B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2010; 26(5): 187
DOI: 10.1055/s-0030-1262560
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26 October 2010 (online)

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Liebe Leserinnen, liebe Leser! 

„Die sich verändernden Lebens-, Arbeits- und Freizeitbedingungen haben entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit. Die Art und Weise, wie eine Gesellschaft die Arbeit, die Arbeitsbedingungen und die Freizeit organisiert, sollte eine Quelle der Gesundheit und nicht der Krankheit sein.“ [1] 

Der Arbeitsplatz als Ort, an dem Gesundheit entsteht – so hatten es sich die Verfasser der Ottawa-Charta gewünscht. Nach wie vor bildet dieses Dokument aus dem Jahr 1986 die grundlegende Handlungsempfehlung für alle gesundheitsfördernden Aktivitäten. Was ist aus diesem Wunsch geworden? Was davon wurde heute, 24 Jahre später, erreicht? 

Nehmen wir als Vergleichsmaßstab die Entwicklungen, die in dieser Zeit in der Informations- und Kommunikationstechnologie stattgefunden haben. Das heute allgegenwärtige Mobiltelefon war damals noch völlig unbekannt, und die aktuellen Möglichkeiten der Navigationstechnologie hätte man eindeutig in den Bereich der Science-Fiction verwiesen. Die wenigen PCs hatten noch keine Festplatten, lächerliche Prozessoren und waren den EDV-Spezialisten vorbehalten. 

Erst dieser Vergleich macht deutlich, wie wenig wir an echter Weiterentwicklung auf dem Gebiet der betrieblichen Gesundheitsförderung erreicht haben. Ein Zeichen dafür ist die Diskussion um die im Jahr 2012 beginnende allmähliche Erhöhung des Renteneintrittsalters bis auf 67 Jahre. Diese Maßnahme wird für die Jahrgänge ab 1964 voll wirksam. Wäre der Arbeitsplatz tatsächlich eine „Quelle der Gesundheit“, würde nicht jede gesellschaftlich notwendige Verlängerung der Lebensarbeitszeit von einem kollektiven Aufschrei begleitet werden. Inzwischen haben wir ein Renteneintrittsalter von etwas über 63 Jahren erreicht, sind also von der derzeitigen Zielgröße 65 Jahre noch erheblich entfernt. 

Alle verfügbaren Daten zeigen, dass der überwiegende Teil der Krankheitslast durch verhaltensbedingte Erkrankungen verursacht wird. Verhalten und die dafür verantwortlichen Einstellungen lassen sich aber nur ändern, wenn die Menschen in angemessener Weise erreicht werden. Im Erwachsenenalter ist das am ehesten über den Arbeitsplatz möglich. 

Was ist zu also zu tun, um die in jeder Hinsicht wichtige und überzeugende Idee der Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz erfolgreicher umzusetzen? Der bisherige, nur wenig sichtbare Erfolg sollte kein Grund zur Resignation, sondern Anlass zu verstärkten Bemühungen sein. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit sind dabei folgende Aspekte von Bedeutung: 

  • Die komplexen Aufgaben der betrieblichen Gesundheitsförderung lassen sich nur interdisziplinär lösen.

  • Demografische Entwicklungen haben einen zentralen Einfluss auf die betriebliche Gesundheitsförderung.

  • Betriebliche Gesundheitsförderung muss durch Evaluation ihre Wirksamkeit unter Beweis stellen.

  • Betriebliche Gesundheitsförderung muss in ein Gesamtsystem der Gesundheitsversorgung effektiv integriert werden.

Der konzeptionellen Planung der Veranstaltung „Demografie und Gesundheitsressourcen“ liegen gerade diese Überlegungen zugrunde, die in den „Leipziger Thesen“ noch differenzierter ausformuliert wurden. 

Die erfolgreiche Gesundheitsförderung im Betrieb ist aber auch abhängig von der Kommunikation zwischen Mitarbeitern, Unternehmern, Arbeitsmedizinern, Kostenträgern und Programmanbietern. Die Leipziger Veranstaltung bietet den Teilnehmern dafür ein inspirierendes Forum. Betriebliche Gesundheitsförderung ist mit Prävention und Rehabilitation unmittelbar verknüpft. Deshalb bietet dieses Heft allen Lesern eine hervorragende Zusammenstellung des aktuellen Diskussionsstandes. 

Ihr
Gerhard Huber

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Literatur

  • 1 Ottawa-Charta der WHO. 1986
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Literatur

  • 1 Ottawa-Charta der WHO. 1986