Intensivmedizin up2date 2010; 6(4): E1-E14
DOI: 10.1055/s-0030-1255946
Allgemeine Prinzipien der Intensivmedizin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Komplikationen bei intensivmedizinischen Standardinterventionen

Dirk  Lunz, York  A.  Zausig
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. Oktober 2010 (online)

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Kernaussagen

Fatal verlaufende Komplikationen im Gesundheitswesen sind keine Seltenheit. Allein in den USA sterben jedes Jahr zwischen 44 000 und 98 000 Patienten an den Folgen medizinischer Irrtümer [59]. Selbstverständlich entfällt lediglich ein Bruchteil dieser Gesamtzahl auf Standardprozeduren in der Intensivmedizin. Doch gerade die kritisch Kranken tragen ein höheres Risiko, im Laufe ihres Krankenhausaufenthalts eine Komplikation zu erleiden. Gründe hierfür sind nicht nur die stetig wachsende Zahl von Komorbiditäten und die dadurch erheblich reduzierte physiologische Reserve, sondern auch schwer zu überblickende medikamentöse Therapien und zunehmender Zeitdruck in der Entscheidungsfindung. Darüber hinaus spielen die Qualität und Dauer der Ausbildung des ärztlichen Personals, Arbeitszeitmodelle und Personalstrukturen eine tragende Rolle. Manche Autoren gehen sogar so weit, den Pflegeschlüssel als entscheidende Determinante bei der Entstehung von Infektionen auf Intensivstationen anzusehen [60].

Die vorliegenden Daten rechtfertigen in jedem Fall das Streben nach einer ständigen Optimierung der intensivmedizinischen Patientenversorgung. Die Sicherheit der uns anvertrauten Patienten muss nicht nur oberste Priorität genießen, sondern sollte darüber hinaus als eigenständiger Forschungsgegenstand betrachtet werden – ein Arbeits- und Entwicklungsfeld, auf dem noch viel Arbeit vor uns liegt [61]. Mithilfe von in- und externen Qualitätskontrollen, standardisierten Vorgängen und einer bestmöglichen Ausbildung des medizinischen Fachpersonals lässt sich ein Großteil potenzieller Risikofaktoren vermeiden. Auch die verhältnismäßig unkomplizierte Einführung einfacher Checklisten kann von Vorteil sein [62]. Vor jeder Intervention sollte immer das Risiko und der Nutzen der Prozedur abgewogen werden. Alternativen sollte man in Erwägung ziehen. Des Weiteren ist gerade in der Intensivmedizin eine neue „Fehlerkultur” im Sinne eines transparenten und kollegialen Aufarbeitens aufgetretener Komplikationen unabdingbar. Im Sinne der Ärzteschaft und im Sinne der Patienten.