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DOI: 10.1055/s-0030-1255803
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Knochenaufbau – Knochenersatzmaterialien
Teil 2Publication History
Publication Date:
05 October 2010 (online)
Allogene Knochentransplantation
Der größte Vorteil der allogenen Knochentransplantation liegt in der praktisch unbegrenzten Verfügbarkeit des Materials.
Diese Methode wurde zum ersten Mal erfolgreich im Jahr 1879 von Sir William MacEwen durchgeführt und 1881 dokumentiert. Die Gewinnung des Transplantats erfolgt heute in der Regel von Organspendern (Abb. [1]). Es ist aber auch möglich, allogenes Material aus Hüftköpfen von Patienten zu entnehmen, die einen künstlichen Gelenkersatz erhalten. Einzig und allein die Alterung der Explantate unter Lagerungsbedingungen begrenzt die Verwendbarkeit von allogenem Knochen, d. h. sie werden biologisch immer weniger aktiv, nach etwa 1 Jahr Lagerung sind sie nahezu wirkungslos.
Abb. 1 Juvenile Knochenzyste am rechten Os ilium eines 16-jährigen Patienten. Therapie: Ausräumung und Auffüllung mit massivem (> 400 cm3) allogenem Spongiosatransplantat. a Dreidimensionale CT-Rekonstruktion mit aufgetriebenem linkem Os ileum. b MRT mit koronarer Darstellung. c CT mit koronarer Rekonstruktion. d Olerud-Zugang und ausgeräumtes Os ilium. e Resektat vor der histologischen Untersuchung. f Allogene Spongiosa, in sterilen Behältern verpackt, allogene Fibula im Vordergrund. g Auffüllen des Defekts mit allogenen Spongiosachips. h Postoperativ Beckenübersichtsaufnahme. Beachte die linke, vollständig aufgefüllte Beckenschaufel. i Postoperativ CT-Kontrolle, koronare Rekonstruktion.
Nachteile
Die Nachteile der Fremdknochenverpflanzung im Vergleich mit der autogenen Transplantation beziehen sich im Wesentlichen auf drei Punkte:
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Zum einen birgt die Verwendung von allogenem Knochen die Gefahr, eine immunologische Reaktion beim Empfänger auszulösen.
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Zum anderen kommt es durch die Konservierungsverfahren Tieffrieren und Lyophilisieren zu einer Reduzierung bzw. biologischen Minderung der osteogenetischen Potenz des Fremdmaterials. Entsprechend der biologisch eingeschränkten Leistungsfähigkeit ist somit auch die Indikation für die allogene Transplantation eingeschränkt und allogener Knochen darf nur im ersatzstarken Lager (s. Teil 1) verwendet werden.
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Schließlich birgt jede Transplantation von allogenem Gewebe die Gefahr einer Infektionsübertragung.
Bei bakteriellen Infektionen handelt es sich meist um Kontaminationen mit Bakterienstämmen niedriger Pathogenität, was nicht zwangsläufig zu einer Infektion des Empfängers führt.
Cave. Ein großes Problem der allogenen, tiefgekühlten bzw. gefrorenen Knochentransplantate ist aber die mögliche Übertragung nichtbakterieller Infektionen auf den Empfänger. Hier stellen vor allem virale Infekte (HIV, Hepatitis B und C) eine Gefahr dar.Das Center for Disease Control (CDC) veröffentlichte bereits im Jahr 1988 den ersten Fall einer Infektion mit dem HI-Virus (Human Immunodeficiency Virus) durch kryokonserviertes, allogenes Knochengewebe (s. a. Info-Box „Gefahren und Risiken”).
Um diese Probleme zu umgehen, wurden verschiedene Versuche unternommen, den allogenen Knochen zu sterilisieren oder zumindest zu desinfizieren.
Autoklavierung (s. Teil 1. „Geschichte der Knochentransplantation”) über eine ausreichend lange Zeit, bei adäquatem Druck und Temperatur führt zwar zu einer sicheren Sterilisierung des Fremdknochens, allerdings werden auch alle Struktur- (Kollagen I) und Matrixproteine, die noch einen osteoinduktiven Effekt haben könnten, sicher denaturiert. Der so behandelte Knochen verändert zudem vollständig seine Konsistenz, er wird zu weich, um ihn als mechanische (Teil-)Unterstützung beim Defektaufbau verwenden zu können. Außerdem erscheint, wie beschrieben, die biologische Aktivität nach der Implantation völlig unzureichend. Daher hat sich die Autoklavierung für die Behandlung von allogenem Knochen nicht durchgesetzt.
Eine Alternative ist die Thermodesinfektion (z. B. Lobator), die mit niedrigeren Temperaturen und kürzerer Expositionszeit während der Prozessierung des allogenen Knochens arbeitet als bei der Autoklavierung. Dieses Verfahren hat jedoch zwei inhärente Nachteile und bedingt ebenso wie die Autoklavierung eine Verminderung der biologischen Potenz.
Die inhärenten Nachteile sind:
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Der zu bearbeitende Knochen darf bestimmte Größenverhältnisse nicht überschreiten, weil sonst keine sichere Desinfektion auch in der Tiefe des Materials zu garantieren ist, d. h. es existiert ein Mengen- und Größenproblem (z. B. allogene Fibula, Röhrenknochen, Femurkondylen etc.).
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Nicht alle potenziellen infektiösen Erreger sind sicher abzutöten (Prionen).
Aufgrund dieser Umstände kommt das Verfahren zwar zum Einsatz, hat aber keineswegs die autogene Knochentransplantation abgelöst oder ist als Methode der Wahl zu verstehen
Weitere getestete Verfahren waren: Gammabestrahlung, Alkoholdesinfektion und Gassterilisation. Alle diese Verfahren bewirken entweder den Verlust der mechanischen Festigkeit des Allotransplantats, das Material wird biologisch inaktiv und/oder es wird nicht steril, sondern nur keimärmer, sodass die erforderliche Sicherheit für die Transplantation nicht gewährleistet ist.
Die zunehmende Erkenntnis des Risikos der allogenen Transplantation hat in den letzten Jahrzehnten konsequenterweise immer detailliertere Vorschriften für das Führen einer Knochenbank bzw. für die Übertragung von tiefgekühltem oder tiefgefrorenem Knochen hervorgebracht. So haben sich speziell die Richtlinien des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer zum Führen einer Knochenbank im Laufe der Jahre immer wieder geändert (Bundesärztekammer 2001).
Gefahren und Risiken HIV-Infektion Das Risiko einer HIV-Infektion kann nach Untersuchungen von Buck et al. (1989) unter Ausnutzung aller Techniken von 1 : 161 auf 1 : 1 000 000 gesenkt werden. Dafür ist neben einem exakten Spender-Screening ein HIV-Antikörpertest, eine Hepatitis- und Syphilisserologie sowie Lymphknotenuntersuchungen zu fordern. Weitere Untersuchungen von Buck et al. (1990) bestätigen, dass das HIV-Virus sowohl nach Tiefgefrieren (in seiner Arbeit –70 ° C) als auch nach Gefriertrocknung noch nachweisbar ist. Aus diesen Problemen resultiert ein weiterer wesentlicher Ansporn, die Suche nach geeigneten neuen Knochenersatzmaterialien voranzutreiben.Literatur
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Univ.-Prof. Dr. med. Johannes M. Rueger
Zentrum für Operative Medizin
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Klinik für Unfall- Hand und Wiederherstellungschirurgie, Spine Center
Martinistraße 52
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