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DOI: 10.1055/s-0030-1262353
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Fixe Dosis, einmal täglich zuhause – Antithrombotische Therapie wird einfacher und attraktiver
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
28. Juni 2010 (online)
- Wie gut ist die antithrombotische Therapie in der täglichen Praxis?
- Empfehlung und tatsächliche Therapie driften noch auseinander
- Einfache und sichere Thrombosebehandlung
- LE und TVT: Fondaparinux ist vergleichbar mit Standardtherapie
- Stabile Patienten zuhause behandeln
- Wirksame Thromboseprophylaxe bei internistischen Patienten
- Einfaches und sicheres Behandlungsregime
- Quellen
Die Diagnose der tiefen Beinvenenthrombose (TVT) stellt für die behandelnden Ärzte eine tägliche Herausforderung dar. Häufig sind die klinischen Zeichen und Symptome undeutlich, ein Aufschieben der erforderlichen Behandlung kann zu lebensbedrohlichen Lungenembolien (LE) führen. Zur Diagnose einer vermuteten tiefen Beinvenenthrombose empfehlen aktuelle Leitlinien klare Algorithmen. Es existieren jedoch nur wenige Daten, die zeigen, inwieweit sich die Versorgung in der täglichen Praxis an den Leitlinien orientiert und welches Outcome bezüglich diagnostischer Effektivität und Sicherheit erreicht wird. Daher haben die Deutsche Gesellschaft für Angiologie (DGA), die Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP) und die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) auf Initiative der GlaxoSmithKline GmbH das TULIPA-Register (TULIPA steht für "Thrombose mit und ohne Lungenembolie bei Patienten im ambulanten Bereich) gegründet. Das Indikationsregister stellt repräsentativ Diagnostik und Therapie sowie das Risikoprofil einer ambulant erworbenen TVT in Deutschland dar. Dazu wurden bereits Ende 2005 in 326 spezialisierten Versorgungszentren innerhalb von 12 Wochen 4976 Patienten mit Verdacht auf eine Thrombose eingeschlossen, "eine logistische Meisterleistung", bemerkte Prof. Sebastian Schellong, Dresden [1].
#Wie gut ist die antithrombotische Therapie in der täglichen Praxis?
Die teilnehmenden Ärzte, alle Spezialisten für Gefäßmedizin im niedergelassenen Bereich, sollten nach diagnostischer Abklärung innerhalb eines Tages entscheiden, ob eine TVT vorliegt oder nicht. Dazu wurden die für TULIPA dokumentierten Patienten in 3 Gruppen aufgeteilt: Die erste Gruppe (A) umfasst alle Patienten mit gesicherter tiefer Beinvenenthrombose (1388 Patienten), die zweite Gruppe (B) beinhaltet alle Patienten, bei denen eine Thrombose eindeutig ausgeschlossen werden konnte (3389 Patienten). In der dritten Gruppe (C) sind alle Patienten, bei denen die durchgeführte Diagnostik initial keine sichere Diagnose ergab (199 Patienten). "Dieses Vorgehen entspricht der täglichen Praxis", betont Schellong. Zur diagnostischen Sicherheit wurden 3 Monate später die Daten von Patienten ohne Thrombose sowie von Patienten mit Thrombose in einem Follow-up nochmals überprüft. Dabei zeigte sich, dass bei 57,7 % der Patienten die Diag-nostik noch am gleichen Tag erfolgte, bei 17,4 % am nächsten Tag und bei 7,7 % nach einer Zeitspanne von 2 oder 3 Tagen. Bei 14,1 % dauerte die Diagnostik 4 Tage oder länger. "Es ist üblich, bei verzögerter Diagnostik dennoch mit der Behandlung zu beginnen" erklärt Schellong, "dies ist bei 15,5 % der Patienten erfolgt und konform zu den Leitlinien." Denn stellt sich hinterher heraus, dass die Patienten eine Thrombose haben, wurden 24,6 % bereits vor der Diagnostik vorbehandelt. Im Vergleich wurden nur 11,7 % der Patienten vorbehandelt, die schließlich keine Thrombose hatten. "Die Ärzte hatten also bereits eine gute Vorabeinschätzung, welcher Patient eine Thrombose hat und welcher nicht", betonte Schellong. Im 90-Tage-Follow-up traten in Gruppe B nur bei 0,34 % der Patienten Thrombosen auf. "Das ist extrem niedrig", lobte Schellong, "und spricht für eine hervorragende Sicherheit in der Diagnostik." In Gruppe C, in welcher der Arzt noch nicht am ersten Tag für oder gegen eine Thrombose entschieden hat, lag die Rate bei 2,5 % an diagnostischen Fehlern.


Bild: Jupiter Images, CD 159
Empfehlung und tatsächliche Therapie driften noch auseinander
Zur Therapie wurde überwiegend niedermolekulares Heparin empfohlen, gefolgt von Vitamin-K-Antagonisten; Fondaparinux und unfraktioniertes Heparin. Tatsächlich verschrieben wurden überwiegend niedermolekulares Heparin (95 %), Vitamin-K-Antagonisten (71 %), Fondaparinux (23 %) und unfraktioniertes Heparin (1,6 %). "Die Werte über 100 % zeigen, dass Therapiewechsel stattfanden", erklärte Schellong.
Bereits am ersten Tag wurden 13 % der Patienten ins Krankenhaus eingewiesen, was darauf schließen lässt, dass 87 % der Thrombosen ambulant behandelt werden, folgerte Schellong. Von diesen anfangs ambulant behandelten Patienten wurden innerhalb der ersten Woche 1% der Patienten hospitalisiert, 5 % der nicht hospitalisierten Patienten sollten Bettruhe halten. Es ergab sich eine Mortalität von insgesamt 1,8 % nach 90 Tagen und 4,1 % nach 365 Tagen. Ein plötzlicher unerklärlicher Tod trat bei 0,4 % nach 90 und bei 0,5 % nach 365 Tagen auf, bei vorsichtiger Wertung wird dies einer Lungenembolie zugeordnet.
Die Rezidivraten ergaben nach 90 Tagen bei 1,0 % der Patienten eine TVT und bei 1,2 % eine LE. "Die insgesamt 2,2 % aufgetretenen Rezidive nach 90 Tagen liegen etwas unterhalb der großer Studien", ordnete Schellong ein. Auch die Werte, nach denen nach 365 Tagen bei 4,0 % eine TVT auftrat und bei 1,7 % eine LE, liegen mit insgesamt 5,7 % im eher niedrigen Bereich, so Schellong, zudem waren die Blutungsraten sehr gering (Major Bleeding nach 90 Tagen 1,1 %, nach 365 Tagen 1,2 %). "Damit ist die Komplikationsrate in diesem Setting sehr, sehr gering", schloss Schellong.
#Einfache und sichere Thrombosebehandlung
Die Behandlung zuhause mit eigenständiger Verabreichung von Antithrombotika findet immer mehr Verbreitung. Mangels Dosierungsempfehlungen und der mitunter begrenzten Fähigkeit der Patienten, Fertigspritzen zu titrieren oder Einzeldosen aus Multidose-Fläschchen zu entnehmen, bereitet die ambulante Therapie jedoch häufig Probleme und Dosen werden falsch genommen. Zudem muss die parenterale Anwendung i. d. R. zweimal täglich gewichtsadaptiert erfolgen. Einfache Therapieregimes, wie das von Fondaparinux, können diese Schwierigkeiten deutlich minimieren. In einer Serie von klinischen Studien zeigte sich das Pentasaccharid gegenüber niedermolekularen Heparinen in der Thromboseprophylaxe überlegen [2], [3].


Die beiden MATISSE-Studien zur Therapie von tiefen Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien (LE) [2], [3] zeigten an fast 4 500 Patienten, dass Fondaparinux (Arixtra®) mit einer fixen Dosis von 7,5 mg einmal täglich subkutan verabreicht, sowohl bei der TVT als auch bei LE ebenso wirksam ist wie die derzeitige Standardtherapie.
#LE und TVT: Fondaparinux ist vergleichbar mit Standardtherapie
An der MATISSE-LE-Studie [2] nahmen weltweit 2 213 Patienten mit akuter symptomatischer Lungenembolie teil. Die Patienten erhielten über mindestens 5 Tage randomisiert entweder einmal täglich Fondaparinux subkutan (< 50 kg KG: 5 mg; 50-100 kg KG: 7,5 mg; >100 kg KG: 10 mg) oder eine dosisangepasste i.v.-Dauerinfusion mit unfraktioniertem Heparin (UFH). 14,5 % der Fondaparinux-Patienten wurden ambulant behandelt. Während der 3-monatigen Nachbeobachtung hatten 3,8 % (42 der 1 103 Patienten) der auf Fondaparinux randomisierten Patienten thrombotische Ereignisse. Bei den auf UFH randomisierten Patienten traten dagegen bei 5 % (56 von 1 110 Patienten) thrombotische Ereignisse auf (absoluter Unterschied 1,2 %; 95 % Konfidenzintervall: -3,0 % bis 0,5 %). Die Inzidenz größerer Blutungen mit 1,3 % unter Fondaparinux und 1,1 % unter UFH war niedrig und in beiden Gruppen vergleichbar. Ebenfalls vergleichbar war die 3-Monats-Mortalität in beiden Gruppen.
Die MATISSE-TVT-Studie [3] schloss 2205 Patienten mit akuter symptomatischer tiefer Beinvenenthrombose ohne Symptome einer Lungenembolie ein. Die Patienten erhielten randomisiert über mindestens 5 Tage entweder Fondaparinux einmal täglich subkutan (< 50 kg KG: 5 mg; 50-100 kg KG: 7,5 mg; >100 kg KG: 10 mg) oder niedermolekulares Heparin (Enoxaparin zweimal täglich 1 mg/kg KG subkutan) und zusätzlich einen Vitamin-K-Antagonisten für 3 Monate. Ungefähr ein Drittel der Patienten wurde ambulant behandelt. Die Inzidenz rezidivierender venöser Thromboembolien lag in der Fondaparinux-Gruppe bei 3,9 % (43 von 1 098 Patienten) und bei 4,1 % (45 von 1 107 Patienten) in der Enoxaparin-Gruppe (absoluter Unterschied 0,2 %; 95 % Konfidenzintervall: -1,8 % bis 1,5 %). Die Inzidenz größerer Blutungen (1,1% unter Fondaparinux vs. 1,2 % unter Enoxaparin) während der Initialbehandlung war niedrig und ebenso wie die 3-Monats-Mortalität in beiden Gruppen vergleichbar.
#Stabile Patienten zuhause behandeln
Damit zeigte sich das einmal täglich subkutan verabreichte Fondaparinux ohne Monitoring als mindestens genauso wirksam und genauso sicher wie dosisangepasstes i.v. verabreichtes unfraktioniertes Heparin (UFH) und niedermolekulares Heparin (NMH) in der Initialbehandlung von hämodynamisch stabilen Patienten mit Lungenembolie und symptomatisch venösen Thromboembolien, sowohl während des stationären Aufenthalts als auch danach. Auch war es mit Fondaparinux möglich, stabile Patienten zuhause zu behandeln, was in der UFH-Gruppe nicht möglich war.
#Wirksame Thromboseprophylaxe bei internistischen Patienten
Drei Viertel aller venösen Thromboembolien entfallen auf internistische Patienten mit akuten Erkrankungen, die zu thrombotischen Komplikationen führen können. Es hat sich bewährt, solche Patienten einer Thromboseprophylaxe zu unterziehen.
In diesem Zusammenhang untersuchte die ARTEMIS-Studie [4] die Wirksamkeit von Fondaparinux für die Thromboembolieprophylaxe bei älteren internistischen Patienten mit erhöhtem VTE-Risiko und bei Immobilisation wegen akuter Erkrankungen wie z. B. Herzinsuffizienz, akuten Atemwegserkrankungen, akuten infektiösen oder entzündlichen Erkrankungen. Eingeschlossen waren 849 Patienten ab 60 Jahren, die wegen akuter internistischer Krankheiten stationär aufgenommen wurden und mindestens 4 Tage Bettruhe halten sollten. Die Patienten erhielten entweder einmal täglich 2,5 mg Fondaparinux (Arixtra®) subkutan oder Placebo für 6-14 Tage. Die primäre Zielgröße für die Wirksamkeit war eine venöse Thromboembolie, die im Rahmen einer routinemäßigen beidseitigen Phlebografie entdeckt wurde, oder eine symptomatische venöse Thromboembolie bis Tag 15. Sekundäre Endpunkte waren schwere Blutungen oder Tod. Die Nachuntersuchung der Patienten erfolgte über einen Monat.
Unter Fondaparinux entwickelten 5,6 % (18 von 321) der Patienten eine venöse Thromboembolie, unter Placebo 10,5 % (34 von 323 Patienten). Damit zeigte die Studie eine signifikante Reduktion (relative Risikoreduktion 46,7 %; 95 % Konfidenzintervall: 7,7 % bis 69,3 %) venöser Thromboembolien inklusive tödlicher Lungenembolien mit Fondaparinux, verglichen mit Placebo bei vergleichbarer Blutungsneigung. In der Placebo-Gruppe trat bei 5 Patienten (1,5 %) eine symptomatische venöse Thromboembolie auf, in der Fondaparinux-Gruppe bei keinem der Patienten (p = 0,029). Größere Blutungen hatte in jeder Gruppe jeweils 1 Patient (0,2 %) und sie lagen damit auf Placeboniveau. Somit lässt sich auch bei internistischen Patienten das Thromboserisiko reduzieren.
#Einfaches und sicheres Behandlungsregime
Der selektive Faktor Xa-Hemmer Fondaparinux ist in der Therapie bei TVT und LE mindestens ebenso wirksam und sicher wie UFH und NMH. Bei internistischen Patienten reduziert er das Risiko für venöse Thromboembolien signifikant, bei einem Blutungsrisiko auf Placeboniveau. Einen großen Vorteil stellt die einmal tägliche Anwendung von Fondaparinux in fixer Dosierung dar. Damit bietet es den Patienten und Kliniken ein einfaches Behandlungsregime, das eine Therapie zuhause möglich macht.
stta
Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der GlaxoSmithKline GmbH, München. Die Autorin ist Redakteurin im Georg Thieme Verlag KG |
Quellen
-
01 GSK Lunch Symposium "VTE-Management 2010 - Risk & Benefit", im Rahmen der 54. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose und Hämostaseforschung (GTH) am 26. 02.2010 in Nürnberg.
- 02 Büller H R, et al . N Engl J Med. 2003; 349 1695-1702
- 03 Büller H R, et al . Arch Intern Med. 2004; 140 867-873
- 04 Cohen A T, et al . BMJ. 2006; 332 325-329
Quellen
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01 GSK Lunch Symposium "VTE-Management 2010 - Risk & Benefit", im Rahmen der 54. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose und Hämostaseforschung (GTH) am 26. 02.2010 in Nürnberg.
- 02 Büller H R, et al . N Engl J Med. 2003; 349 1695-1702
- 03 Büller H R, et al . Arch Intern Med. 2004; 140 867-873
- 04 Cohen A T, et al . BMJ. 2006; 332 325-329


Bild: Jupiter Images, CD 159

