Der Klinikarzt 2011; 40(05): 224
DOI: 10.1055/s-0031-1280705
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nikotinabhängigkeit am "Zügel" – Hirnregion Habenula spielt Schlüsselrolle

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Publication Date:
31 May 2011 (online)

 
 

Dass Rauchen süchtig macht, ist offenbar auch genetisch bedingt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei offenbar eine Region im Zwischenhirn, die die Forscher Habenula (lat. für kleine Zügel) nennen. Das haben jetzt Dr. Inés Ibañez-Tallon und ihre Mitarbeiter vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch zeigen können.

"Vor zwei Jahren haben Studien gezeigt, dass genetische Veränderungen in einem bestimmten Gencluster Risikofaktoren für Nikotinabhängigkeit und Lungenkrebs sind", betont Dr. Ibañez-Tallon. Die MDC-Forscherinnen untersuchten einen spezifischen Rezeptor für den Neurotransmitter Acetylcholin, der von diesem Gencluster gebildet wird, in Eizellen des Krallenfrosches (Xenobus laevis) sowie in transgenen Mäusen. Dieser Acetylcholinrezeptor wird unter anderem durch Nikotin aktiviert. Das Gencluster besteht aus 3 Untergruppen, d.h. 3 Genen. "Obwohl es in der DNA in jeder Zelle vorhanden ist, wird der Rezeptor nur in ganz wenigen Regionen des Gehirns ausgebildet. Eine davon ist die Habenula", erläutert Dr. Ibañez-Tallon.

Ein Gen dieser Untergruppe ist alpha5. "Es ist bekannt, dass starke Raucher eine Punktmutation in diesem Gen haben. Sie laufen eher Gefahr nikotinabhängig zu werden und Lungenkrebs zu entwickeln, als Menschen, die diese Genmutation nicht haben.", sagt Dr. Ibañez-Tallon. Ein zweites Gen in dieser Untergruppe des Rezeptors ist das Gen beta4. In transgenen Mäusen aktivierten die Forscherinnen das beta4 Gen. Es zeigte sich, dass diese Mäuse eine starke Aversion gegen Nikotin haben: Sie tranken nur Wasser ohne Nikotin. Schalteten sie in diesen Mäusen jedoch mithilfe eines Virus die mutierte Variante des alpha5-Gens an, hatten diese Mäuse bereits nach 2 Wochen ihren Widerwillen gegen Nikotin überwunden und tranken nur noch nikotinhaltiges Wasser. Die Forscher kommen deshalb zu dem Schluss, dass nur eine ausbalancierte Aktivität dieser beiden Gene den Nikotinverbrauch zügelt.


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