Mit der zunehmenden Zahl rauchender Frauen gewinnen geschlechtsabhängige Besonderheiten
beim Lungenkarzinom an Bedeutung und lassen sich auch statistisch besser nachweisen.
Die aktuelle Studie von C. M. Sagerup et al. basiert auf unselektierten Daten des
norwegischen Krebsregisters.
Thorax 2011; 66: 301-307
Ausgewertet wurden Aufzeichnungen von 40 118 Patienten, davon 35 % Frauen, erhoben
zwischen 1988 und 2007. Die Inzidenz des Lungenkarzinoms betrug 2007 36/100 000 bei
Männern und 28/100 000 bei Frauen, entsprechend einem Geschlechterverhältnis von etwa
3:2 - dieses hatte 1988 noch 3:1 betragen. Über den Gesamtzeitraum nahm die Inzidenz
des Lungenkarzinoms um 64 % zu, mit einem mittleren, alterskorrigierten jährlichen
Anstieg um 4,9 % bei Frauen und 1,4 % bei Männern. Die 5-Jahres-Mortalität war für
Männer um 14 % höher (Hazard Ratio [HR] 1,14; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,11-1,17).
Während 1988 das Plattenepithelkarzinom mit 38 % noch am häufigsten diagnostiziert
wurde, steht heute das Adenokarzinom an der Spitze. Das Langzeitüberleben hat sich
bei allen Patienten mit Plattenepithelkarzinom und Adenokarzinom verbessert, bei Frauen
mehr als bei Männern, am deutlichsten sichtbar beim Adenokarzinom (24 % höheres Sterberisiko
für Männer). Bei allen Histologien außer dem Plattenepithelkarzinom und allen Tumorstadien
zeigten Männer eine Übersterblichkeit; der Überlebensvorteil für Frauen ist am größten
bei lokalisierter Erkrankung: HR für Männer 1,25 (95 %-KI 1,18-1,33). Eine statistisch
signifikante Verbesserung der Überlebensdauer fand sich für beide Geschlechter nur
bei lokalisierter Erkrankung. Bei Frauen konnte die Diagnose häufiger im lokalisierten
Stadium gestellt werden. Insgesamt nahm im Verlauf der Anteil der Diagnosen im lokalisierten
Stadium ab. Der Raucherstatus ist nicht Teil des Datensatzes des norwegischen Krebsregisters,
doch rauchten 2007 23 % der weiblichen und 21 % der männlichen norwegischen Bevölkerung.
Die Autoren konstatieren eine verbesserte kurz- und auch langfristige Prognose des
Lungenkarzinoms nach 20 Jahren, wobei Frauen - am deutlichsten ersichtlich beim Adenokarzinom
- ein von Alter und Stadium unabhängiges längeres Überleben aufweisen als Männer und
auch zu einem früheren Zeitpunkt diagnostiziert werden. Die Berücksichtigung der geschlechtsbezogenen
Unterschiede sei für künftige Studien wichtig.
Dr. Peter Pommer, Oberammergau