physiopraxis 2011; 9(7/08): 37-39
DOI: 10.1055/s-0031-1285122
physiotherapie

Hands-on: Mobilisation der ersten Rippe – Dreifach, praktisch, gut

Birgit Ferber-Busse
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Publication Date:
29 July 2011 (online)

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Erfahrene Therapeuten stellen in dieser neuen Serie Werkzeuge für die Hands-on- und Hands-off-Therapie vor. Den Anfang macht Birgit Ferber-Busse. Sie beschreibt die Mobilisation der ersten Rippe.

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Birgit Ferber-Busse ist Physiotherapeutin und Lehrerin im Maitland-Konzept. Sie arbeitet in eigener Praxis in Erding bei München.

Die erste Rippe ist an vielen Bewegungen der BWS, der HWS und des Schultergürtels beteiligt. Dadurch unterliegt sie vielen Einflüssen und wird oft schmerzhaft und/oder steif. In Folge kann es zu verschiedenen Beschwerden kommen, unter anderem

  • > Thoracic-Outlet-Syndrom,

  • > Steifigkeiten in der unteren HWS und oberen BWS,

  • > Bewegungseinschränkungen bei Schultergürtelproblemen,

  • > Schulter-Arm-Syndrome und nicht dermatomale Armschmerzen.

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Die Untersuchung

Kommt ein Patient mit Beschwerden, an denen die erste Rippe beteiligt sein könnte, untersucht der Therapeut zunächst verschiedene Bewegungsrichtungen (posterior-anterior, anterior-posterior und longitudinal-kaudal) (Abb. 1-3, S. 38-39) im Hinblick auf Schmerz, Widerstand und Schutzspasmus. Die Unter-suchungs- entspricht der Behandlungstechnik. Die Bewegungsrichtungen orientieren sich nicht zwingend an der Biomechanik.

Findet der Therapeut heraus, dass die Rippe in eine oder mehrere Richtungen steif und/oder schmerzhaft ist oder kann er die Symptome des Patienten provozieren, folgt eine Probebehandlung. Die Behandlungstechniken passt der Therapeut an: Steht bei dem Patienten der Schmerz im Vordergrund, dann sollte die Mobilisation diese reduzieren. Entsprechend sollte die Intensität der Mobilisation eher niedrig und die Dauer zunächst eher gering sein. Ist primär der Bewegungswiderstand der Rippe erhöht, können Mobi-lisationsintensität und -dauer höher sein.

Eine passive Mobilisation ist nicht indiziert bei schwerer Osteoporose, starken Entzündungszeichen, einem schlechten Allgemeinzustand des Patienten oder falls andere Red Flags vorliegen.

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Die Behandlungsvarianten

Um ein optimales Behandlungsergebnis zu erzielen, gibt es von jeder Mobilisationstechnik verschiedene Varianten. Beispielsweise kann der Therapeut

  • > die ASTE des Patienten variieren: von einer asymptomatischen bis hin zu einer funktionellen bzw. endgradigen Ausgangsstellung (wenn zum Beispiel die Elevation des Armes endgradig eingeschränkt ist, kann der Therapeut die Rippe mobilisieren, während der Arm in maximaler Schultergelenkflexion liegt).

  • > die Intensität variieren: Bei starken Schmerzen wählt er zum Beispiel eine Bewegungsamplitude ohne Widerstand, bei starken Bewegungseinschränkungen mobilisiert er mit viel Druck.

  • > die Richtung variieren („angulieren“): je nachdem mehr nach medial, lateral, kranial oder kaudal. Das ist sinnvoll, wenn dort der Widerstand höher ist, die Symptome klarer auszulösen sind oder der Schmerz dort geringer ist und sich die Symptome verbessern.

  • > den Rhythmus variieren: langsam, schnell, gehalten etc.

Mobilisation der ersten Rippe

anterior-posterior

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(Fotos: IMTA-Skript Level1, mit freundlicher Genehmigung)

  • > Allgemein: Die erste Rippe ist daumenbreit kaudal des Sterno-klavikulargelenks zu finden. Nur an dieser Stelle kann man die Rippe in anterior-posteriore Richtung mobilisieren. Weiter lateral verschwindet sie unter der Klavikula.

  • > ASTE: Der Patient liegt auf dem Rücken, den Kopf am oberen Ende der Behandlungsbank. Der Therapeut steht am Kopfteil der Bank. Um eine exakt anterior-posteriore Mobilisationsrichtung zu erreichen, lässt der Therapeut die Bank herab, sodass er mit seinem Sternum senkrecht über der ersten Rippe des Patienten stehen kann.

  • > Griff: Beide Daumen des Therapeuten liegen flächig parallel auf der ersten Rippe, seine Daumengrundgelenke sind gestreckt.

  • > Mobilisation: Der Therapeut mobilisiert aus einer Körperbewegung heraus. Seine Hände bleiben ruhig liegen, die Ellenbogen sind etwas gebeugt. Bei der Mobilisation stellt er sich einen Faden vor, der von seinem Sternum bis zur ersten Rippe des Patienten führt und stets gleichmäßig gespannt bleibt. Um die Mobilisation nach lateral, medial und kaudal zu angulieren, richtet der Therapeut seinen Oberkörper bzw. sein Sternum entsprechend aus.

  • > Tipp: Falls dem Patienten der Daumendruck unangenehm ist, kann der Therapeut die Position der Daumen beziehungsweise deren Auflagefläche minimal variieren.

posterior-anterior

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  • > Allgemein: Um die erste Rippe zu finden, fährt der Therapeut mit der radialen Handkante ganz eng parallel zur HWS an dieser entlang. Der erste feste (knöcherne) Widerstand ist die erste Rippe.

  • > ASTE: Der Patient liegt auf dem Bauch. Um den M. trapezius zu entspannen, sind seine Arme im Ellenbogen abgewinkelt und liegen neben dem Kopf. Er kann auch die Hände unter die Stirn legen. Der Therapeut steht am Kopfteil der Bank.

  • > Griff: Beide Daumen des Therapeuten liegen parallel von dorsal auf der ersten Rippe. Entweder palpiert er diese durch den M. trapezius pars descendens hindurch, oder er verschiebt den Muskel so weit, dass die Daumen direkt auf der Rippe liegen. Je nach Beschaffenheit der HWS kann die näher am Nacken liegende Therapeutenhand (bei der Mobilisation der linken Rippe die linke) auch den Nacken umschmiegen, um eine angenehme Kontaktfläche zu schaffen. Die andere Hand (in diesem Fall die rechte) arbeitet vorwiegend mit dem Daumen.

  • > Mobilisation: Der Therapeut mobilisiert mit beiden Daumen die Rippe über eine Oberkörperbewegung nach ventral. Seine Hände bleiben ruhig liegen, die Ellenbogen sind etwas gebeugt. Bei dieser Technik ist es möglich, die Behandlungsrichtung nach medial, lateral und kaudal zu angulieren.

  • > Tipp: Schmerzen bei dieser Mobilisation können entstehen, wenn die Spannung in den Flexoren der Therapeutendaumen zu hoch ist. Daher ist wichtig, dass der Therapeut seinen Griff immer wieder überprüft und seine Hände „entspannt“.

longitudinal-kaudal

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  • > Allgemein: Um die erste Rippe zu finden, fährt der Therapeut mit der radialen Handkante ganz eng parallel zur HWS an dieser entlang. Der erste feste (knöcherne) Widerstand ist die erste Rippe.

  • > ASTE: Der Patient liegt auf dem Rücken nahe der Bankkante, hier der rechten. Sein Kopf liegt am oberen Bankende. Die Arme liegen entspannt, eventuell ist der Schultergürtel leicht eleviert, um die Muskelspannung in der oberen Thoraxapertur zu verringern. Der Therapeut kniet im Einbeinkniestand am Kopfende der Bank, um bei der Applikation der Technik eine exakte longi-tudinal-kaudale Bewegungsrichtung gewährleisten zu können.

  • > Griff: Die Daumen beider Hände stehen senkrecht zueinander.

  • > Mobilisation: Der Mobilisationsschub geht in Richtung der Füße des Patienten. Der Therapeut mobilisiert aus einer Körperbewegung heraus. Seine Hände bleiben ruhig liegen, die Ellenbogen sind etwas gebeugt. Bei dieser Technik kann er die Behandlungs-richtung nach medial oder lateral angulieren. Dafür stellt der Therapeut sein Sternum in die entsprechende Richtung ein.

  • > Tipp: Die ASTE des Therapeuten sieht etwas abenteuerlich aus, doch es lohnt sich, sie genau so auszuprobieren.

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Birgit Ferber-Busse ist Physiotherapeutin und Lehrerin im Maitland-Konzept. Sie arbeitet in eigener Praxis in Erding bei München.

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(Fotos: IMTA-Skript Level1, mit freundlicher Genehmigung)

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