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DOI: 10.1055/s-0031-1274124
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Knorpelschaden – Mit MRT biochemisch nachweisbar
Publication History
Publication Date:
17 February 2011 (online)
dGEMRIC (delayed Gadolinium Enhanced MRI of Cartilage) ist ein MRT-Verfahren, mit dem biochemisch der Glycosaminglykan-Gehalt im Knorpel gemessen werden kann. Die Autoren wollten untersuchen, ob mit dieser nicht invasiven Methode eine Früherkennung von Knorpelschäden beim symptomarmen Patienten nach Epiphysiolysis-Capitis-Femoris-Behandlung möglich ist.
Delayed gadolinium-enhanced magnetic resonance imaging of cartilage (dGEMRIC), after slipped capital femoral epiphysis. European Journal of Radiology. 2010; May 24. [Epub ahead of print]
Einleitung
Die nicht invasive Diagnostik von Knorpelschäden ist für das Verständnis der zugrunde liegenden Erkrankung und für die weiterführende Therapie von Bedeutung. Das MRT-Verfahren "delayed Gadolinium Enhanced MRI of Cartilage" (dGEMRIC) ist ein etabliertes und validiertes jedoch in der klinischen Anwendung noch wenig verbreitetes biochemisches MRT-Verfahren zur In-vivo-Beurteilung des Glycosaminglykan (GAG)-Gehalts im Knorpel und damit der "Knorpelqualität". In der hier vorgestellten Studie erfolgte die Messung des GAG im adulten Hüftgelenksknorpel nach Epiphysiolysis Capitis Femoris (ECF), die als "Prototyp" des Femoroazetabulären Impingements (FAI) angesehen wird. Ziel war die Erkennung eines frühen Knorpelschadens anhand des GAG-Gehalts im Knorpel als ein biochemischer Parameter.
#Studiendesign
Bei 28 symptomarmen Patienten (32 Hüften) ohne offensichtliche Zeichen einer Koxarthrose mit einem mittleren Alter von 23,8 Jahren (18,1 – 30,5 Jahre) und einer ECF-Behandlung in der Kindheit wurden Hüftfunktion sowie klinische Symptome und der Harris Hip Score zum Zeitpunkt der dGEMRIC-Untersuchung erhoben. Das MRT-Protokoll bestand aus konventionellen MRT-Schnitten an einem 1,5 Tesla-System nach i.v. Gabe des weitverbreiteten Kontrastmittels Magnevist®. Der Gelenkspalt im koronaren Schnitt erstreckte sich vom Beginn des femoroazetabulären Knorpels (azetabulärer Ring) bis zur Fovea centralis und wurde in ein laterales und ein zentrales Kompartiment unterteilt. Außerdem erfolgte eine radiologische Evaluation (Tönnis-Grade und minimale Gelenkspaltweite) sowie eine Einteilung der Patienten in 3 Gruppen anhand des Femurkopf/Hals Offset (α-Winkel): 1. Normales Offset (α < 50°), 2. Leicht erhöhtes Offset (α 50° – 60°), 2. Stark erhöhtes Offset (α > 60°).
#Ergebnisse
Auch ohne radiologische Zeichen einer Gelenkspaltverschmälerung konnten anhand der dGEMRIC-Technik degenerative Knorpelschäden nachgewiesen werden, die mit dem Grad des pathologischen Femurkopf/Hals Offset korrelierten. Der GAG-Gehalt – und somit die Knorpelqualität – zeigte signifikante Unterschiede zwischen Gruppe 1 und 3. Weiterhin wurden im lateralen Bereich der Hüftgelenke signifikant schlechtere Knorpelwerte als zentral nachgewiesen. Andere Parameter zeigten keine signifikanten Unterschiede.
Dr. med. Matthias Lerch
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover im Annastift
Email: matthias.lerch@ddh-gruppe.de
Kommentar
In der vorgestellten Studie ist es gelungen den GAG-Gehalt des Knorpels als biochemischen Marker für einen Knorpelschaden auf Boden eines Cam (Nockenwellen)-FAI zu bestimmen. DGEMRIC ist jedoch keine hoch innovative Bildgebung, sondern durchaus länger bekannt [1], [2]. Die Arbeit repräsentiert ein gesteigertes Interesse an dieser Art der MRT-Bildgebung in Kombination mit der wachsenden Erkenntnis des FAI als Grund für die "idiopathische" Koxarthrose. Die Studie ist gut konzipiert und durchgeführt. Die Ergebnisse sind logisch und verständlich dargestellt. Bemerkenswert scheint, dass im Rahmen dieser Studie fast asymptomatische Probanden einen eindeutigen Knorpelschaden aufwiesen und dieser offensichtlich mit dem Grad des Femurkopf/Hals Offset als Maß für die Epiphysenabkippung korrelierte. Die Autoren bleiben jedoch in ihrer Diskussion eine Konsequenz für die Klinische Anwendung sowohl aus der MRT-Technik als auch aus der daraus gewonnenen Erkenntnis schuldig. Wir lernen nur, dass man mit dGEMRIC einen frühzeitigen Knorpelschaden erkennen kann und dass ein großes Cam-FAI den Knorpel stärker schädigt. Die therapeutische Konsequenz jedoch bleibt unverändert. Einzig in der Beratung des Patienten kann man mit etwas mehr Sicherheit sagen, dass auch bei milden Symptomen die Abtragung eines großen Cam – offen oder arthroskopisch – sinnvoll wäre.
Dr. med. Matthias Lerch