Anamnese
Anamnese
Ein 74-jähriger asiatischer Patient berichtet über seit 3 Jahren bestehende, stark juckende, generalisierte Hautveränderungen. Vortherapien in Form von topischen hochpotenten Glukokortikosteroiden, oralen und i. v. Anthistaminika sowie UVA-1-Lichttherapien führten nur zu einer geringen Besserung ohne bleibenden Effekt. In der Eigen- und Familienanamnese sind ansonsten keine Hauterkrankungen bekannt.
Klinischer Befund
Klinischer Befund
Es zeigten sich generalisiert rötliche, flache Papeln und Plaques, welche am Körperstamm flächig konfluieren und das Bild einer Suberythrodermie entstehen lassen. Bei Aufnahme war eine epidermale Beteiligung mit rauem Tastbefund der Hautoberfläche, Exkoriationen und stellenweise Lichenifikationen erkennbar. Weiterhin war die Aussparung der Körperbeugen und Körperfalten auffällig ([Abb. 1 a, b ]).
Abb. 1 a Klinische Bilder unter stationärer Therapie. a Suberythrodermie mit Konfluenz flacher rauer rötlich-bräunlicher Papeln und Plaques. Im Liegen demaskieren sich freie Hautareale in den Körperfalten (deck chair sign ); b Konfluierende Papeln und Plaques am Unterarm.
Es konnte kein Malignom oder eine systemische Infektion nachgewiesen werden. Der Erlanger Atopiescore ergab 8 Punkte mit der Beurteilung: atopische Hautdiathese unklar. In der Labordiagnostik waren eine periphere Eosinophilie von 9,1 – 26,7 % (Norm: 1 – 5 %), eine Lymphozytopenie von 7,3 – 8,2 % (Norm: 25 – 40 %) bei normwertigen Leukozyten und ein erhöhter Serum-IgE-Wert von 366 U/ml (Norm: < 120 U/ml) auffällig.
Histologie
Histologie
In der konventionellen Histologie zeigte sich eine faserige Orthokeratose mit teilweiser Parakeratose, eine unregelmäßige epidermale Hyperplasie mit Spongiose und Ausbildung spongiotischer Mikrovesikel sowie ein oberflächliches, perivaskuläres, lymphohistiozytär dominiertes, dermales Entzündungsinfiltrat mit fokaler Exozytose und Nachweis eosinophiler Granulozyten ([Abb. 2 a, b ]).
Abb. 2 a Histologischer Befund bei stationärer Aufnahme (Oberarm rechts). a Faserige Orthokeratose mit teilweiser Parakeratose, unregelmäßige epidermale Hyperplasie mit Spongiose, oberflächlich perivaskulär lymphohistiozytär betonte dermale Infiltrate mit fokaler Exozytose und Nachweis eosinophiler Granulozyten (HE, × 40); b Spongiotische Mikrovesikel und eosinophile Granulozyten (HE, × 200).
Die klinischen Symptome sowie die typischen Labor- und histopathologischen Veränderungen führten zur Diagnose:
Papuloerythrodermie Ofuji (PEO) / Papuloerythroderma of Ofuji (PEO)
Therapie und Verlauf
Therapie und Verlauf
Umstellungsversuche der internistischen Medikamente führten in der Vorgeschichte nicht zu einer wesentlichen Änderung des Hautbefundes. Unter intensivierter Lokaltherapie auf Basis von Triclosan 2 % und Triamcinolon 0,1 % in Ung. Cordes sowie UVA-1-Lichttherapie bis in den mittleren Dosisbereich, begleitet von Antihistaminika, kam es zu einer Besserung bei insgesamt jedoch nur protrahiertem Ansprechen. Aufgrund kardialer Vorerkrankungen wurde auf eine systemische immunsuppressive Therapie verzichtet.
Diskussion
Diskussion
Die Erstbeschreibung der PEO erfolgte 1984 durch Ofuji et al. an vier sonst gesunden männlichen Patienten höheren Alters [1 ]. Nach initial abgeflachten Papeln entwickelte sich eine Erythrodermie mit charakteristischer Aussparung der Beugefalten und der Bauchfalte. Dieses klinische Zeichen wurde nachträglich auch als deck chair sign bezeichnet [2 ]. Das deck chair sign kann als charakteristisch, jedoch nicht als pathognomonisch für die PEO angesehen werden. Ein isoliertes deck chair sign kann u. a. auch bei der Akanthosis nigricans, der akuten Kontaktdermatitis oder Erysipelen beobachtet werden [3 ]. Weiterhin ist ein deck chair sign beispielsweise bei einer Imatinib-induzierten exfoliativen Dermatitis oder einem kutanen angioimmunoblastischen T-Zell-Lymphom beschrieben worden [4 ]
[5 ].
In einer aktuellen Übersichtsarbeit von Torchia et al. wurden 170 PEO-Fälle in der Literatur identifiziert [6 ]. Die meisten Patienten waren älter als 55 Jahre und von asiatischer Herkunft oder mit hellem Hauttyp. Männer waren viermal häufiger betroffen als Frauen. Juckreiz und das deck chair sign wurde bei allen Patienten beobachtet. Periphere Eosinophilie, Lymphozytopenie und erhöhtes Serum-IgE sind häufig nachweisbar. Histopathologisch zeigte sich meist das Bild einer chronischen Ekzemreaktion (variable Ausprägung einer epidermalen Hyperplasie mit Spongiose, Exozytose und einem gemischtzelligen dermalen Infiltrat aus T-Zellen, Makrophagen, Eosinophilen und Langerhans-Zellen). Lediglich 17 Fälle, in denen histologisch ein kutanes T-Zell-Lymphom nachgewiesen werden konnte, bildeten eine Ausnahme [7 ]. Bei der PEO handelt es sich um eine monomorphe Erkrankung, sowohl klinisch als auch histologisch. Differenzialdiagnostisch auszuschließen sind die kutanen T-Zell-Lymphome. In einzelnen Fällen konnte eine Assoziation mit Atopie, Malignomen, Infektionen oder Medikamenten hergestellt werden. Auf Basis dieser Datenerhebung schlagen Torchia et al. eine neue ätiologische Klassifikation und diagnostische Kriterien für die PEO vor ([Tab. 1 ]).
Tab. 1 Diagnostische Kriterien für die PEO (nach Torchia et al. 2010).
Notwendige Hauptkriterien
1 Erythrodermie-ähnliche Eruption durch die Koaleszenz abgeflachter, rötlich-bräunlicher Papeln mit einem Pflasterstein-ähnlichen Erscheinungsbild
2 Aussparung der Hautfalten (deck chair sign )
3 Juckreiz
4 Histopathologischer Ausschluss eines kutanen T-Zell-Lymphoms (und anderer Hauterkrankungen)
5 Aufarbeitung und Verlaufskontrollen zum Ausschluss einer kausalen Verbindung zu Malignomen, Infektionen, Medikamenten und Atopie
Zusätzliche Nebenkriterien
Alter über 55 Jahre
Männlich
Periphere und/oder Gewebeeosinophilie
Erhöhtes Serum-IgE
Periphere Lymphopenie
Kriterien 1 – 5: primäre (idiopathische) Papuloerythrodermie (Ofuji). Kriterien 1 – 4: sekundäre (symptomatische) Papuloerythrodermie. Kriterien 1, 2, 3, 5: Papuloerythrodermie-ähnliches kutanes T-Zell-Lymphom.
Im beschriebenen Fall sind alle Haupt- und Nebenkriterien erfüllt, sodass die Diagnose einer primären (idiopathischen) Papuloerythrodermie Ofuji gestellt werden konnte. Die Ätiopathogenese der PEO ist weitgehend unbekannt. Ob es sich bei der PEO tatsächlich um eine eigenständige klinische Entität handelt oder lediglich um ein morphologisches Muster von Erythrodermien im höheren Alter, ist Gegenstand der Diskussion [3 ]
[8 ]. Unterschiedliche Behandlungsversuche mit gemischten Ergebnissen wurden unternommen. In der Mehrzahl der Fälle erfolgte eine synchrone oder sequenzielle Kombinationstherapie aus topischen und oralen Glukokortikosteroiden, Antihistaminika, PUVA und UVB. Der UV-Therapie scheint hierbei eine wesentliche Rolle zuzukommen. In Einzelfällen kamen weiterhin u. a. Interferon α, Cyclosporin A, Azathioprin und Re-PUVA zur Anwendung [6 ].