Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2011; 8(2): 77
DOI: 10.1055/s-0031-1271499
Moderne Senologie im komplexen interdisziplinären Umfeld

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Standards und Kontroversen in der Radioonkologie

J. Dunst 1. Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie
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Prof. Dr. med. J. Dunst

Ärztlicher Direktor der Klinik für Strahlentherapie · Universität zu Lübeck

Ratzeburger Allee 160

23538 Lübeck

Email: juergen.dunst@uk-sh.de

Publication History

Publication Date:
17 June 2011 (online)

Table of Contents

    Der Stellenwert der Strahlentherapie beim Mammakarzinom hat sich in den letzten drei Jahrzehnten seit Bestehen der Deutschen Gesellschaft für Senologie deutlich gewandelt und in der zweiten Hälfte dieser 30 Jahre stetig und erheblich zugenommen. Der Erfolg ist zum Teil auf Verbesserungen der Bestrahlungstechnik zurückzuführen; durch den flächendeckenden Einsatz von Linearbeschleunigern mit hochenergetischen Photonenstrahlen und 3D-Bestrahlungstechniken wurden die Dosisverteilung im Zielvolumen optimiert und die Strahlenbelastung von Risikoorganen reduziert. 

    Wichtiger als die Technik war aber wahrscheinlich die Einbindung der Strahlentherapie in ein multimodales Behandlungs­konzept. Erstens wurde nämlich durch das Prinzip der Brust­erhaltung die Strahlentherapie als Ergänzung zur Operation ­notwendig. Zweitens wurde durch den Fortschritt in der medikamentösen Therapie die systemische Tumorkontrolle soweit verbessert, dass die Beherrschung des lokalen Rückfallrisikos an ­Bedeutung gewann. Strahlen- und Chemotherapie können sich nicht gegenseitig ersetzen, sondern wirken komplementär. Das Besondere an dieser Entwicklung war die Tatsache, dass sich trotz der zunehmenden Bedeutung der Strahlentherapie wesentliche Behandlungsparameter während dieser Zeit praktisch nicht geändert haben. Wenn also in einer interdisziplinären Konferenz die Entscheidung für eine Strahlentherapie gestellt wurde, waren damit die Art und Weise der Strahlentherapie, nämlich Ziel­volumen, Dosis und Fraktionierung, praktisch auch festgelegt. Auch hinsichtlich des Zeitablaufs der einzelnen Therapieschritte gab es für die Bestrahlung im Gegensatz zur Chemotherapie (prä- oder postoperativ) praktisch nur eine Option, nämlich am Schluss der Therapie nach Operation und Chemotherapie. 

    In den letzten Jahren gab es jedoch eine Reihe von neuen Entwicklungen in der Strahlentherapie, die zur Zeit zwar noch in klinischen Studien geprüft werden, aber zukünftig viele neue Optionen eröffnen. Sie betreffen die Ausdehnung des Zielvolumens (Ganzbrust- oder Teilbrustbestrahlung, Fraktionierungskonzepte mit integriertem Boost, axilläre Bestrahlung statt Operation bei positivem SN), neue Fraktionierungskonzepte (Verkürzung der Behandlungszeit durch sogenannte Hypofraktionierung), intraoperative Strahlentherapieverfahren und Änderungen der ­Sequenz von Operation, Chemotherapie und Radiotherapie (z. B. präoperative Radiochemotherapie). Einige dieser neuen Methoden (z. B. Hypofraktionierung) sind bereits mit guter Evidenz belegt und werden deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit große praktische Bedeutung erlangen; bei anderen ist der klinische Stellenwert noch nicht genau genug definiert und weitere Ergebnisse müssen abgewartet werden. Sicher ist aber schon heute, dass die Strahlentherapie dadurch stärker individualisiert werden wird. Diese Entwicklungen haben direkte Auswirkungen nicht nur auf die Strahlentherapie (Beratung über mehrere Optionen, Diversifizierung der Techniken, komplexere Bestrahlungsplanung), sondern auch auf die anderen an der Versorgung beteiligten Disziplinen. Das volle Potenzial der Strahlentherapie kann wahrscheinlich nur erreicht werden, wenn die auch Integration in das multimodale Umfeld optimiert wird. 

    Das Mammakarzinom war in den letzten Jahrzehnten das Paradebeispiel für den Erfolg der interdisziplinären Tumortherapie. Die Erfolge sind für Patientinnen in Form von verbesserten ­Heilungsraten, Chance auf Organerhaltung, erhöhte Lebensqualität und Reduktion des Therapierisikos offensichtlich. Die Deutsche Gesellschaft für Senologie ist der Spiegel dieser Interdiszipli­na­rität und wird auch zukünftig die Aufgabe übernehmen, kon­sequente Verbesserungen in Diagnostik und Therapie für alle ­Patienten zu erreichen. 

    Prof. Dr. med. J. Dunst

    Ärztlicher Direktor der Klinik für Strahlentherapie · Universität zu Lübeck

    Ratzeburger Allee 160

    23538 Lübeck

    Email: juergen.dunst@uk-sh.de

    Prof. Dr. med. J. Dunst

    Ärztlicher Direktor der Klinik für Strahlentherapie · Universität zu Lübeck

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