Der Klinikarzt 2011; 40(3): 157
DOI: 10.1055/s-0031-1276689
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Vorzüge der neuen oralen Antikoagulation – Erster oraler direkter Faktor-Xa-Inhibitor zeigt überlegene Wirksamkeit

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Publication Date:
18 April 2011 (online)

 
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Der erste orale direkte Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban (Xarelto®) könnte in der Zukunft eine neue Option für die antithrombotische Prophylaxe und Therapie bieten. Die innovative Substanz ist seit September 2008 EU-weit zugelassen zur Prophylaxe venöser Thromboembolien bei erwachsenen Patienten nach elektiven Hüft- oder Kniegelenkersatzoperation. In einem klinischen Entwicklungsprogramm, das mehr als 65 000 Patienten einschließt, werden derzeit weitere Indikationen zur Prophylaxe und Therapie akuter wie chronischer thromboembolischer Erkrankungen ausgelotet.

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Weniger symptomatische Ereignisse

Die Zulassung von Rivaroxaban in der o. g. orthopädischen Indikation basierte auf den positiven Ergebnissen von 4 Phase-III-Studien, die auch im klinischen Alltag reproduziert werden konnten. Speziell bei der Endoprothetik des Kniegelenks werden gegenüber der parenteralen Antikoagulation mit einem niedermolekularen Heparin weniger symptomatische Ereignisse beobachtet. Das konnte auch Dr. Patrick Mouret, Frankfurt, bestätigen. Wie die gepoolte Datenanalyse der RECORD-1-, -2- und -3-Studien belegen, wurde die kumulative Ereignisrate bezüglich symptomatischer Thromboembolien und Gesamtmortalität unter Rivaroxaban gegenüber Enoxaparin bereits 14 Tage post operationem um 56 % reduziert. Nach 35 Tagen betrug die relative Risikoreduktion 62 % und nach 70 Tagen 58 %. Die überlegene Wirksamkeit in den 4 RECORD-Studien sichert dem oralen Faktor-Xa-Inhibitor einen festen Platz in der Thromboseprophylaxe nach elektiven Hüft- und Kniegelenkersatzoperationen bei Erwachsenen. In puncto Sicherheit ist Rivaroxaban mit dem herkömmlichen Standard vergleichbar.

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Günstiges Interaktionsprofil

Aufgrund des günstigen Interaktionsprofils lässt sich das neue Antithrombotikum mit Thrombozytenaggregationshemmern, wie Acetylsalicylsäure (ASS) oder nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), kombinieren. Ist die Gabe eines Protonenpumpenhemmers indiziert, wird die Wirkung von Rivaroxaban nicht beeinträchtigt. Mouret empfahl, mit der VTE-Prophylaxe mit Rivaroxaban rund 10 Stunden nach der Operation zu beginnen. Dadurch werden sowohl regional- als auch allgemeinanästhetische Verfahren erleichtert. Die Einnahme erfolgt unabhängig von der Nahrungsaufnahme. In der Fachinformation gibt es 4 Gegenanzeigen.

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Nachteile der Standardbehandlung können zukünftig entfallen

Zur Akutbehandlung tiefer Venenthrombosen wurden bisher initial unfraktionierte Heparine, niedermolekulare Heparine oder Fondaparinux und - damit überlappend - Vitamin-K-Antagonisten eingesetzt. Dieser Standard hat zwar eine gute Wirksamkeit, ist jedoch mit gewissen Nachteilen belastet. Dazu zählt bei unfraktionierten und niedermolekularen Heparinen sowie bei Fondaparinux die Notwenigkeit der parenteralen und damit nicht unbedingt patientenfreundlichen Applikation.

Bei Vitamin-K-Antagonisten kann insbesondere deren geringe therapeutische Breite Probleme bereiten. Hinzu kommen eine Vielzahl medikamentöser wie alimentärer Interaktionen und das regelmäßige Gerinnungsmonitoring. Darüber hinaus sind Dosisanpassungen erforderlich. Vor diesem Hintergrund bietet Rivaroxaban einen substanziellen therapeutischen Fortschritt in der Zukunft. Weitere Vorzüge sind das günstige pharmakologische Profil sowie die größere therapeutische Breite, konstatierte Prof. Ulrich Hoffmann, München.

Welcher Nutzen von Rivaroxaban in der Akuttherapie venöser Thromboembolien zu erwarten ist, wurde in der randomisierten, offenen und ereignisgesteuerten EINSTEIN-DVT-Studie an 3449 Patienten unter die Lupe genommen. Sie sollte beweisen, dass Rivaroxaban der Therapie mit Enoxaparin in Kombination mit einem Vitamin-K-Antagonisten nicht unterlegen ist. Nach Hoffmanns Worten zeigte sich in der Rivaroxaban-Gruppe ein besserer therapeutischer Gesamtnutzen, definiert als die Kombination aus dem primären Wirksamkeitsendpunkt (symptomatische rezidivierende VTE) und schweren Hämorrhagien.

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Rezidivierende symptomatische Thromboembolien um 82 % seltener

In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten und ereignisgesteuerten Überlegenheitsstudie EINSTEIN-Extension mit 1197 Teilnehmern überprüfte man den Stellenwert von Rivaroxaban gegenüber Placebo in der Sekundärprophylaxe venöser Thromboembolien. Dabei ergab sich ein signifikanter Vorteil für Rivaroxaban, welches das Risiko symptomatischer rezidivierender Thromboembolien um 82 % reduzierte. Die Number Needed to Treat (NNT) wurde in Bezug auf den primären Wirksamkeitsendpunkt (symptomatische rezidivierende VTE) mit 15, die Number Needed to Harm (NNH) bezüglich des primären Sicherheitsendpunkts (schwere Blutungen) mit 139 errechnet. In beiden Studien manifestierten sich unter Langzeitmedikation keine hepatotoxischen Effekte. "Damit hat der Faktor-Xa-Inhibitor das Potenzial, die Antikoagulation bei venösen Thromboembolien entscheidend zu verbessern und die Therapie erheblich zu vereinfachen", resümierte Hoffmann.

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Weiterer Nutzen wird derzeit untersucht

Welche Wirksamkeit von Rivaroxaban in der Prophylaxe des Schlaganfalls bei Vorhofflimmern zu erwarten ist, wurde in der ROCKET-AF-Studie untersucht, berichtete Prof. Erland Erdmann, Köln. Inwieweit sich mit dem Antithrombotikum venösen Thromboembolien bei hospitalisierten Patienten mit akuten internistischen Erkrankungen vorbeugen lässt, wird laut Prof. Sylvia Haas, München, in der MAGELLAN-Studie überprüft. Zum Vergleich dienen jeweils niedermolekulare Heparine und Warfarin. Die Ergebnisse sollen demnächst präsentiert bzw. publiziert werden.

Karl B. Filip, Landsberg am Lech

Quelle: Journalisten-Workshop "Vom Bein bis zum Kopf - Strategien und Perspektiven in der Antithrombose", Kloster Irsee, Ostallgäu, 21.-22. Februar 2011.
Der Text entstand mit freundlicher Unterstützung durch Bayer Vital GmbH.