Zeitgemäße Notfallmedizin geht über das situationsangepasste Anwenden theoretischen Wissens und manueller Techniken hinaus. Die Prognose wichtiger Krankheitsbilder und Verletzungsmuster hängt in mindestens gleichem Maße von der optimalen Umsetzung logistischer Aspekte ab.
Der zunehmende demografische Wandel und der deutliche Zerfall traditioneller gesellschaftlicher Strukturen haben zukünftig eine erhebliche Steigerung der rettungsdienstlichen Einsatzzahlen zur Folge.
In ländlichen und strukturarmen Regionen kommt es zunehmend zu einer Ausdünnung medizinischer Versorgungsstrukturen, von der sowohl der Notarztdienst als auch die ambulante kassenärztliche Versorgung betroffen sind. Diese Situation wird verschärft durch die mittlerweile häufig nicht mehr zeitgerecht gegebene Erreichbarkeit des Hausarztes.
Die bestehenden Parallelstrukturen in der Akutversorgung der Bevölkerung bedürfen dringend einer weitreichenden Verzahnung. Die gemeinsame Alarmierung und Disposition des Notarzt- und KV-Dienstes durch eine Rettungsleitstelle hat bereits erhebliche Synergieeffekte zur Folge.
Kompetente Personalausstattung und die Nutzung neuzeitlicher IT-Infrastruktur sind für eine Rettungsleitstelle (integrierte Regionalleitstelle) unabdingbare Voraussetzungen für die adäquate und zeitgerechte Disposition von medizinischen Hilfeersuchen.
Kurze präklinische Versorgungszeiten und die primäre Zuweisung des Patienten in eine für die definitive Versorgung geeignete Klinik entsprechend dem Eckpunktepapier bedürfen der maximalen Verzahnung von Boden- und Luftrettung unter Ausschluss jeglichen Konkurrenzdenkens.
In dünn besiedelten und strukturschwachen Gebieten ist die notärztliche Versorgung zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit nur noch bei stärkerer Einbeziehung der Luftrettung sicherzustellen. Dies erfordert u. a. eine vermehrte Vorhaltung des Nachtflugbetriebs speziell in den genannten Regionen unter strikter Einhaltung seriöser Sicherheitsvorkehrungen.
Die für die jeweilige Akutdiagnose spezifischen Anforderungen an die Zielklinik sowie die Klinikstrukturen des Einzugsgebiets müssen jedem Notarzt im Detail bekannt sein, da die Verantwortung für eine adäquate Klinikzuweisung ausschließlich beim medizinisch Höchstqualifizierten vor Ort liegt.
1 DENIT wurde mit Mitteln des Landes Rheinland-Pfalz eingerichtet und gefördert.
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