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DOI: 10.1055/s-0030-1267880
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Postoperative Komplikationen – Frühes und intensives Anti-Raucher-Programm hilft
Publication History
Publication Date:
06 October 2010 (online)
Der Genuss von Tabak per Inhalationem hat einen erheblichen gesundheitlichen und ökonomischen Effekt und stellt ein erhöhtes Risiko für postoperative Komplikationen nach chirurgischen Interventionen dar. Die vorliegende Studie untersuchte den Einfluss eines frühen perioperativen Anti-Raucher-Programms auf postoperative Komplikationen bei nichtelektiven chirurgischen Verfahren. Effect of Smoking Cessation Intervention on Results of Acute Fracture Surgery: A Randomized Controlled Trial. J Bone Joint Surg Am. 2010; 92: 1335 – 1342
#Einleitung
Rauchen ist ein allgemeines gesundheitliches und ökologisches Problem und hat im Generellen einen negativen Einfluss auf chirurgische Verfahren und deren Ergebnisse.
Postoperative Komplikationen und das Thema Rauchen sind in vielen Publikationen bereits bearbeitet und analysiert worden. Seit 1944 gibt es Studien über Wund- und Knochenheilung, sowie Infektionsrisiko und Risiko einer Osteomyelitis nach operativen Eingriffen bei Rauchern.
Anti-Raucher-Programme wurden schon bei elektiven Operationen im Rahmen der präoperativen Vorbereitung eingesetzt. Ein Zusammenhang mit der Reduzierung postoperativer Komplikationen bei elektiven Knie- oder Hüftprothesen von 52% auf 18 % konnte in einer Studie festgestellt werden.
Laut den Autoren der vorliegenden Studie wurde bisher kein Anti-Raucher-Programm bei akuten Frakturen mit sofortiger operativer Versorgung im Rahmen des stationären Aufenthalts, zur Verringerung der Komplikationsrate, vorgenommen.
Das Programm wurde nach operativer Versorgung initialisiert und für 6 Wochen nach Hospitalisation fortgeführt.
#Material und Methoden
In insgesamt 3 Krankenhäusern in Stockholm wurden von Februar 2004 bis Dezember 2006 104 Patienten mit einer positiven Raucheranamnese (> 2 Zigaretten/ Tag mind. für ein Jahr) und einer Fraktur der oberen oder unteren Extremitäten mit sofortigem Interventionsbedarf in eine randomisierte Studie eingeschlossen.
Ausgeschlossen wurden Patienten mit zusätzlichem Alkohol- und/oder Drogen-abusus, Schwangere, Demenzpatienten oder Patienten mit psychiatrischer Grunderkrankung.
Alle Patienten wurden randomisiert und entweder in die Interventionsgruppe (N = 49) oder in die Kontrollgruppe (N = 53) eingeteilt.
Die Patienten der Kontrollgruppe erhielten den allgemeinen Rat, das Rauchen einzustellen.
Die Patienten der Interventionsgruppe erhielten an 2 Tagen der Hospitalisation je ein bis 2 Treffen mit einer im Rahmen des Nicht-Raucher-Programms ausgebildeten Person. Danach wurden sie für 6 Wochen einmal pro Woche telefonisch kontaktiert, um über Erfolg oder Nicht-Erfolg der Entwöhnung zu berichten und ggf. ein erneutes Beratungsgespräch zu erhalten. Eine medikamentöse Therapie zur Unterstützung der Raucherentwöhnung wurde nicht durchgeführt.
In dieser postoperativen Zeit wurden alle eingeschlossenen Patienten alle 2 – 3 Wochen persönlich besucht und jegliche Art der postoperativen Komplikationen wurden gelistet; z.B. Wundinfektionen, Pflasterirritationen, Harnwegsinfektionen, Pneumonie, tiefe Venenthrombose oder Lungenembolie.
#Ergebnisse
Die Anzahl der Patienten mit postoperativen Komplikationen war signifikant höher in der Kontrollgruppe, also den noch aktiv Rauchenden. 38 % der Patienten in der Kontrollgruppe und 20 % in der Interventionsgruppe wiesen Komplikationen auf. Das häufigste Problem dabei waren die oberflächlichen Wundinfektionen. In der Kontrollgruppe konnte auch bei 9 % eine zweite Komplikation dokumentiert werden, während in der Interventionsgruppe nur bei 2 % eine weitere Komplikation eintrat.
Rein rechnerisch lag das Risiko in der Rauchergruppe um 2,5-mal höher eine Komplikation zu bekommen als in der Nichtrauchergruppe.
Totale Abstinenz vom Rauchen gaben in der Interventionsgruppe 24 von 49 Patienten an; in der Kontrollgruppe waren es 9 von 53.
Manuela Brunk
Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock
Email: brunkman@med.uni-rostock.de
Kommentar
Die Hypothese der Autoren, dass durch bereits frühe Raucherentwöhnung postoperative Komplikationen verringert werden könnte, ist nur zum Teil bewiesen.
Glaubt man der Aussage der Probanden tatsächlich keine Zigarette mehr zu rauchen, dann ist rein statistisch der positive Effekt des Nichtrauchens auf Wundheilung, Harnwegsinfekte, tiefe Venenthrombose bewiesen.
Leider wurde aber kein Nikotinnachweis laborchemisch unternommen, sodass nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob eine tatsächliche Nikotinabstinenz des jeweiligen Patienten vorlag und die Daten damit auch valide werden. Interessant wäre auch der Gehalt des Nikotins im Blut, Speichel oder Haar in Bezug auf die Wundheilung oder sonstige schwerwiegende Komplikationen gewesen.
Manuela Brunk