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DOI: 10.1055/s-0031-1276679
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Benachteiligung der Gerontopsychiatrie beenden
Publication History
Publication Date:
06 April 2011 (online)
- Stellungnahme zum OPS-2011 und dem neuen Entgeltsystems
- Vorbemerkung zur PsychPV
- Erfahrungen mit OPS 2010 und Anregung zur Änderung
Verantwortlich für diese Rubrik: Martin Haupt, Düsseldorf; Thomas Kunczik, Wiehl
#Stellungnahme zum OPS-2011 und dem neuen Entgeltsystems
Die DGGPP fordert das DIMDI und InEK mit allem Nachdruck dazu auf, die Chance zu nutzen, die Benachteiligung der alterspsychiatrischen Patienten mit der Entwicklung des neuen Entgeltsystems zu beenden.
Die Leistungen für gerontopsychiatrische Patienten bestehen meist aus sehr arbeitsintensiven psychiatrischen und zusätzlich akutmedizinisch-internistischen Maßnahmen, die so im existierenden System nicht dokumentierbar und nicht adäquat abrechenbar sind.
Unbeeindruckt von vorgetragener Kritik auch anderer Fachgesellschaften entwickeln sich die OPS-Codes zu einem ständig komplexeren und immer weniger durchschaubaren System, für das die Dateneingabe zunehmend zeitaufwendiger wird. Gleichzeitig führt die Angst vor gemutmaßten Nachteilen, unglücklich verschränkt mit vorauseilendem Gehorsam hinsichtlich der Präzision der Einstufung, dazu, dass allenfalls minimale Detailverbesserungen diskutiert wurden.
Generell halten wir es für eine nicht tolerierbare Entwicklung, dass der sich in den komplexen Anforderungen des Entgeltsystems ausdrückende Misstrauensaufwand den therapeutischen Aufwand, den wir den Patienten schulden, nachhaltig zu kompromittieren droht.
Wenn jetzt keine Korrekturmaßnahmen ergriffen werden, besteht die große Gefahr, dass dieser Missstand in neuen Erlössystemen fortgeschrieben wird und sich die bereits bestehenden Probleme bei den Arbeitsbedingungen in der Gerontopsychiatrie weiter verschärfen und damit:
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weiter Ärzte aus den gerontopsychiatrischen Abteilungen abwandern.
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die Fluktuation beim Pflegepersonal weiter zunimmt und vor allem die fachlich gut qualifizierten und motivierten MitarbeiterInnen aussteigen.
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Behandlungs- und Pflegefehler zunehmen.
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die Gerontopsychiatrie letztlich wieder zu einer "Verwahrpsychiatrie" wird.
Der Grund für diese ernst zu nehmenden Befürchtungen liegt darin, dass in den Prätest- und Kalkulationskliniken auf der Grundlage der der PsychPV geschuldeten "traditionellen" Benachteiligung der Gerontopsychiatrie die heutigen Ist-Kosten ermittelt werden, die wiederum den Ausgangspunkt für die Berechnung der künftigen Entgelte darstellen sollen.
#Vorbemerkung zur PsychPV
Um die Probleme für die Gerontopsychiatrie für die Entwicklung des neuen Entgeltsystems zu verstehen, muss man sich die Geschichte und die Auswirkungen des bislang existierenden Bemessungssystems in der Psychiatrie vor Augen halten.
Seit Beginn der 90er-Jahre existiert ein Regelwerk, nach dem in den psychiatrischen Kliniken die Personalbesetzung errechnet wird: die Psychiatrie-Personal-Verordnung (PsychPV). Der politische Wille bei der Verabschiedung der PsychPV 1990 war es, eine humane Psychiatrie zu ermöglichen, in der die Behandlung im Vordergrund steht
Dies war ein großer Fortschritt, wenngleich zwischen den verschiedenen PsychPV-Patienten-Gruppen (Allgemeinpsychiatrie, Sucht, Gerontopsychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie) erhebliche Bewertungsunterschiede einflossen, die schon damals nicht gerechtfertigt waren. So war und ist die PsychPV für Gerontopsychiatrie pflegeorientiert, sieht deutlich weniger psychiatrisch-psychotherapeutische Leistungen vor als in der Allgemeinpsychiatrie oder Sucht
Dies verdeutlicht die folgende Grafik, in der die von der PsychPV vorgegebenen Stundenzahlen für Ärzte und Psychologen grafisch dargestellt werden (Abb. [1]).


Abb. 1 Erläuterung:
G – Gerontopsychiatrie,
A – Allgemeinpsychiatrie,
S – Sucht.
1 – PsychPV-Kategorie Regelbehandlung,
2 – PsychPV-Kategorie Intensivbehandlung.
Es ist alltägliche Erfahrung in psychiatrischen Fachkrankenhäusern, dass die Anforderungen und die Arbeitsdichte in der Gerontopsychiatrie deutlich höher sind als in den übrigen Bereichen. Die Arbeits.anforderungen auf gerontopsychiatrischen Stationen werden erheblich u.a. durch folgende Faktoren geprägt:
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Die psychiatrisch-somatische Komorbidität erfordert ein hohes Maß an psychiatrischer und somatischer Kompetenz; häufig gilt es, unverzüglich abzuklären, ob vital bedrohliche Situationen vorliegen (im Alter symptomarme Pneumonien; Elektrolytentgleisungen, Herzrhythmusstörungen, zerebrovaskuläre Ereignisse o.Ä. als Ursache deliranter Syndrome usw.).
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Beeinträchtigungen der körperlichen Leistungsfähigkeit und der alltagspraktischen Fähigkeiten der Patienten mit entsprechend erhöhtem Zeitbedarf (alles dauert länger) und mit entsprechend erhöhtem persönlichen Unterstützungsbedarf bei alltäglichen Verrichtungen sowie diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen.
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Reduzierte sensorische (Sehfähigkeit, Hörvermögen) und häufig auch kognitive Leistungsfähigkeit der Patienten mit entsprechend erhöhtem Zeitbedarf und größerer Komplikationsrate (Fehlverständnisse) bei Gesprächen und mit entsprechend erhöhtem Hilfsmittelbedarf (z.B. Hörhilfen).
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Die häufige Kombination von Desorientiertheit und Situationsverkennung bei gleichzeitigem hohem Grundpflegebedarf führt zwangsläufig immer wieder dazu, dass z.B. bei der Körperpflege schwierige Situationen entstehen, die umfangreiche Personalressourcen in quantitativer und qualitativer (erfahrenes Personal) Hinsicht erfordern.
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Das hohe Ausmaß an somatischer Komorbidität bzw. Multimorbidität gepaart mit reduzierten sensorischen und kognitiven Fähigkeiten erhöht den entsprechenden Aufwand für Dia-gnostik, Differenzialdiagnostik und Therapie. Nicht zuletzt hierdurch kommt es in hohem Maß zu Unvorhersehbarkeit und Unplanbarkeit der Abläufe.
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Die große Bedeutung der Einbeziehung von Bezugspersonen mit gleichzeitiger Erhöhung der kommunikativen Komplexität; bei demenzkranken Patienten aufgrund der reduzierten eigenen Mitteilungs- und Entscheidungsfähigkeit, aber auch allgemein aufgrund der komplexen intergenerationellen Verflechtungen, vielfältigen wechselseitigen Abhängigkeiten und Unterstützungsbedarfe.
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Die Ambivalenzen vieler Angehörigen und aufbrechende innerfamiliäre Konflikte, die häufig zu erhöhtem Gesprächsaufwand (wiederholte Anrufe usw.) führen.
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Untypische, symptomarme, verschleierte und vom Patienten selbst nicht wahrgenommene und deshalb nicht berichtete psychopathologische Syndrome erfordern erhöhten Zeitauf-wand und Erfahrung bei der Diagnostik und der Therapieimplementierung (z.B. bezogen auf Affekt-, Antriebs- und voluntative Funktionen).
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Juristische Aspekte und Aufgaben (Betreuungsrecht usw.) nehmen einen größeren Raum ein als in anderen Bereichen der Psychiatrie.
Vor diesem Hintergrund erscheint es ebenso unplausibel wie diskriminierend, dass die alterspsychiatrischen Patienten durch die PsychPV systematisch benachteiligt sind, indem ihnen die geringsten ärztlich-psychologischen Ressourcen zugestanden werden. Diese Benachteiligung betrifft besonders die schwer kranken Patienten in der Kategorie Intensivbehandlung (s. Grafik).
Zu dieser sachlich durch nichts gerechtfertigten Benachteiligung der psychisch kranken alten Menschen konnte es kommen, weil es der Kommission zur Erstellung der PsychPV eingestandenermaßen an gerontopsychiatrischem Fachverstand mangelte. Der Fehler, diese ständig wachsende Patientengruppe und ihre Bedürfnisse nicht angemessen abzubilden, darf bei der Entwicklung eines neuen Entgeltsystems nicht erneut unterlaufen.
Die DGGPP geht vor dem Hintergrund der umfangreichen Erfahrungen ihrer Mitglieder davon aus, dass die somatische Komorbidität insbesondere alterspsychiatrischen Patienten betrifft. Bei ihnen ist in den letzten 20 Jahren, also im Wirkungszeitraum der PsychPV, eine deutliche Zunahme der somatischen Komorbidität zusammen mit einem Anstieg des Durchschnittsalters zu verzeichnen. Verschärft wird das komplexe Problem zusätzlich dadurch, dass im selben Zeitraum eine dramatische Verkürzung der Verweildauer zu verzeichnen ist.
#Erfahrungen mit OPS 2010 und Anregung zur Änderung
#25-min-Arbeitseinheiten
Die bisherigen Erfahrungen mit der Erprobung des Entwurfs eines neuen Entgeltsystems für die Psychiatrie und Psychosomatik haben gezeigt, dass die Erfassung von patientenbezogenen 25-min-Arbeits-(Therapie-)Einheiten die Kostenvarianz nicht in dem vom InEK gewünschten Ausmaß erklärt.
Dieses Ergebnis ist für DGGPP im Hinblick auf die Gruppe der akut und schwer psychisch Erkrankten, die den größten Teil der stationären Patienten ausmachen, nicht überraschend, denn diese Menschen sind aufgrund ihres Zustandes vielfach kaum in der Lage, 25-min-Kontakte durchzustehen. Andererseits benötigen sie ein Halt gebendes, schützendes und förderndes professionelles Milieu, das erst durch das Zusammenwirken aller Mitarbeiter entsteht und sich nicht auf den einzelnen Patienten individualisierend präzisieren lässt. Hierbei handelt es sich um das zentrale konstitutive Element stationärer psychiatrischer Therapie. Die DGGPP hat diese Basisleistungen speziell für die Gerontopsychiatrie ausführlich beschrieben.
In völliger Unkenntnis von Arbeitsweise und Wirkprinzipien psychiatrischer Therapie werden diese Basisleistungen vom InEK als "Residualkosten" abgewertet, weil sie sich nicht wie ein operativer Eingriff, eine endoskopische Untersuchung oder eine Psychotherapiesitzung als Einzelleistung einem individuellen Patienten zuordnen lassen.
Der Behandlungsaufwand im psychiatrischen Krankenhaus hängt mit dem Schweregrad und den Auswirkungen der psychiatrischen Erkrankung zusammen. Zur Erfassung dieser Patientenmerkmale gibt es in den Prätest-Kliniken unterschiedliche Ansätze, die als Grundlage für die Gewichtung der Pflegetage dienen sollen.
Für uns ist nicht erkennbar, welchen dieser Ansätze das InEK präferieren wird und welche Gesichtspunkte bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen werden.
#Patientenmerkmale
Im Sinne der Vermeidung einer kontraproduktiven Bürokratisierung und eines unzumutbaren Dokumentationsaufwandes erscheint es der DGGPP sinnvoll, diese Patientenmerkmale pragmatisch zu erfassen. So sollte professionelles psychiatrisches Handeln plausibel abbildbar sein, sodass nicht zusätzliche neue Erhebungsinstrumente geschaffen werden müssen. Wir gehen davon aus, dass sich – gleich mit welchem Ansatz – eine hohe Übereinstimmung mit den Behandlungskategorien der PsychPV ergeben wird.
Es erscheint uns sinnvoll, die Patientenmerkmale auf syndromatologischer und funktionaler Grundlage zu beschreiben. Eine differenzierte Verwendung der nosologischen ICD-10-Diagnosen (unter Einbeziehung der 5. Codierungsstelle, wie in den ICD-10-Forschungskriterien), die von manchen favorisiert wird, halten wir nicht für zweckmäßig. So ist einerseits bekannt, dass die nosologischen Diagnosen die Varianz von Verweildauer und Kosten nur zu einem sehr geringen Teil erklären. Andererseits geht der Vorschlag, die 5. Stelle der ICD-10-Diagnosen zu codieren, an der Realität der Arbeitsabläufe in den psychiatrischen Kliniken vorbei, ganz abgesehen davon, dass die in den psychiatrischen Kliniken verwendeten EDV-Systeme die Codierung der 5. Stelle der ICD-10-Diagnosen des F-Kapitels i.d.R. gar nicht zulassen. Mindestens ebenso bedeutsam für Behandlungsaufwand, Verweildauer und Prognose ist der funktionale Aspekt, der auch die Auswirkungen der Erkrankung berücksichtigt und über die ICF erfasst wird. Deren Verbreitung steckt in der Psychiatrie allerdings erst in den Anfängen.
#Komorbiditäten
Die DGGPP geht vor dem Hintergrund der umfangreichen Erfahrungen ihrer Mitglieder davon aus, dass der Behandlungsaufwand im psychiatrischen Krankenhaus neben dem Schweregrad und den Auswirkungen der psychiatrischen Erkrankung insbesondere von der somatischen Komorbidität abhängt, die entsprechend über ICD-10-Diagnosen zu verschlüsseln ist. Die Codierrichtlinien für die Psychiatrie geben hierzu erste Hinweise.
Leider herrscht nach wie vor große Unklarheit darüber, in welchem Umfang zusätzlicher Behandlungsaufwand, der auf die somatische Komorbidität zurückzuführen ist, neben der somatischen Diagnose separat als OPS-Code zu erfassen ist.
Die Codierrichtlinien sind hier noch völlig unzureichend.
#Konsiliarärztliche Leistungen
Ein besonderes Problem stellen konsiliarärztliche Leistungen dar. Soweit diese als eigene OPS-Codes separat zu verschlüsseln sind, ergibt sich das Problem, dass bisher in den psychiatrischen Kliniken diese Daten in aller Regel nicht ausreichend spezifiziert und schon gar nicht ausreichend zeitnah vorliegen. Die Übermittlung des vollständigen Entlassungsdatensatzes hat aber bis spätestens 3 Tage nach Entlassung zu erfolgen. Insbesondere niedergelassene Konsiliarärzte, mit denen die psychiatrischen Kliniken vielfach zusammenarbeiten, erstellen ihre Abrechnungen gewöhnlich quartalsweise und auf der Basis von GOÄ- oder DKG-NT-Abrechnungsziffern, nicht jedoch auf Grundlage von OPS-Codes.
Für diese Problematik sind dringend Klarstellungen und Lösungsvorschläge erforderlich.
#Leistungserfassungssystem
Ein Leistungserfassungssystem sollte sich unter pragmatischen Gesichtspunkten auch dadurch auszeichnen, dass die Zahl der während einer Behandlung generierten OPS-Codes in einem Rahmen bleibt, der überschaubar und von der EDV noch zu bewältigen ist. Es sei daran erinnert, dass z.B. in den Entlassungsdatensätzen der elektronischen Abrechnung der Kliniken mit den Krankenkassen nur begrenzter Platz zur Verfügung steht (i.d.R. nur für 100 OPS-Codes).
Außerdem wäre wünschenswert, dass das Leistungserfassungssystem, so man sich einmal in die Systematik eingedacht hat, selbsterklärend und intuitiv verständlich ist. Dies war beim OPS 2010 noch weitgehend der Fall. Im OPS 2011 hingegen wurde durch die Differenzierung der Intensivbehandlung die systemimmanente Logik durchbrochen. Es gibt nun kein durchgängiges Prinzip mehr, nach dem eine Position im Code einen bestimmten Sachverhalt beschriebe. Durchaus verwirrend gibt etwa die 4. Stelle in der Intensivbehandlung die Intensivstufe an, in den übrigen Bereichen hingegen die Berufsgruppe.
Die hieraus folgende Unübersichtlichkeit ist außerordentlich ungünstig im Hinblick auf Plausibilitätsprüfungen, die vor dem Abrechnungsausgang zu erfolgen haben. Für den OPS 2012 ist deshalb dringend die Rückkehr zu einem durchgängigen Codierungsprinzip zu fordern.
#Berufsgruppenkategorien
Die im OPS 2011 für die Psychiatrie – nicht für die Psychosomatik – vorgenommene Zusammenfassung von Berufsgruppenkategorien ist kritisch zu hinterfragen. Zwar führt sie zu einer deutlichen Reduktion der generierten OPS-Codes. Es lässt sich aber nicht absehen, welche betriebswirtschaftlich motivierten Fehlsteuerungsanreize durch die Zusammenfassung von Berufsgruppen mit unterschiedlichem Gehaltsgefüge entstehen. Als illustrierendes Detail kann gelten, dass Angehörigengespräche nicht bei den angewandten Verfahren der Berufsgruppenkategorie Spezialtherapeuten und Pflegefachkräfte aufgeführt sind, obwohl sie eine Domäne der Sozialpädagogen darstellen.
#Psychiatrie/Psychosomatik
Schließlich möchten wir auf 2 weitere mögliche Gefahren für alle versorgungsverpflichteten psychiatrischen Einrichtungen aufmerksam machen, denen das InEK in der Gestaltung des Entgeltsystems begegnen muss:
Das Entgeltsystem soll ein gemeinsames Regelwerk für psychiatrische Kliniken und Abteilungen einerseits sowie für psychosomatische Kliniken andererseits darstellen. Während die psychiatrischen Einrichtungen wegen ihrer Versorgungsverpflichtung i.d.R. unter großem Aufnahmedruck stehen und meist eine sehr hohe Bettennutzung bzw. Überbelegung aufweisen, sind die Rahmenbedingungen und Abläufe in den psychosomatischen Kliniken mit selektiertem Patientengut gänzlich andere. Dort werden elektive Patienten oft über Wartelisten einbestellt. Auch sehen die Vorgaben der Krankenhausbedarfsplanung für psychosomatische Kliniken eine deutlich niedrigere Bettennutzung vor als für psychiatrische. Daraus ergibt sich für die Bewertung durch das Erlössystem die Gefahr, dass voll- bzw. überbelegte psychiatrische Stationen bei der Umlegung der stationsbezogenen Sockelkosten auf die einzelnen Patienten künstlich "billige" Patienten generieren, während die anteiligen Sockelkosten bei weniger dicht belegten psychosomatischen Stationen höher sind, diese Patienten also künstlich teurer erscheinen.
Die zweite Gefahr hängt mit dem deutlich höheren Privatpatientenanteil der psychosomatischen Kliniken zusammen, die für diese spezielle Klientel einen besonders hohen Hotelstandard vorzuhalten bemüht sind. Es ist davon auszugehen, dass es das Bestreben dieser Kliniken sein wird, neben den Erlösen aus einer großen Zahl an 25-min-Therapieeinheiten auch die Erlöse aus den nicht patientenbezogenen "Residualkosten" zu maximieren, d.h. sich den hohen Hotelstandard für die Privatpatienten über einen möglichst hohen Basispflegesatz, den auch die gesetzlichen Kassen bezahlen müssen, zu refinanzieren. Da ja ausdrücklich die Gesamtausgaben für die stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung nicht wachsen sollen, würde es dadurch zu einer Umverteilung zulasten der öffentlichen Versorgungskrankenhäuser kommen.
Eine leicht gekürzte Fassung der Originalversion findet sich auf der Webseite der Gesellschaft.
Die Weiterentwicklung des Entgeltsystems ist auch ein Thema auf dem 10. Kongress der DGGPP Alterspsychiatrie 2011 - Seelische Gesundheit und Demografischer Wandel 11.–13. Mai 2011 in Berlin.
Mehr Informationen auf der Webseite der Gesellschaft: http://www.dggpp.de.


Abb. 1 Erläuterung:
G – Gerontopsychiatrie,
A – Allgemeinpsychiatrie,
S – Sucht.
1 – PsychPV-Kategorie Regelbehandlung,
2 – PsychPV-Kategorie Intensivbehandlung.