Anforderungen an den Erwerb der Zusatzweiterbildung nach der MWBO 2003
Im Rahmen der geänderten (Muster-) Weiterbildungsordnung (MWBO 2003) wurde auf Vorschlag der Bundesärztekammer vom DÄT auch die Einführung der Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" beschlossen. Die rechtstechnisch notwendige Umsetzung dieser neuen Zusatzweiterbildung in den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern erfolgte weitgehend einheitlich nach den Vorgaben der (Muster-) Weiterbildungsordnung in den darauf folgenden Jahren 2004 bis 2006. Im Bereich der Ärztekammer Berlin erfolgte die Umsetzung mit Wirkung zum 13.04.2006.
Seit der Umsetzung der Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" in den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern sind außer Radiologen auch andere ärztliche Fachgruppen berechtigt, "in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Durchführung und Befundung gebietsbezogener Bildgebungsverfahren mittels Magnetresonanztomografie" zu erlernen. Ziel der Zusatzweiterbildung ist die Erlangung der fachlichen Kompetenz in fachgebundener Magnetresonanztomografie nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit und Weiterbildungsinhalte und einem erfolgreichen Fachgespräch vor der Landesärztekammer.
Die vorgeschriebene reguläre Weiterbildungszeit beträgt 24 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten für Radiologie gemäß § 5 Abs. 1 MWBO, davon können bis zu
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12 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 MWBO abgeleistet werden,
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12 Monate im ambulanten Bereich abgeleistet werden.
Darüber hinaus sind nach den (Muster-)Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung (MWBO 2003) für die Facharztkompetenz Innere Medizin und Schwerpunkt Kardiologie sowie für die Facharztkompetenz Orthopädie und Unfallchirurgie als Richtzahl die Durchführung und Befundung von 1000 gebietsbezogenen Magnetresonanztomografien unter Anwendung von Arznei- und Kontrastmitteln vorgeschrieben.
Bei der Einführung der neuen Zusatzweiterbildung bestand Konsens, dass ein erleichterter Erwerb der Zusatzweiterbildung nur nach den allgemeinen Übergangsbestimmungen gemäß § 20 Abs. 8 MWBO erfolgen sollte. Dies beruhte auf der Tatsache, dass für die Anerkennung von Vertrauensschutztatbeständen prinzipiell keine Notwendigkeit bestand, weil die Magnetresonanztomografie bis zur Einführung der Zusatzweiterbildung für andere Fachgebiete fachgebietsfremd gewesen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.07.2004, Az.: 1 BvR 1127/01, NZS 2005, S. 91 ff.; BSG, Urteil vom 31.01.2001, Az.: B 6 KA 24/00 R = MedR 2001, S. 535). Eine Weiterbildung innerhalb einer Methode, die von dem betreffenden Fachgebiet nicht erfasst wird, ist jedoch grundsätzlich nicht möglich, sodass die Anerkennung von Weiterbildungszeiten, die vor der Einführung der Zusatzweiterbildung stattgefunden hat, nur in Ausnahmefällen möglich ist. In der Folgezeit fand der Erwerb der Zusatzweiterbildung für Ärzte, die bereits Weiterbildungszeiten im Bereich der Magnetresonanztomografie absolviert hatten, in den Landesärztekammern auf der Grundlage der allgemeinen Übergangsbestimmungen statt, deren Voraussetzungen bundesweit einheitlich in den Weiterbildungsordnungen aufgeführt sind.
Nach den allgemeinen Übergangsbestimmungen kann der Erwerb der Zusatzweiterbildung erfolgen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
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Mindestens 24-monatige regelmäßige Tätigkeit an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen im Bereich Magnetresonanztomografie innerhalb der letzten 8 Jahre vor Einführung der Zusatzweiterbildung,
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Nachweis einer ganztätigen und hauptberuflichen Weiterbildung,
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Nachweis einer überwiegenden Tätigkeit und Erwerb umfassender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten,
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Erfolgreiche Ablegung einer Prüfung.
Die Voraussetzungen für den Erwerb der Zusatzweiterbildung sind grundsätzlich restriktiv auszulegen. Bei der Auslegung des Begriffs "umfassende Kenntnisse" ist darüber hinaus der Inhalt der Weiterbildung der jeweiligen Zusatzweiterbildung heranzuziehen; mit anderen Worten: Maßgeblich sind also die in der Zusatzweiterbildung beschriebenen Weiterbildungsinhalte, die der Arzt "umfassend" erworben haben muss.
9. Nachtrag zur Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin von 2010
Nach dieser eindeutigen Feststellung, dass ein Erwerb der Zusatzweiterbildung im Rahmen der Übergangsbestimmungen nicht ohne die ganztägige Durchführung "in hauptberuflicher Stellung" möglich ist, hätte man annehmen sollen, dass die Gremien der Ärztekammer Berlin von weiteren Nivellierungsversuchen der Anforderungen an die Zusatzweiterbildung Abstand nehmen würden. Das ist jedoch nicht der Fall. In einem 9. Nachtrag zur Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin vom 04.08.2010 war nun vorgesehen, dass die reguläre Weiterbildungszeit zur Erlangung der Zusatz-Weiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" ersetzt werden kann durch folgende Anforderungen:
"in einer Frist von 5 Jahren nach Inkrafttreten des 9. Nachtrags dieser Weiterbildungsordnung ersetzbar durch
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Indikationsstellung, Planung, Anordnung und Befundung von mindestens 750 gebietsbezogenen Untersuchungen mittels Magnetresonanztomografie in mindestens 250 h von der Ärztekammer anerkannten fachgebundenen Fallseminaren unter Leitung eines Weiterbildungsbefugten für Radiologie gemäß § 5 Abs. 1,
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Indikationsstellung, Planung, Anordnung und Durchführung von mindestens 250 gebietsbezogenen Untersuchungen mittels Magnetresonanztomografie im Rahmen von Hospitationen bei einem zur Weiterbildungsbefugten für Radiologie gemäß § 5 Abs. 1. Die Durchführung ist zu dokumentieren und durch ein Zeugnis nachzuweisen und
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200 h Kurs Weiterbildung gemäß § 4 Abs. 8 in Magnetresonanztomografie, dann Erwerb von Kenntnissen gemäß den Richtlinien (Logbuch) dieses Weiterbildungsganges."
Die Einführung dieser Weiterbildungszeiten sollte grundsätzlich zusätzlich zu der Möglichkeit des Erwerbs der Zusatzbezeichnung im Rahmen der Allgemeinen Übergangsbestimmungen nach § 21 Abs. 8 der Weiterbildungsordnung erfolgen. Während der Anwendungsbereich der Allgemeinen Übergangsbestimmungen auf die Fälle beschränkt ist, in denen Ärzte bei Einführung einer neuen Zusatzweiterbildung in der jeweiligen Zusatzweiterbildung innerhalb der letzten 8 Jahre vor der Einführung mindestens die gleiche Zeit regelmäßig an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen tätig waren, sollten durch den geplanten Zusatz die Weiterbildungszeiten innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren nach Inkrafttreten des 9. Nachtrags generell für alle Ärzte abgesenkt werden.
Gegen die in dem Entwurf des 9. Nachtrags vorgesehenen Weiterbildungszeiten bestanden jedoch, ebenso wie gegen den 8. Nachtrag, erhebliche rechtliche Bedenken.
Verstoß gegen das Berliner Gesetz über die Weiterbildung von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern
Prinzipiell sieht die Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin für die Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" in Nr. 23 des Abschnitts C folgende Weiterbildungszeit vor, die bundesweit gleichlautend von allen Ärztekammern im Anschluss an die Novellierung der Muster-Weiterbildungsordnung übernommen worden ist und in Berlin am 13.04.2006 in Kraft getreten ist:
"Weiterbildungszeit: 24 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten für Radiologie gemäß § 5 Abs. 1, davon können bis zu
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12 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 abgeleistet werden,
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12 Monate im ambulanten Bereich abgeleistet werden."
Zudem wird auch nach den "Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung" (Stand: 13.04.2006) der Ärztekammer Berlin für den Erwerb der Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" eine Richtzahl von insgesamt 1000 gebietsbezogenen Magnetresonanztomografien gefordert.
Die im 9. Nachtrag vorgesehenen Weiterbildungszeiten für einen begrenzten Zeitraum von 5 Jahren nach dessen Inkrafttreten und die seit 2006 festgelegten allgemeinen Weiterbildungszeiten wurden alternativ ("oder") für den Erwerb der Zusatzbezeichnung nebeneinander gestellt. Vergleicht man die Voraussetzungen beider Weiterbildungszeiten, wird jedoch deutlich, dass die Anforderungen an die Weiterbildungszeiten im 9. Nachtrag weit hinter den bisher geltenden regulären Weiterbildungszeiten zurückblieben.
Während regulär als Weiterbildungszeit insgesamt mindestens 24 Monate bei einem weiterbildungsbefugten Arzt vorgeschrieben werden, in denen insgesamt 1000 MRT unter Anwendung von Arznei- und Kontrastmitteln "durchgeführt und befundet" werden müssen, werden nach dem 9. Nachtrag lediglich 250 MRT-Untersuchungen gefordert, die selbstständig duchgeführt werden müssen. Eine Weiterbildungszeit ist für diese Untersuchungen nicht vorgeschrieben. Daneben sind eine ausschließliche Befundung von weiteren 750 MRT-Untersuchungen in einer Weiterbildungszeit von 250 h in einem von der Ärztekammer anerkannten fachgebundenen Fallseminar unter Leitung eines Weiterbildungsbefugten in der Radiologie und 200 weitere Stunden Weiterbildungskurse im Bereich der Magnetresonanztherapie erforderlich.
Die gemäß § 4 Abs. 1 und 4 des Berliner Gesetzes zur Weiterbildung von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern vom 18.11.2009 (GVBl. für Berlin, S. 674) geforderte "praktische Berufstätigkeit" und die "ganztägige" Durchführung "in hauptberuflicher Stellung" wird damit für Ärzte, die ihren Antrag auf Anerkennung im Rahmen des 9. Nachtrags stellen, praktisch aufgehoben. Von der regulär nach § 4 Abs. 2 des Weiterbildungsgesetzes für "Teilgebiete" erforderlichen Weiterbildungszeit von mindestens "2 Jahren" wird die Dauer der Tätigkeit auf insgesamt 250 h "fachgebundene Fallseminare" und zusätzlich 200 h Weiterbildungskurse reduziert. Diese "Weiterbildungszeiten" erfüllen einerseits bereits die formalen Anforderungen des § 4 Abs. 1 und 4 des Weiterbildungsgesetzes nicht ("ganztätige Durchführung in hauptberuflicher Stellung"); andererseits liegt deren Umfang erheblich unter der regulären 24-monatigen Weiterbildung.
Schließlich wird das Erfordernis der selbstständigen Durchführung der Magnetresonanztomografie von 1000 Untersuchungen auf lediglich 250 Untersuchungen abgeschwächt, ohne dass der zeitliche Rahmen, in dem diese Untersuchungen durchgeführt werden müssen, festgelegt wäre. Gefordert wird zudem auch hier keine Tätigkeit in "ganztägiger hauptberuflicher Stellung", sondern eine Tätigkeit "im Rahmen von Hospitationen". Die Weiterbildungsdauer und die -inhalte des 9. Nachtrags bleiben damit in ihren Anforderungen weit hinter den regulären Anforderungen zurück, die bereits seit 2006 in der Berliner Ärztekammer für die Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" bestehen. Der geplante 9. Nachtrag zur Weiterbildungsordnung verstößt daher gegen § 4 Abs. 1 und 4 des Berliner Gesetzes über die Weiterbildung von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern.
Unzulässige Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG
Welche sachlichen Gründe für eine derartige Nivellierung der weiterbildungsrechtlichen Anforderungen der Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" für einen begrenzten Zeitraum von 5 Jahren nach Inkrafttreten des 9. Nachtrags bestehen, ist nicht bekannt. Allerdings ist nicht erkennbar, warum eine Gruppe von Ärzten für ein begrenztes Zeitfenster von 5 Jahren die Zusatzweiterbildung praktisch zu Bedingungen erwerben kann, die erheblich unter den Anforderungen der Weiterbildungszeiten und -inhalten liegen, die seit dem Inkrafttreten der Zusatzweiterbildung am 13.04.2006 von Ärzten gefordert worden sind und die nach Ablauf der 5 Jahre erneut gefordert werden können.
Zunächst stellt sich die Frage, welche Gründe überhaupt für die Einführung dieser Regelung speziell für den vorgesehenen Zeitraum sprechen; d.h. warum eine Bevorzugung von Ärzten in dem dargestellten Umfang stattfindet. Soweit von dem Erfordernis der "ganztätigen" Weiterbildung abgewichen werden soll, kann die Ärztekammer nach § 4 Abs. 5 des Berliner Gesetzes über die Weiterbildung von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern eine Ausnahmeregelung im Einzelfall treffen, wobei die Weiterbildung allerdings "in mindestens halbtätiger Teilzeitarbeit erfolgen" muss. Dies spricht dafür, dass die Ausnahmeregelungen des 9. Nachtrags weder erforderlich noch mit dem über der Weiterbildungsordnung stehenden Weiterbildungsgesetz des Landes Berlin vereinbar sind.
Durch die in dem 9. Nachtrag geplante Änderung der Weiterbildungszeiten für die Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" wäre damit in der Ärztekammer Berlin insgesamt 4 Jahre nach der Einführung der Zusatzweiterbildung eine neue Übergangsregelung geschaffen worden, die es Ärzten für einen Zeitrahmen von maximal 5 Jahren ermöglichen sollte, die Zusatzweiterbildung zu erheblich erleichterten Bedingungen zu erwerben. Dies stellt eine sachlich nicht gerechtfertigte Bevorzugung der Ärzte dar, die in diesem Zeitfenster ihre Weiterbildung absolvieren können. Für eine Bevorzugung dieser Ärzte ist indes kein sachlicher Grund ersichtlich, sodass die Ausnahmeregelung des 9. Nachtrags wegen einer unzulässigen Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG rechtswidrig erscheint.
Prinzipiell ist in der Ärztekammer Berlin vorgesehen, dass Kammermitglieder nach der geltenden Übergangsregelung in § 22 Abs. 8 der Weiterbildungsordnung die Möglichkeit haben, die Zusatzbezeichnung unter erleichterten Bedingungen zu erwerben. Die Anforderungen für Ärzte, die nach dieser Übergangsregelung die Zusatzweiterbildung erwerben wollen, sind jedoch erheblich größer, als die nach den Regelungen in dem geplanten 9. Nachtrag.
Diese bundesweit in allen Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern vorgesehene Übergangsregelung hat in Berlin folgenden Wortlaut:
"(8) Kammerangehörige, die bei Einführung einer neuen Bezeichnung in diese Weiterbildungsordnung in dem jeweiligen Gebiet, Schwerpunkt oder der jeweiligen Zusatzweiterbildung innerhalb der letzten acht Jahre vor der Einführung mindestens die gleiche Zeit regelmäßig an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen tätig waren, welche der jeweiligen Mindestdauer der Weiterbildung entspricht, können auf Antrag die Anerkennung zum Führen dieser Bezeichnung erhalten. Der Antragsteller hat den Nachweis einer regelmäßigen Tätigkeit für die in Satz 1 angegebene Mindestdauer in dem jeweiligen Gebiet, Schwerpunkt oder Zusatzweiterbildung zu erbringen. Aus dem Nachweis muss hervorgehen, dass der Antragsteller in dieser Zeit überwiegend im betreffenden Gebiet, Schwerpunkt oder der entsprechenden Zusatzweiterbildung tätig gewesen ist und dabei umfassende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben hat. Anträge sind innerhalb einer Frist von zwei Jahren zu stellen."
Für die in der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe gleichlautende Übergangsregelung hat das VG Münster (Urteil vom 12.12.2008, Az.: 10 K 747/08) mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts festgestellt, dass diese verfassungsgemäß ist und zugleich in dem betreffenden Urteil die Voraussetzungen für den Erwerb der "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" im Rahmen der Übergangsbestimmungen festgelegt.
Einerseits hat das VG Münster ausgeführt, dass die Durchführung von MRT-Untersuchungen durch Ärzte in eigener Praxis nicht anerkannt werden kann, da es sich nicht um vergleichbare Weiterbildungsstätten handelt, denn die Weiterbildung hat auch im Rahmen des Übergangsrechts bei einem zur Weiterbildung befugten Arzt nach § 5 Abs. 1 zu erfolgen. Darüber hinaus hat das VG Münster festgestellt, dass "eine überwiegende Tätigkeit nur dann vorliegt, wenn sie mehr als die Hälfte der ganztägigen regelmäßigen Arbeitszeit ausmacht." Das bedeutet, dass im Rahmen des Übergangsrechts im Bereich der Magnetresonanztomografie mindestens folgende Weiterbildungszeiten erfüllt werden müssen:
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1. insgesamt mindestens 24 Monate,
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2. mehr als 20 h pro Woche,
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3. die Weiterbildung muss komprimiert innerhalb der 24 Monate abgeleistet werden und darf sich nicht auf einen längeren Zeitraum erstrecken.
Das VG Münster kann sich bzgl. dieser Auslegung auf die Entscheidungen des OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2007 - 13 A 2840/04 -, GewArch 2008, 117 und des VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juli 2000 - 9 S 157/00 -, NJW 2001, 2817 berufen, die beide davon ausgehen, dass die Übergangsregelung in § 22 Abs. 8 als Ausnahmeregelung eng ausgelegt werden und dass innerhalb von 2 Jahren eine Tätigkeit bestimmten Umfangs und mit bestimmten qualitativen Anforderungen erfolgt sein muss. Letztere haben sich dabei an dem in der Weiterbildungsordnung beschriebenen Weiterbildungsinhalt zu orientieren.
Verfassungsrechtlicher Ansatz für eine Erleichterung der Weiterbildungsanforderungen nach den Übergangsbestimmungen ist der Vertrauensschutz für diejenigen Ärzte, die bei Einführung der Zusatzbezeichnung bereits langjährig auf diesem Feld tätig waren und im Rahmen ihrer praktischen Berufstätigkeit spezielle Kenntnisse erworben haben. Ihnen soll erspart werden, sich der neu normierten Weiterbildung unter Beeinträchtigung ihrer bereits erreichten beruflichen Stellung zu unterziehen und berufliche Benachteiligungen gegenüber jüngeren Ärzten auszuschließen, die die Weiterbildung von vornherein in ihre berufliche Planung einbeziehen können.
Allerdings sind selbst bei diesen Ärzten, die sich auf den Vertrauensschutz berufen können, die Grenzen für die Anerkennung ihrer Tätigkeiten im Rahmen des Übergangsrechts eng auszulegen. Dies ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung eindeutig anerkannt. Insbesondere erlauben selbst diese Übergangsbestimmungen keine Abstriche von den inhaltlichen Anforderungen an die besonderen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten eines Arztes.
Hierzu führt das OVG Niedersachsen in einem Beschluss vom 27.07.2004 (Az.: 8 LA 55/04; MedR 2005, 299) Folgendes aus:
"Diese Übergangsbestimmungen erlauben keinen Abstrich von den inhaltlichen Anforderungen an die besonderen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten des Arztes. Denn jede Arztbezeichnung, auch die aufgrund der Übergangsbestimmungen des § 23 WBO 2004 erlangte, soll die Patienten schützen, indem sie bestätigt, dass der so ausgewiesene Arzt die mit der besonderen Bezeichnung verbundenen besonderen fachlichen Fähigkeiten auch besitzt. Eine Differenzierung zwischen Übergangs- und Regelbewerbern nach dem Umfang der spezialärztlichen Kenntnisse und Erfahrungen ist damit nicht zulässig. Der Unterschied besteht nicht im Umfang der Befähigung, sondern allein in der Art und Weise, in der sie erworben wurde."
In gleicher Weise äußert sich der VGH Baden-Württemberg vom 09.03.2004 (Az.: 9 S 656/03; MedR 2005, 50):
"Die Auslegung der Übergangsbestimmungen, namentlich was unter einer "überwiegenden" Tätigkeit zu verstehen ist und wann "umfassende" Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten vorliegen, hat sich an deren Zweck zu orientieren. Sie soll Ärzten, die bereits vor Einführung der neuen Gebietsbezeichnung langjährig auf diesem Feld tätig waren und im Rahmen ihrer praktischen Berufstätigkeit spezielle Kenntnisse erworben haben, ersparen, sich der neu normierten Weiterbildung unter Beeinträchtigung ihrer bereits erreichten beruflichen Stellung zu unterziehen, und berufliche Benachteiligungen gegenüber jüngeren Ärzten ausschließen, die die Weiterbildung von vornherein in ihre berufliche Planung einbeziehen können. Die genannten Übergangsbestimmungen erlauben nach ihrem Schutzzweck jedoch keinen Abstrich an den inhaltlichen Anforderungen an die besonderen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten des Arztes. Jede Arztbezeichnung - auch die nach § 22 Abs. 3 WBO 1995 erlangte - soll die Patienten schützen, indem sie bestätigt, dass der ausgewiesene Arzt die mit der Bezeichnung verbundenen besonderen fachlichen Fähigkeiten auch besitzt. Eine Differenzierung zwischen Übergangs- und Regelbewerbern nach dem Umfang der spezialärztlichen Kenntnisse und Erfahrungen in quantitativer oder qualitativer Hinsicht ist damit nicht zulässig. Der Unterschied besteht nicht im Umfang der Befähigung, sondern allein in der Art und Weise, wie sie erworben wurde (siehe Senat, Urteile vom 28.03.2000 - 9 S 1994/99 -, vom 20.06.2000 - 9 S 1993/99 -, VGH BW-Ls 2000, Beilage 9, B 7 und - 9 S 2116/99 -, VGH BW-Ls 2000, Beilage 9, B 6, ArztR 2001, 44-47)."
Der Entwurf des 9. Nachtrags zur Änderung der Zusatzbezeichnung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" sah jedoch eine solche Differenzierung zwischen den Übergangs- und Regelbewerbern "nach dem Umfang der spezialärztlichen Kenntnisse und Erfahrungen in quantitativer oder qualitativer Hinsicht" in erheblichem Umfang vor, da nicht einmal ansatzweise die Weiterbildungsvoraussetzungen gefordert werden, die unter den verfassungsrechtlich gebotenen Bedingungen des Übergangsrechts nach § 22 Abs. 8 der Weiterbildungsordnung vorgeschrieben sind. Insbesondere wird die in der Definition der Zusatzweiterbildung vorgesehene "Durchführung" der Magnetresonanztomografie nicht an die regulär vorgeschriebene 24-monatige ganztägige Weiterbildung in hauptberuflicher Stellung angekoppelt. Es werden lediglich 250 durchgeführte Untersuchungen verlangt. In welchem Zeitraum diese Untersuchungen durchgeführt werden müssen, wird gerade nicht festgelegt. Damit müssen selbst diejenigen Ärzte, die aufgrund der Übergangsbestimmungen des § 22 Abs. 8 der Weiterbildungsordnung die Zusatzweiterbildung erwerben wollen, Weiterbildungszeiten und -inhalte mit erheblich größerem Umfang erfüllen, da diese prinzipiell in die Nähe der regulären Anforderungen der Zusatzweiterbildung kommen. Demgegenüber soll nach dem geplanten 9. Nachtrag eine Gruppe von Ärzten, die keinerlei Vertrauensschutz besitzt, weil sie zum Zeitpunkt der Einführung der Zusatzbezeichnung im Jahre 2006 in diesem Bereich nicht tätig war und die sich damit bereits seit 4 Jahren auf die Weiterbildungsanforderungen der Zusatzweiterbildung einstellen konnte, hinsichtlich der abzuleistenden Weiterbildungszeit und -inhalte erheblich besser gestellt werden als alle anderen Ärzte.
Damit besteht jedoch für die erleichterten Anforderungen an den Erwerb der Zusatzweiterbildung des 9. Nachtrags kein sachlicher Grund, sodass alle Ärzte, die nicht unter diese Ausnahmeregelung fallen, willkürlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG benachteiligt und damit zugleich in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG in rechtswidriger Weise tangiert werden.
Patientenschutz
Aus Gründen des Patientenschutzes sind vielmehr die erhöhten Anforderungen nach den Übergangsbestimmungen des § 22 Abs. 8 der Weiterbildungsordnung erforderlich, sodass eine Abweichung von diesen Vorgaben prinzipiell nicht möglich ist.
Das VG Münster (Urteil vom 12.12.2008, Az.: 10 K 747/08) hat für den Bereich der Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" festgestellt, dass die Einhaltung dieser Anforderungen dem Patientenschutz und damit dem Gemeinwohl dient:
"Die Gemeinwohlbelange liegen generell darin, dass Weiterbildungsordnungen mit vorgesehenen zusätzlichen Bezeichnungen für Ärzte eine größere Erkennbarkeit und Transparenz der Qualifikation eines Arztes bewirken und damit letztlich dem Schutz des Patienten dienen, weil dieser beispielsweise mit einer bestimmten Gebiets-, Teilgebiets- oder Bereichsbezeichnung eine besondere medizinische Qualifikation des Arztes verbindet (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2007, a.a.O.). Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen auch sachliche Gründe dafür, die Zulassung zur Prüfung von der Absolvierung einer bestimmten Mindestweiterbildungszeit an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen abhängig zu machen. Die Zusatzbezeichnung, die ein Arzt nach bestandener Prüfung führen darf, deutet nicht nur darauf hin, dass eine Prüfung erfolgreich absolviert wurde, sondern vermittelt den Patienten auch den Eindruck, dass die erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in Form einer Weiterbildung vermittelt worden sind. Dass ein Arzt, der eine eigene Praxis führt und seine Tätigkeit nicht unterbrechen möchte, die erforderliche Weiterbildungszeit nicht erbringen kann, liegt in der Natur der Sache und ist hinzunehmen."
Dadurch, dass jetzt in Berlin der 9. Nachtrag zur Weiterbildungsordnung 4 Jahre nach Einführung der Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" für einen gewählten Zeitraum von 5 Jahren in unzulässiger Weise die Anforderungen an die Weiterbildungszeit und die -inhalte massiv herabsetzt, wird jedoch der Patientenschutz erheblich vernachlässigt. Kein Arzt kann ohne fachliche Vorkenntnisse das Verfahren der Magnetresonanztomografie in den im 9. Nachtrag vorgesehenen Weiterbildungszeiten erlernen.
Die Richtlinien der Ärztekammer Berlin sehen im Bereich Magnetresonanztomografie für Radiologen eine Richtzahl von 3000 Untersuchungen vor. Daneben müssen Radiologen für die weiteren diagnostischen Verfahren ihres Fachgebiets weitere umfangreiche Richtzahlen erfüllen, um die betreffende Methode in praktischer Hinsicht zu erlernen. Demgegenüber hat die Bundesärztekammer bei Einführung der Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomografie - fachgebunden" für die nichtradiologischen Fachgebiete eine Richtzahl von lediglich 1000 Untersuchungen vorgeschrieben. Diese Richtzahl ist bei Facharztgruppen wie Orthopäden und Kardiologen, die bisher keinerlei praktische Kenntnisse und Erfahrungen in dieser Schnittbilddiagnostik gemacht haben, erforderlich, damit sie sich mit diesem diagnostischen Verfahren wie Radiologen vertraut machen können.
Dies gilt vor allen Dingen auch deshalb, weil die selbstständige Durchführung der Magnetresonanztomografie bis zur Einführung der Zusatzweiterbildung für andere Fachgebiete prinzipiell fachgebietsfremd war, weil diese nicht zu den Inhalten und Zielen der Weiterbildung dieser Fachärzte gehörte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.07.2004, Az.: 1 BvR 1127/01; NZS 2005, 91; BSG, Urteil vom 31.01.2001, Az.: B 6 KA 24/00 R; MedR 2001, 535).
Die Tatsache, dass die Magnetresonanztomografie, trotz fehlender ionisierender Strahlen generell nicht ungefährlich ist und zu körperlichen Schäden bei den Patienten führen kann, ist durch die "Empfehlungen zur sicheren Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik" der Strahlenschutzkommission vom 19./20. September 2002 (BAnz. Nr. 72 vom 12. April 2003) der Stellungnahme der Bundesärztekammer in ihren Leitlinien zur Qualitätssicherung der Magnetresonanztomografie vom 29.01.1999 (Veröffentlicht im Deutschen Ärzteblatt 97, Heft 39, 29. September 2000, Seite A 2557-A 2568) und der Kernspintomografie-Vereinbarung nach § 135 Abs. 2 SGB V belegt. Neben etwaigen körperlichen Beeinträchtigungen der Patienten durch eine medizinisch nicht indizierte Anwendung der Magnetresonanztomografie sind vor allen Dingen Fehlbefundungen aufgrund mangelnder Qualifikation des anwendenden Arztes und die sich hieraus ergebenden fehlerhaften Indikationsstellungen für Folgetherapien zu nennen. Insbesondere das bei nicht radiologischen Fachgebieten nicht vorhandene Überweisungserfordernis führt in der GKV zu einem Ausschluss des "Mehraugenprinzips", sodass die Anwendung der Magnetresonanztomografie hier eine weitaus größere Gefahrenquelle als bei Radiologen in sich birgt.
Die Bundesärztekammer weist in ihren Leitlinein darauf hin, dass die Magnetresonanztomografie gegenüber allen anderen Schnittbildverfahren die Fähigkeit des Arztes erfordert, "die Messbedingungen und die Messparameter der Fragestellung" anzupassen, um erfolgreich über die Auswertung der Schnittbilder und der anderen Messergebnisse zu einem aussagekräftigen Befund zu kommen.
In diesem Zusammenhang ist außerdem auf das "Gesetz zur Regelung des Schutzes vor nicht ionisierender Strahlung - NiSG" vom 17.03.2009 hinzuweisen (BT-Drucksache 16/12276), das auch für den Bereich der Magnetresonanztomografie zukünftig eine Fachkunde vorsieht. Das NiSG ist am 29.07.2009 vom Bundestag verabschiedet worden (BGBL. I, S. 2433). Die Anforderungen an die notwendige Fachkunde sollen nach § 5 Abs. 1 NR. 2 NiSG auf der Basis des Gesetzes in einer Verordnung konkretisiert werden, die derzeit vom Bundesumweltministerium erarbeitet wird. Dies gilt ebenso für die Abnahme entsprechender Prüfungen. Die Einführung einer gefahrenabwehrrechtlich begründeten Fachkunde für die Magnetresonanztomografie belegt, dass die Bundesregierung, ähnlich wie bei der Fachkunde nach RöV, dem Patientenschutz im Bereich der Magnetresonanztomografie erhebliche Bedeutung beimisst und daher die Vorschläge zur Absenkung der Weiterbildungsanforderungen in dem 9. Nachtrag vor diesem Hintergrund völlig unverständlich sind.