Diabetes aktuell 2011; 9(1): 49
DOI: 10.1055/s-0031-1274145
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GLP-1-Mimetika – Sicherheit und Zusatznutzen bei Typ-2-Diabetes

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Publication Date:
25 February 2011 (online)

 
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Der Einsatz inkretinbasierter Therapien bei Typ-2-Diabetes vereinigt in sich die Vorteile einer effektiven Glukosekontrolle bei gleichzeitiger Vermeidung von Hypoglykämien und Gewichtszunahme. Daran hat Prof. Michael Nauck, Bad Lauterberg, auf der 46. Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Stockholm erinnert. Darüber hinaus zeichne sich ab, dass der im Tierexperiment beobachtete Betazellschutz auch für den Menschen gilt. Sicherheitsbedenken in der Langzeitanwendung von Inkretinmimetika konnte Nauck weitestgehend zerstreuen.

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Keine erhöhte Inzidenz an Pankreatitiden und C-Zell-Karzinomen

Aufgeschreckt hatte die Meldung von 6 tödlichen Verläufen einer Pankreatitis im Zusammenhang mit einer Therapie mit dem Inkretinmimetikum Exenatid (Byetta®) vor 2 Jahren, erinnerte der Experte. Die rein zeitliche Koinzidenz veranlasste die Zulassungsbehörden dazu, entsprechende Warnhinweise in der Fachinformation vorzusehen. Laut Nauck gibt es allerdings keinen auch nur hypothetischen Erklärungsansatz, wie aus einer erhöhten Inkretinexposition eine akute Pankreatitis entstehen sollte. Als wahrscheinlicher bezeichnete er einen Zusammenhang mit dem Übergewicht der behandelten Patienten. Umfangreiche amerikanische Versicherungsdaten der Jahre 2005 bis 2008 konnten inzwischen ein erhöhtes Pankreatitisrisiko unter inkretinbasierter Therapie nicht bestätigen. Bei jeweils knapp 28 000 Versicherten, die entweder Exenatid oder Metformin bzw. Glibenclamid erhielten, ergab sich mit einem absoluten Risiko von jeweils 0,13 % kein Unterschied. Diese Daten zeigen laut Nauck außerdem, dass das Risiko wesentlich kleiner ist, als man vor 2 Jahren noch gedacht hatte.

Auch der zweite Verdacht, der auf den Inkretinhormonen lastete, ließ sich bislang nicht erhärten. Anlass für die Befürchtung, das GLP-1-Analogon Liraglutid könnte in hohen Dosierungen C-Zell-Karzinome auslösen, waren Beobachtungen aus tierexperimentellen Studien bei Nagern. Die Biologie der C-Zelle bei Mäusen und Ratten unterscheidet sich nach den Ausführungen des Inkretinforschers jedoch grundsätzlich von der des Menschen. So sind GLP-1-Rezeptoren bei den Nagerzellen wesentlich stärker exprimiert als bei humanen C-Zellen, die so gut wie keine GLP-1-Rezeptoren haben. Der Weg über erhöhte Produktion zyklischer AMP und konsekutiv erhöhte Kalzitoninfreisetzung zur C-Zell-Proliferation als Vorstufe einer Tumor-Formation, wie er bei Nagern zu beobachten ist, existiert demnach beim Menschen nicht. Selbst extrem hohe GLP-1-Spiegel sind laut Nauck nicht in der Lage, bei menschlichen C-Zellen eine erhöhte Kalzitoninfreisetzung herbeizuführen.

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Verbesserte Betazellfunktion

Unterdessen haben sich Hoffnungen auf einen Zusatznutzen des therapeutischen Einsatzes der Darmhormone als realistisch herausgestellt. Nach viel versprechenden Befunden über einen Schutz der Betazellen und eine Erhöhung ihrer Masse im Tierversuch, gibt es jetzt auch erste Hinweise über eine langfristige Verbesserung der Betazellfunktion beim Menschen. So stellte sich in einer offenen Beobachtungsstudie bei Patienten, die über 3 Jahre entweder Exenatid oder Insulin glargin erhielten, ein deutlicher Unterschied in der Insulinsekretionsfähigkeit der Betazellen heraus. In dem entscheidenden Test wurde nach Absetzen beider Substanzen und einer Auswaschperiode von 4 Wochen die postprandiale Insulinantwort anhand des sogenannten Dispositionsindex gemessen. Dabei wurde die erste Phase der Insulinfreisetzung unter Berücksichtigung der Insulinsensitivität erfasst. Im Ergebnis, so Nauck, blieb das hohe Niveau der Insulinausschüttung nach dem Glukosereiz in der zuvor mit dem Inkretinmimetikum behandelten Gruppe erhalten, während die Insulinantwort in der zuvor mit dem Langzeitinsulin behandelten Gruppe zurückging.

Bericht: Martin Wiehl

Quelle: Pressekonferenz "Combating a Global Epidemic: The Role of GLP-1 Related Therapies in Treating Type 2 Diabetes" am 20. September 2010 im Rahmen der 46. Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Stockholm. Veranstalter: Lilly