Pneumologie 2011; 65(5): 258
DOI: 10.1055/s-0031-1278667
Pneumo-Fokus

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Gesundheitsökonomie – Passivrauchen hat weltweit massive Auswirkungen

Further Information

Publication History

Publication Date:
09 May 2011 (online)

 
Table of Contents

Obwohl die gesundheitlichen Risiken von Passivrauchen und der Zusammenhang mit verschiedenen Erkrankungen wissenschaftlich gesichert sind, haben die meisten Länder keinen Nichtraucherschutz – mit entsprechenden Auswirkungen auf Gesundheit und Lebensqualität. Öberg et al. haben nun die aktuell verfügbaren Daten zusammengetragen. Lancet 2011; 377: 139–146

In die Untersuchung gingen 19 epidemiologische Studien mit Daten aus 192 Ländern für das Jahr 2004 ein. Weltweit litten danach etwa 40 % aller Kinder – neben etwa einem Drittel der erwachsenen Nichtraucher – unter Tabakrauchexposition. Am höchsten lagen die Anteile in Europa und in einigen Regionen von Südostasien: Hier waren in manchen Gegenden mehr als 50 % der Bevölkerung betroffen.

Etwa 1 % aller jährlichen Todesfälle weltweit gingen auf Erkrankungen durch Passivrauchen zurück, bei nahezu zwei Dritteln davon waren eine koronare Herzkrankheit (KHK) bzw. deren Komplikationen die Ursache. Detailliert aufgeschlüsselt ergeben sich folgende Daten:

  • 379 000 Todesfälle infolge chronischer Herz-Kreislauf-Erkrankungen

  • 165 000 Todesfälle infolge von Infektionen der unteren Atemwege bei Kindern

  • 36 900 Todesfälle infolge von Asthma

  • 21 400 Todesfälle infolge von Bronchialkarzinomen

#

Verlust an Lebensqualität zählt auch

Aber nicht nur Todesfälle zählen – auch chronische Erkrankungen durch Passivrauchen schränken die Lebensqualität massiv ein. Ein Parameter dafür ist der Verlust an qualitätsadjustierten Lebensjahren (QALYs). Im Jahr 2004 ließen sich demnach weltweit 10,9 Mio. verlorene QALYs auf das Passivrauchen zurückführen: Dies entspricht einem Anteil von 0,7 % des weltweiten Verlusts an QALYs durch Krankheitslast in diesem Jahr. Knapp zwei Drittel (61 %) davon betrafen Kinder. Die größte Belastung war durch Infektionen der unteren Atemwege bei Kleinkindern begründet, gefolgt von KHK und Asthma bei Erwachsenen.

#

Fazit

Addiert man für das Jahr 2004 zu den frühzeitigen Todesfällen durch Passivrauchen (603 000) die geschätzten Todesfälle durch aktives Rauchen, kommt man auf 5,7 Mio. Todesfälle, so das Ergebnis der Studie. Diese Zahlen zeigen nach Ansicht der Autoren, in welchem Ausmaß nicht nur der Einzelne, sondern auch die Gesundheitsökonomie in Zeiten einer steigenden Belastungen von einer entschiedenen Nichtrauchergesetzgebung profitieren könnte.

Kommentar zur Studie

Für Wipfli und Samet ist die Arbeit ein weiterer Grund, die weltweiten Bemühungen zur Durchsetzung von Nichtrauchergesetzen zu verstärken. Die "Framework Convention on Tobacco Control" (FCTC) der WHO verpflichte zwar die Unterzeichnerstaaten, in ihre Gesetzgebung Schutzmaßnahmen vor Tabakrauchexposition aufzunehmen, bisher gebe es aber nur in 17 Ländern entsprechende Gesetze. Die befürchteten ökonomischen Verluste seien hier nicht eingetreten. Zum Schutz von Kindern, so die Kommentatoren, müssten vor allem Pädiater und Allgemeinmediziner verstärkt in die Anstrengungen einbezogen werden: Sie können rauchende Eltern aufklären und sie motivieren, die Gesundheit ihrer Kinder zu schützen.
Lancet 2011; 377: 101–102

Dr. Elke Ruchalla, Trossingen