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DOI: 10.1055/s-0031-1284733
"Innere Haltung" – Erfolgsfaktor in der Kommunikation
Mitarbeiterführung – Instrument Kommunikation – Innere HaltungPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
20. Juli 2011 (online)
- Innere Haltung gegenüber sich selbst
- Innere Haltung gegenüber dem anderen
- Passung der Führungsrolle
- Literatur
Werden Menschen zur Führungskraft, dann sollen sie Instrumente beherrschen, die in ihrem bisherigen Berufsleben zumeist nicht in dieser Art notwendig waren. Dazu zählt z. B. eine adäquate Mitarbeiterkommunikation. Im Krankenhaus trifft das heute noch mehr zu als in anderen Dienstleistungsbranchen [1] . Von Ärzten und Pflegekräften in Führungsposition wird quasi über Nacht erwartet, ein Team von Mitarbeitern zu führen und den richtigen Ton zu treffen [2].
Vielen Unternehmen und Führungskräften ist die Bedeutung gelungener Kommunikation längst bewusst. Sie arbeiten an geschickter Rhetorik, überzeugender Argumentation, passender Formulierung und dem Einsatz der Stimme. Dabei geht Kommunikation weit über Worte hinaus. Wir kommunizieren mit Körpersprache, Stimmlage, Tonalität, Mimik und Gestik. Vor allem senden wir unbewusst ständig Signale, die unsere innere Haltung transportieren. Diese Signale sind ausschlaggebend dafür, wie wir und damit auch unser Inhalt beim Gegenüber ankommen. Alle äußeren Faktoren, wie die Körperhaltung, hängen von dem ab, was mich als Mensch im Inneren ausmacht und bewegt. Sie lassen sich daher erst dann wirklich verbessern, wenn in der Kommunikation das "stimmt", was der inneren Überzeugung entspricht. Äußere und innere Haltung beeinflussen sich damit gegenseitig. Aus unserer Sicht kann sich dementsprechend nur über eine zur inneren Haltung stimmige Kommunikation sowohl bei der Führungskraft selbst als auch bei ihren Mitarbeiter eine klare und auf Dauer stabile Orientierung entwickeln.
Die innere Haltung hat viele Facetten. Setzen sich Menschen erstmals mit ihrer professionellen Rolle der Mitarbeiterführung auseinander, so hat unsere Praxis in der Projektbegleitung gezeigt, dass es hilfreich ist, gedanklich 3 Ebenen zu unterscheiden: die innere Haltung gegenüber sich selbst, gegenüber dem Mitarbeiter als Gesprächspartner sowie die innere Haltung gegenüber der eigenen Rollenerwartung, d. h. Passung zwischen Führungsrolle und den eigenen Kompetenzen und Überzeugungen.
Innere Haltung gegenüber sich selbst
"Wofür stehe ich? Was macht mich als Mensch aus? Was motiviert mich? Lebe ich diese Dinge in einer wertschätzenden Haltung?"
Die wenigsten Menschen stellen sich bewusst diese oder ähnliche Fragen. Dabei sind sie absolut zentral. Sie stellen die Grundlage unserer Handlungen und unserer Kommunikation dar. Und die Antworten auf diese Fragen vermitteln sich in jeder Begegnung mit anderen Menschen, in jedem Gespräch. Und das selbst dann, wenn man nie über die eigene innere Haltung nachgedacht hat. Ein Blick auf die Meta-Ebene ist daher hilfreich:
Es liegt viel Potenzial darin, sich mit dem eigenen inneren Antrieb, mit dem Kern dessen, was mich als Person ausmacht, zu beschäftigen. Um diese Entdeckungsreise zum eigenen Wesenskern anzutreten, ist es unerlässlich, in Ruhe nach innen zu hören und zu spüren [4]. Diese Fähigkeit ist häufig wenig geübt. Sie fordert, sich selbst in einer Haltung der Offenheit, Herzlichkeit und Neugierde zu begegnen. Versuchen Sie, sich selbst wertschätzend zu betrachten und in einem ersten Schritt einfach nur wahrzunehmen, welche Emotionen, Gedanken, Bilder in Ihnen sind, ganz ohne Bewertung.
In der Transaktionsanalyse gibt es ergänzend hierzu das Leitbild der Autonomie. Autonomie steht für die Fähigkeit, sein eigenes Potenzial zur Verfügung zu haben, sehr bewusst zu sein, was im Augenblick im Hier und Jetzt passiert, bezogen sein zu können auf andere Menschen und in jeder Situation spontan zu reagieren, nicht aufgrund alter Muster, Erfahrungen oder Bewertungen. Das setzt voraus, dass ich mir darüber bewusst bin, was mich wesentlich ausmacht und es in einer anerkennenden Haltung lebe. Klarheit darüber zu finden, ist ein entscheidender Faktor für die eigene Zufriedenheit und dafür, sich auch im Kontakt mit anderen Menschen als stimmig zu erleben und wohl zu fühlen. Denn dann, wenn die innere Haltung zur äußeren Haltung passt, wird Kommunikation auch von anderen als stimmig erlebt. Im Gegensatz dazu spürt unser Gegenüber es, wenn wir "nicht ganz bei uns" sind.
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Innere Haltung gegenüber dem anderen
Stellen Sie sich vor, der Chefarzt befragt den Stationsarzt in der Visite vor dem Patienten zu den eingeleiteten Behandlungsmaßnahmen. Er stellt die Fragen freundlich in Richtung des Patienten und vermeidet die weitere Diskussion am Patientenbett. Seine Arme sind dabei aber vor der Brust verschränkt, seine Stimme vermittelt einen skeptischen Unterton. Bewusst oder unbewusst werden Anwesende die Kommunikation als unstimmig wahrnehmen.
Passen äußere und innere Haltung gegenüber dem anderen nicht zusammen, wirkt der Kommunizierende unecht, manchmal unsicher, sicherlich aber wenig überzeugend. Für Führungskräfte, deren Hauptwerkzeug die Kommunikation ist, ist es daher wichtig, sich immer wieder – besonders aber vor wichtigen Gesprächen – bewusst zu reflektieren. Folgende Fragen können helfen, die eigene innere Haltung gegenüber dem Mitarbeiter – oder anderen, denen ich in der Rolle der Führungskraft begegne – zu überprüfen:
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Was möchte ich dem anderen im Gespräch vermitteln? Welche Inhalte kann ich überzeugt vertreten? Habe ich echtes Interesse an dem Gespräch und dem Gesprächspartner? Begegne ich dem Gegenüber in einer offenen, neugierigen und wertschätzenden Haltung?
Prüfen Sie, ob z. B. alte Erfahrungen mit dem Gegenüber oder Bewertungen, Ihr Handeln in einer Art einfärben, die eine offene und wertschätzende Begegnung beeinträchtigen. Diese ist Grundlage für eine wertschätzende, ressourcenorientierte Kommunikation, die gerade in der Mitarbeiterführung entscheidend dafür ist, dass Mitarbeiter ihr Potenzial entwickeln und ihre Stärken im Unternehmen einbringen.
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Passung der Führungsrolle
Passt die innere Haltung nicht zur Führungsverantwortung, dann entsteht ein Konflikt. Wer mit Worten für etwas argumentiert, das der eigenen inneren Haltung widerspricht, wird vom anderen intuitiv als unecht empfunden. Dieses -inkongruente Verhalten, sorgt für unbefriedigende Ergebnisse und lässt auch die Führungskraft auf Dauer unzufrieden zurück. Das Wort Persönlichkeit kommt von "personare" und bedeutet "durchtönen". Die Frage ist, wie gelingt es, die eigene Persönlichkeit stimmig in der Führungsrolle durchtönen zu lassen und gleichzeitig die Rollenklarheit zu behalten. Anregungen hierzu geben die folgenden Fragestellungen:
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Wie bleibt das, was mich ausmacht, in meiner Führungsrolle sichtbar? Welche inneren Dialoge löst dies im Hinblick auf meine Führungsverantwortung bei mir aus? Welche Handlungsimpulse ergeben sich? Passen diese zu der Situation, zu meinen Zielen oder eher nicht? Welche Auswirkungen hätte es, wenn ich meinen Handlungsimpulsen folgen würde?
Nehmen Sie Ihre innere Haltung als stimmig wahr, dann ist der wesentliche Faktor für gelungene und stimmige Kommunikation auch mit anderen Menschen gegeben. Sei es in Reden, Verhandlungen, Mitarbeiter- oder Kundengesprächen. Nur an den "äußeren" Faktoren zu arbeiten macht keinen Sinn. Passt aber die innere Haltung, findet sich nach und nach auch die passende äußere Haltung. Ihr Auftreten oder Ihre Kommunikationsfähigkeit als Führungskraft können dann viel gezielter trainiert werden, weil sie auf einer stabilen Grundlage stattfinden. Und so werden Sie immer erfolgreicher kommunizieren, je mehr Sie es schaffen, Ihre innere Haltung zu leben und zu vermitteln. Gerade für eine junge Führungskraft gehört dazu viel Mut. Doch die Führungskraft wird ihren Mitarbeitern auf Dauer gut tun, wenn sie zuallererst sich selbst gut tut. Dann ist sie bei sich und authentisch anstatt nur eine – für sie unstimmige – Führungsrolle zu spielen.
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Literatur
- 1 Spitzer RB. 2004. Gegen den Strom schwimmen: Die Herausforderungen des Gesundheitswesens. In: Drucker PF, Paschek P, (Hrsg.) Kardinaltugenden effektiver Führung. 133-146
- 2 In der Literatur ist das Phänomen, dass die Beförderung von Mitarbeitern in die nächste Leitungsebene häufig mehr mit ihrer Fachlichkeit in der aktuellen Position als mit den Anforderungen der neuen Position zu tun hat, als "Peter-Prinzip" bekannt, benannt nach dem Urheber der Überlegung Laurence J. Peter. Vgl. Laurence J. Peter; Raymond Hull 1972 Das Peter-Prinzip oder die Hierarchie der Unfähigen. Kapitel 1
- 3 In der systemischen Organisationsentwicklung verwenden Schmidt/Messmer den Begriff der optimalen Passung, wenn eine Funktion so gestaltet ist, dass sie gleichzeitig optimal dem Kerngeschäft der Organisation dient als auch darin die Kernkompetenzen der Person optimal zum Tragen kommen. Vgl. Schmidt, B./Messmer, A. 2005 Systemische Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung. 28
- 4 Schmidt W. 3. Auflage, 2004. Mit sich selbst befreundet sein: Von der Lebenskunst im Umgang mit sich selbst.
- 5 Beobachtung von Bewertung zu trennen, ist ein Grundprinzip der Gewaltfreien Kommunikation nach dem international anerkannten Konfliktmediator Rosenberg. Vgl. Rosenberg, M.B. 2005 Gewaltfreie Kommunikation, Eine Sprache des Lebens.
- 6 Unter dem Begriff der "Transaktionsanalyse" versteht man meist ein Repertoire an psychologischen Erklärungskonzepten für menschliches Erleben und Verhalten. Die Grundideen der Transaktionsanalyse wurden in den 50er und 60er Jahren des Zwanzigstens Jahrhunderts von Erice Berne entwickelt.
- 7 Hagehülsmann U, Hagehülsmann U. 3. Auflage, 2007. Der Mensch im Spannungsfeld seiner Organisation.
- 8 Schmid B. 2. Auflage 2006. Systemisches Coaching.
- 9 Auch der Management-Vordenker P. F. Drucker, vertritt die Philosophie, dass ein Manager seiner sozialen Funktion auf Dauer effektiv nur gerecht werden kann, wenn er sein Handeln an bestimmten Werten orientiert. Vgl. Drucker, P.F./ Paschek, P. Hrsg. 2004 Kardinaltugenden effektiver Führung.
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Literatur
- 1 Spitzer RB. 2004. Gegen den Strom schwimmen: Die Herausforderungen des Gesundheitswesens. In: Drucker PF, Paschek P, (Hrsg.) Kardinaltugenden effektiver Führung. 133-146
- 2 In der Literatur ist das Phänomen, dass die Beförderung von Mitarbeitern in die nächste Leitungsebene häufig mehr mit ihrer Fachlichkeit in der aktuellen Position als mit den Anforderungen der neuen Position zu tun hat, als "Peter-Prinzip" bekannt, benannt nach dem Urheber der Überlegung Laurence J. Peter. Vgl. Laurence J. Peter; Raymond Hull 1972 Das Peter-Prinzip oder die Hierarchie der Unfähigen. Kapitel 1
- 3 In der systemischen Organisationsentwicklung verwenden Schmidt/Messmer den Begriff der optimalen Passung, wenn eine Funktion so gestaltet ist, dass sie gleichzeitig optimal dem Kerngeschäft der Organisation dient als auch darin die Kernkompetenzen der Person optimal zum Tragen kommen. Vgl. Schmidt, B./Messmer, A. 2005 Systemische Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung. 28
- 4 Schmidt W. 3. Auflage, 2004. Mit sich selbst befreundet sein: Von der Lebenskunst im Umgang mit sich selbst.
- 5 Beobachtung von Bewertung zu trennen, ist ein Grundprinzip der Gewaltfreien Kommunikation nach dem international anerkannten Konfliktmediator Rosenberg. Vgl. Rosenberg, M.B. 2005 Gewaltfreie Kommunikation, Eine Sprache des Lebens.
- 6 Unter dem Begriff der "Transaktionsanalyse" versteht man meist ein Repertoire an psychologischen Erklärungskonzepten für menschliches Erleben und Verhalten. Die Grundideen der Transaktionsanalyse wurden in den 50er und 60er Jahren des Zwanzigstens Jahrhunderts von Erice Berne entwickelt.
- 7 Hagehülsmann U, Hagehülsmann U. 3. Auflage, 2007. Der Mensch im Spannungsfeld seiner Organisation.
- 8 Schmid B. 2. Auflage 2006. Systemisches Coaching.
- 9 Auch der Management-Vordenker P. F. Drucker, vertritt die Philosophie, dass ein Manager seiner sozialen Funktion auf Dauer effektiv nur gerecht werden kann, wenn er sein Handeln an bestimmten Werten orientiert. Vgl. Drucker, P.F./ Paschek, P. Hrsg. 2004 Kardinaltugenden effektiver Führung.