordergrund. Auch wenn randomisierte prospektive Studien dazu fehlen, ist die Prognoseverbesserung durch die Transplantation bei der idiopathischen Lungenfibrose und Mukoviszidose offensichtlich. Retrospektive Registeranalysen haben gezeigt, dass der Überlebensvorteil beim Lungenemphysem allenfalls moderat war und auch nur bei einem Teil der Emphysematiker gezeigt werden konnte [5].

Mehr noch als der Zugewinn an Lebenszeit steht für die meisten Patienten jedoch die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund, die bei der COPD verglichen mit Kandidaten anderer Erkrankungen besonders beeinträchtigt zu sein scheint. Solange ein signifikanter Anteil der Kandidaten auf der Warteliste verstirbt, kann die Lebensqualität aus Sicht der Lungentransplantationsmediziner aber nicht der führende Selektionsgrund sein.

Auch muss nach dem Gesetz Aussicht auf einen Erfolg des Verfahrens bestehen, um der Organknappheit gerecht zu werden. Für viele Transplantationsmediziner im Bereich der LTx gilt ein erwartetes Ein-Jahres-Überleben von über 50 % als akzeptabel.

[Abb. 1] gibt einen Überblick über Auswahlkriterien (gemessen an der Verbesserung der Prognose) und Kontraindikationen bei den häufigsten Indikationen zur Lungentransplantation.

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Abb. 1 Spezifische Selektionskriterien bei den häufigsten Grunderkrankungen.

[Tab. 1] zeigt die Basisdiagnostik eines Transplantationskandidaten.

Tab. 1 Diagnostik vor der Aufnahme auf die Warteliste.
Anamnese, Untersuchungsbefund (Körpergröße, Gewicht, Komorbiditäten, Raucherstatus)
Lungenfunktion (FEV1 und FVC % Soll)
Blutgasanalyse (mit/ohne Sauerstoff)
Belastungstest (6-Minuten-Gehtest)
Basis-Laboruntersuchungen (Blutbild, Gerinnung, Cystatin C, GPT)
Echokardiografie
Abdomensonografie
Thorax-CT (nicht älter als 6 Monate)
zahnärztliche Untersuchung
gynäkologische Vorsorgeuntersuchung/PSA
Weitergehende Untersuchungen (nach Vorgabe durch das Transplantationszentrum)
spezielles Labor (Blutgruppe, HLA-Antikörper, Immunglobuline, IgG Subklassen, Lymphozyten-Populationen (letztere drei bei Vorhandensein von Bronchiektasen, Virusserologie etc.)
Sputumkultur
periphere Knöchelverschlussdrücke (falls abnormal: Duplexsonografie der Bein-Becken-Arterien)
Rechtsherzkatheter (bei pulmonaler Hypertonie, oder > 45 Jahre)
Koronarangiografie (> 45 Jahre; bei Rauchern von über 10 pack years )
quantitative Ventilations-/Perfusionsszintigrafie bei geplanter Einzellungentransplantation
Koloskopie (> 55 Jahre)

Akute Lungenerkrankungen mit respiratorischem Versagen auf der Intensivstation wie z. B. die Pneumonie (inkl. H1N1) oder das akute Lungenversagen (ARDS) sind keine akzeptierten Indikationen zur Lungentransplantation. Neben der Möglichkeit der Erholung in der akuten Situation, fortgeschrittener muskulärer Dekonditionierung bei Langzeitbeatmung ist ein weiterer Grund, dass die Patienten meist nicht komplett evaluierbar sind und in die Transplantation mit ihren lebenslangen Konsequenzen nicht einwilligen können. Hinzu kommt, dass ca. 300 verfügbare Organe für diese Patientengruppe mit akuten Lungenerkrankungen keinesfalls bedarfsdeckend sein können und die Ergebnisse von beatmeten Kandidaten signifikant schlechter sind als die von Kandidaten, die nicht intubiert und beatmet sind. Für die Lungentransplantation gilt deshalb im Gegensatz zu anderen Organtransplantationsverfahren (z. B. der Lebertransplantation), dass in der Regel nur chronische Lungenerkrankungen (evtl. mit akuter Verschlechterung bis zur Beatmungspflichtigkeit bei bereits auf der Warteliste aufgenommenen Patienten) für das Verfahren infrage kommen.

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Allokation

Die Zuteilung der Organe erfolgt in Deutschland über Eurotransplant (ET). Mitgliedsländer sind Deutschland, Niederlande, Belgien, Österreich, Slowenien und Luxemburg. Neben regionalen Faktoren werden die Organe nach Dringlichkeit, Wartezeit, Blutgruppe und Körpergröße verteilt.

In den USA wird ein völlig neuartiges Verteilungssystem verfolgt. Seit Mai 2005 wird nach dem sogenannten „lung allocation score” (LAS) die Organverteilung durchgeführt. Hierbei wird anhand von präoperativen Parametern versucht, für den individuellen Patienten die Sterblichkeit auf der Warteliste und nach Transplantation abzuschätzen. Seitdem bekommen Patienten mit ausgesprochen schlechter Prognose auf der Warteliste (wie z. B. bei idiopathischer Lungenfibrose) bevorzugt Organangebote, während der Anteil von Emphysem-Patienten von 42 auf 35 % reduziert wurde und der Anteil von Empfängern mit idiopathischer Lungenfibrose von 22 auf 27 % im gleichen Zeitraum zunahm ([Abb. 2]). In Deutschland wird eine Anlehnung der Verteilung an das seit 5 Jahren bewährte US-amerikanische System angestrebt.

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Abb. 2 Wandel der Grunderkrankungen 1990 – 2008 (nach [1]).

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Erhöhung des Spenderaufkommens

Neben der allgemeinen Erhöhung der Bereitschaft zur Organspende gibt es andere denkbare Strategien zur Verbesserung des Organangebots. Die Lungen-Lebendspende ist vor allem in den USA und Japan bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Mukoviszidose (CF) eingesetzt worden. Dabei werden der rechte und linke Lungenunterlappen von zwei lebenden Spendern (häufig den Eltern) verpflanzt. Das Verfahren kommt deshalb nur bei Empfängern von kleiner Statur in Frage. In den nordamerikanischen Zentren stellen deshalb Mukoviszidose-Patienten die Mehrzahl der Empfänger dar. Das Verfahren der Lebendspende kommt immer dann in Betracht, wenn bei Patienten aufgrund ihres stark reduzierten Gesundheitszustandes die Gefahr besteht, dass sie die übliche Wartezeit nicht überleben. Die bisher vorgelegten Langzeitergebnisse sind mit denen der Organspende von Verstorbenen vergleichbar. Die Risiken für die beiden Spender sind die einer Lobektomie mit einer erwarteten Sterblichkeit von 1 % und einer Komplikationsrate von etwa 20 % sowie eine um etwa 15 % reduzierte Lungenfunktion. Das Verfahren ist in Deutschland noch nicht durchgeführt worden und wird zahlenmäßig keine signifikante Ausweitung des Spenderaufkommens bedeuten.

In Deutschland ist im Gegensatz zu anderen Ländern der Hirntod unabdingbare Voraussetzung zur Organspende, sog. non-heart-beating donors (Herzstillstand des Spenders ohne nachgewiesenen Hirntod) sind deshalb keine Alternative bei uns.

Die sogenannte Ex-vivo-Konditionierung von Organen, bei der zur LTx inakzeptable Lungen durch eine gezielte Vorbereitung außerhalb des Körpers beatmet und gespült werden, wird nach gängiger Meinung in den nächsten Jahren die Zahl transplantabler Organe erhöhen können. In kleinen Einzelfallberichten wurde dies bereits klinisch erfolgreich gezeigt [6].

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Ergebnisse

Im Vergleich der Transplantationsperioden 1988 – 1994, 1995 – 1999 und 2000 – 2006 hat laut dem internationalen Register die 3-Jahres-Überlebensrate von 56 über 59 auf aktuell 65 % zugenommen, was die Effektivität der Bündelung aller Maßnahmen bei gleichzeitiger Verzweieinhalbfachung der Transplantationszahlen unterstreicht [1]. Evidenzbasierte internationale Leitlinien zur Klassifizierung der akuten Abstoßung, des Bronchiolitis-obliterans-Syndroms (BOS), der primären Graft-Dysfunktion sowie Kandidaten- und Spenderselektion haben zu diesen Ergebnissen mit beigetragen. In der nächsten Dekade erhoffen wir uns Fortschritte bei der Ex-vivo-Konditionierung, beim Spender-Empfänger-Matching und durch besseres Verständnis der Mechanismen der chronischen Graft-Dysfunktion die erfolgreiche Behandlung.

Bei restriktiver Kandidatenselektion liegt die 1-Jahres-Überlebensrate nach LTx ca. 90 % und höher auf dem Niveau anderer Transplantationsverfahren. Dennoch sterben nach LTx mehr Patienten im Langzeitverlauf (nach dem ersten Jahr) als beispielsweise nach Leber- oder Nierentransplantation. Haupttodesursachen sind die chronische Organ-Dysfunktion (BOS) und Infektionen. Die der Entstehung der BOS zugrunde liegenden Mechanismen sind noch nicht endgültig aufgeklärt. Dies ist dadurch begründet, dass nach wie vor kein geeignetes Tiermodell für die Erkrankung besteht. Ein erster Ansatz ist die Entwicklung eines orthotopen Lungentransplantationsmodells bei der Maus [7].

Die Problematik der Infektionen wird dadurch verschärft, dass multiresistente Erreger gerade bei Lungentransplantationskandidaten und -empfängern zunehmen und immer weniger wirksame Antibiotika zur Verfügung stehen. Die Zulassung besonders für im gramnegativen Bereich wirksamer neuer antibiotischer Wirkstoffe hat in den letzten Jahren immer mehr abgenommen. Bedingt durch diese Tatsache werden in den meisten Zentren Mukoviszidose-Patienten, die mit dem hochvirulenten und panresistentem Erreger Burkholderia cenocepacia (Burkholderia-Capacia-Komplex Genomovar III) besiedelten Patienten nicht mehr für die Lungentransplantation akzeptiert. Übereinstimmende Zahlen mehrerer internationaler Zentren zeigen bei diesen Patienten mangels verfügbarer Antibiotika eine 1-Jahres-Überlebensrate von nur ca. 30 % nach LTx.

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Alternativen und Prävention der Lungentransplantation

Langfristig und außerhalb der Intensivstation einsetzbare Lungenersatzverfahren, die die Lungentransplantation ersetzen können, sind aktuell nicht in Sicht.

Extrakorporale Verfahren werden zunehmend eingesetzt, wenn bei konventioneller Beatmung eine nicht beherrschbare respiratorische Situation eintritt, eine Hyperkapnie nicht toleriert wird, die Sauerstoffversorgung nicht aufrechtzuerhalten ist oder ein kompletter Kreislaufersatz notwendig wird. Extrakorporale Verfahren sollten dann zum Einsatz kommen, wenn die Chance auf Erholung der Grunderkrankung besteht oder als Überbrückung bei Transplantationskandidaten.

Mit extrakorporalen Verfahren bei ausgewählten Patienten hat die Überbrückung zur Lungentransplantation akzeptable Langzeitergebnisse. Erste Arbeitsgruppen berichten vom erfolgreichen Einsatz des Verfahrens auch ohne Intubation als „bridging” zur Lungentransplantation [8].

Therapieansätze bei der Mukoviszidose wie Gentransfer und -modifikation stimmen hoffnungsvoll. Die verbesserten pharmakologischen Behandlungsmöglichkeiten der idiopathischen pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) hat die Zahl der Transplantationen mit dieser Grunderkrankung von 13 % im Jahr 1990 auf 2 % im Jahr 2007 sinken lassen. Dies zeigt, welchen Einfluss neue Therapieverfahren für die Transplantation haben. Es zeichnet sich allerdings für die PAH ab, dass die Kandidaten der LTx nun meist später und auch in kränkerem Zustand zugeführt werden, was die perioperative Sterblichkeit gegenüber anderen Erkrankungen signifikant erhöht. Wünschenswert wären vor allem medikamentöse Ansätze zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose, für die eine die Sterblichkeit senkende medikamentöse Therapie bislang nicht zur Verfügung steht.

Etwa 35 % der Transplantatempfänger liegen rauchassoziierte Lungenerkrankungen zugrunde. Im Kontext der nach wie vor hohen Sterblichkeit angeborener oder andere therapierefraktärer Lungenerkrankungen kommt deshalb der Rauchprävention exorbitante Bedeutung zu. Aktives Rauchen und fehlender Nachweis einer langfristigen Rauchkarenz sind absolute Kontraindikationen zur Lungentransplantation.

Die Lungentransplantation wird auf nicht absehbare Zeit der Zahl potenzieller Kandidaten nicht gerecht werden können. So werden auf 300 verfügbare Organe pro Jahr in Deutschland bei unter 65-Jährigen für die COPD GOLD IV auf über 10 000 [9], für die idiopathische Lungenfibrose auf ca. 7700 [10] und die Mukoviszidose im Erwachsenenalter auf ca. 2000 potenzielle Empfänger geschätzt [11].

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Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Literatur

  • 1 Christie J D, Edwards L B, Aurora P. et al . The Registry of the International Society for Heart and Lung Transplantation: Twenty-sixth Official Adult Lung and Heart-Lung Transplantation Report-2009.  J Heart Lung Transplant. 2009;  28 1031-1049
  • 2 Deutsche Stiftung Organtransplantation .Organspende und Transplantation in Deutschland. 2009. http://www.dso.de/pdf/DSO_JB2009_d.pdf
  • 3 Eurotransplant, annual report 2008. http://www.eurotransplant.org/files/annual_report/ar_2008.pdf
  • 4 De Perrot M, Snell G I, Babcock W D. et al . Strategies to optimize the use of currently available lung donors.  J Heart Lung Transplant. 2004;  23 1127-1134
  • 5 Thabut G, Ravaud P, Christie J D. et al . Determinants of the survival benefit of lung transplantation in patients with chronic obstructive pulmonary disease.  Am J Respir Crit Care Med. 2008;  177 1156-1163
  • 6 Ingemansson R, Eyjolfsson A, Mared L. et al . Clinical transplantation of initially rejected donor lungs after reconditioning ex vivo.  Ann Thorac Surg. 2009;  87 255-260
  • 7 Okazaki M, Krupnick A S, Kornfeld C G. et al . A mouse model of orthotopic vascularized aerated lung transplantation.  Am J Transplant. 2007;  7 1672-1679
  • 8 Strueber M. Extracorporeal support as a bridge to lung transplantation.  Curr Opin Crit Care. 2010;  16 69-73
  • 9 Geldmacher H, Biller H, Herbst A. et al . Die Prävalenz der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) in Deutschland - Ergebnisse der BOLD-Studie.  Dtsch med Wochenschr. 2008;  133 2609-2614
  • 10 Raghu G, Weycker D, Edelsberg J. et al . Incidence and prevalence of idiopathic pulmonary fibrosis.  Am J Respir Crit Care Med. 2006;  174 810-816
  • 11 Stern M, Wiedemann B, Wenzlaff P. From registry to quality management: the German Cystic Fibrosis Quality Assessment project 1995 – 2006.  Eur Respir J. 2008;  31 29-35

Dr. med. Jens Gottlieb

Klinik für Pneumologie
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover

Email: gottlieb.jens@mh-hannover.de

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Literatur

  • 1 Christie J D, Edwards L B, Aurora P. et al . The Registry of the International Society for Heart and Lung Transplantation: Twenty-sixth Official Adult Lung and Heart-Lung Transplantation Report-2009.  J Heart Lung Transplant. 2009;  28 1031-1049
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  • 4 De Perrot M, Snell G I, Babcock W D. et al . Strategies to optimize the use of currently available lung donors.  J Heart Lung Transplant. 2004;  23 1127-1134
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  • 8 Strueber M. Extracorporeal support as a bridge to lung transplantation.  Curr Opin Crit Care. 2010;  16 69-73
  • 9 Geldmacher H, Biller H, Herbst A. et al . Die Prävalenz der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) in Deutschland - Ergebnisse der BOLD-Studie.  Dtsch med Wochenschr. 2008;  133 2609-2614
  • 10 Raghu G, Weycker D, Edelsberg J. et al . Incidence and prevalence of idiopathic pulmonary fibrosis.  Am J Respir Crit Care Med. 2006;  174 810-816
  • 11 Stern M, Wiedemann B, Wenzlaff P. From registry to quality management: the German Cystic Fibrosis Quality Assessment project 1995 – 2006.  Eur Respir J. 2008;  31 29-35

Dr. med. Jens Gottlieb

Klinik für Pneumologie
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover

Email: gottlieb.jens@mh-hannover.de

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Abb. 1 Spezifische Selektionskriterien bei den häufigsten Grunderkrankungen.

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Abb. 2 Wandel der Grunderkrankungen 1990 – 2008 (nach [1]).