Pneumologie 2011; 65(12): 751-755
DOI: 10.1055/s-0031-1291437
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Chronische Lungenerkrankung: Sicht der Partner und deren Einschätzung bezüglich der Effekte von Lungensport

Chronic Pulmonary Diseases: Point of View of Partners and their Assessments with Regard to the Effects of Lung Sports
C. Nell
Klinik für Innere Medizin, SP Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin, Philipps-Universität Marburg (Direktor: Prof. Dr. C. Vogelmeier)
,
K. Kehr
Klinik für Innere Medizin, SP Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin, Philipps-Universität Marburg (Direktor: Prof. Dr. C. Vogelmeier)
,
O. Hildebrandt
Klinik für Innere Medizin, SP Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin, Philipps-Universität Marburg (Direktor: Prof. Dr. C. Vogelmeier)
,
K. Sohrabi
Klinik für Innere Medizin, SP Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin, Philipps-Universität Marburg (Direktor: Prof. Dr. C. Vogelmeier)
,
W. Cassel
Klinik für Innere Medizin, SP Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin, Philipps-Universität Marburg (Direktor: Prof. Dr. C. Vogelmeier)
,
T. Greulich
Klinik für Innere Medizin, SP Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin, Philipps-Universität Marburg (Direktor: Prof. Dr. C. Vogelmeier)
,
K-I. Koehler
Klinik für Innere Medizin, SP Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin, Philipps-Universität Marburg (Direktor: Prof. Dr. C. Vogelmeier)
,
U. Koehler
Klinik für Innere Medizin, SP Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin, Philipps-Universität Marburg (Direktor: Prof. Dr. C. Vogelmeier)
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Ulrich Koehler
Klinik für Innere Medizin
SP Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin
Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH
Standort Marburg
Baldingerstraße 1
35033 Marburg

Publication History

eingereicht 04 August 2011

akzeptiert nach Revision 20 September 2011

Publication Date:
23 November 2011 (online)

 

Zusammenfassung

Hintergrund: Chronische Erkrankungen der Atmungsorgane haben neben der Einschränkung der Lungenfunktion vor allem auch körperliche, psychische und soziale Folgeeffekte. Die chronische Erkrankung beeinträchtigt aber nicht nur die Lebensqualität des Erkrankten, sondern auch die des Lebenspartners/Angehörigen. In der Behandlung haben sich neben medikamentösen Therapieansätzen vor allem auch ambulante Rehabilitationsmaßnahmen als effektiv erwiesen. In dieser Pilotstudie sollen drei Fragen beantwortet werden: 1. Wie ist die Lebensqualität des Partners/Angehörigen des chronisch Erkrankten durch dessen Erkrankung beeinträchtigt? 2. Wie schätzt der Partner/Angehörige die Einflussnahme der Erkrankung auf den chronisch Erkrankten ein? 3. Wie schätzt der Partner/Angehörige den Einfluss von Lungensport auf den chronisch Erkrankten ein?

Methodik: Ein eigens konzipierter Fragebogen wurde den Lebenspartnern/Angehörigen von 25 Patienten mit chronischer Lungenerkrankung übergeben. Diese Patienten, 23 mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung und 2 mit Lungenfibrose, nehmen seit über drei Jahren einmal wöchentlich am Lungensport teil. Das Alter der Patienten beträgt im Mittel 67 Jahre.

Ergebnisse: Die Erkrankung des Patienten beeinträchtigt auch die Lebensqualität der Lebenspartner nachhaltig. Die Auswirkungen der Lungenerkrankung des Patienten auf den gesunden Partner werden als eher moderat eingeschätzt. Einschränkungen des sozialen Lebens werden wesentlich vom Ausmaß der benötigten Hilfestellung an den Lungenkranken beeinflusst. Der therapeutische Einfluss von Lungensport auf die Befindlichkeiten des Erkrankten wird seitens des Partners/Angehörigen als durchweg positiv beschrieben.

Fazit: Eine chronische Lungenerkrankung beeinträchtigt auch die Lebensqualität der Lebenspartner/Angehörigen. Mit der Inanspruchnahme verstärkter Hilfestellung im täglichen Leben geht eine Beeinträchtigung der Lebensqualität der Partner einher. Lungensport zeigt nach Auffassung der Lebenspartner/Angehörigen einen positiven Effekt auf alle Lebensbereiche des chronisch Erkrankten.


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Abstract

Background: Chronic diseases of the respiratory organs have, besides restrictions of lung function, also physical, mental and social consequences. The chronic disease impacts negatively not only the patient's own quality of life but also that of his/her partner and/or relative. As treatment modalities, besides drug therapy, above all outpatient rehabilitation measures have proved to be effective. In this pilot study we sought answers to three questions: (i) How is the quality of life of the patient's partner and/or relative influenced by the disease? How does the partner/relative assess the effect of the disease on the chronically ill patient? How does the partner/relative assess the effect of lung sports on the chronically ill patient?

Methods: A specially conceived questionnaire was given to the partners/relatives of 25 patients with chronic pulmonary diseases. The patients, 23 with chronic obstructive pulmonary disease and 2 with pulmonary fibrosis, have been participating in lung sports once a week for more than three years. The average age of the patients was 67 years.

Results: The patients' illness also negatively influenced the quality of life of the partner to a considerable extent. The impact of the patients' pulmonary disease on the healthy partner was assessed as being rather moderate. Restrictions of social life were essentially influenced by the amount of assistance required by the pulmonary patient. The therapeutic effects of lung sports on the well-being of the patient were aways considered to be positive by the respective partner/relatives.

Conclusion: A chronic pulmonary illness also has a negative influence on the partner/relative's quality of life. The necessity for extensive assistance in daily life is accompanied by a considerable negative impact on the partner's quality of life. According to the opinion of the partner/relative, lung sports have positive effects in all of the chronically ill patient's fields of life.


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Einleitung

Chronische Erkrankungen der Atmungsorgane haben neben der Einschränkung der Lungenfunktion vor allem auch körperliche, psychische und soziale Folgeeffekte [1]. Die COPD, die als Systemerkrankung zu verstehen ist, führt zu einer stetigen Abnahme der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit und damit auch zu Auswirkungen auf das psychosoziale Leben. Vor allem im Hinblick auf die Verrichtungen des täglichen Lebens benötigen Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen Unterstützung. Einschränkungen beim Treppensteigen, Tragen oder gar beim Gehen, psychische Krankheitsfolgen in Form von Angst, Depression und sozialer Isolation prägen das Gesamtbild der chronischen Lungenerkrankungen. Psychische Störungen wie Depressionen und Angstzustände sind bei Patienten mit COPD und anderen chronischen Lungenerkrankungen häufig zu finden [5].

Der Therapieansatz bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen wie der COPD ist multimodal [1]. Neben der Symptomlinderung und Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit durch eine antiobstruktive medikamentöse Therapie zielt eine pneumologische Rehabilitation insbesondere auch auf eine weitestgehende Wiederherstellung von Unabhängigkeit, Selbstvertrauen und sozialer Teilhabe ab. Ambulanter Rehabilitationssport ist bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen nachweislich therapeutisch effektiv, sowohl was die Verbesserung des somatischen als auch des psychischen Beschwerdebildes anbelangt [4]. Die Fortführung einer ambulanten oder stationären Rehabilitation durch eine Sport- und Bewegungstherapie in Lungensportgruppen verbessert die Nachhaltigkeit der positiven somatischen und psychischen Effekte und ist deshalb von elementarer therapeutischer Relevanz [3].

Inwieweit und wie die chronische Lungenerkrankung Einfluss auf die „Lebensqualität“ der Partner/Angehörigen der Patienten nimmt und wie der Effekt von Lungensport aus Sicht der Partner/Angehörigen beurteilt wird, ist bislang nicht systematisch untersucht worden. Die vorliegende Studie dient der Beantwortung folgender Fragestellungen: 1. Wie ist die Lebensqualität des Partners/Angehörigen des chronisch Erkrankten durch dessen chronische Lungenerkrankung beeinträchtigt? 2. Wie schätzt der Partner/Angehörige die Einflussnahme der Erkrankung auf den chronisch Erkrankten ein? 3. Wie schätzt der Partner/Angehörige den Einfluss von Lungensport auf den chronisch Erkrankten ein?


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Methode

Entwicklung des Fragebogens

Für diese Pilotstudie wurde ein Fragebogen für die Angehörigen von chronisch Lungenerkrankten konzipiert. Entwickelt wurde dieser von Experten, bestehend aus einer Gruppe von Ärzten, Psychologen, Sporttherapeuten und Statistikern. So wurde zunächst eine erste Version entwickelt, die anschließend in einem Probelauf bezüglich ihrer Verständlichkeit für Studienteilnehmer getestet wurde. Im weiteren Verlauf wurde dann der endgültige optimierte Fragebogen erstellt. Dieser besteht aus 18 Fragen und bezieht sich inhaltlich auf die Lebensqualität der Erkrankten, deren Krankheitsverständnis bzw. Umgang mit der Erkrankung, mögliche Persönlichkeitsveränderungen, Einschränkungen im sozialen Leben, den Einfluss der Krankheit auf die Lebenspartner sowie auch speziell den Einfluss der Lungensportteilnahme auf den Betroffenen und den Partner. Die Antworten sollten zum einen nach dem Multiple-Choice-System gegeben werden, zum anderen waren den Studienteilnehmern visuelle Analogskalen mit 9 Markierungen (Striche), deren Extrempunkte jeweils Benennungen trugen (sehr schlecht – sehr gut, deutliche Verschlechterung – deutliche Verbesserung, gar nicht – sehr stark usw.) vorgegeben. Auf diesen Analogskalen sollte jeweils der am ehesten zutreffende Punkt ausgewählt werden.


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Auswahl des Kollektivs

Das Studienkollektiv setzt sich aus Partnern/Angehörigen von Teilnehmern der Lungensportgruppe eines ortsansässigen Sportvereins mit Gesundheitssportabteilung zusammen. Die Patienten und deren Partner/Angehörige besuchen jährlich 4 bis 5 Weiterbildungsveranstaltungen der Selbsthilfegruppe der Patientenliga Atemwegserkrankungen und haben demzufolge ein sehr hohes Wissensniveau. Die Schulungs- und Weiterbildungsveranstaltungen werden überwiegend von ärztlichem Personal durchgeführt.


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Statistische Analyse

Zur Kollektivbeschreibung und zur Einschätzungsdarstellung auf den visuellen Analogskalen wurden Mittelwerte und Standardabweichungen berechnet. Zusammenhänge zwischen Angaben der Angehörigen wurden mittels Spearman Rang-Korrelationskoeffizienten analysiert und als bedeutsam angesehen, wenn die vereinbarte Irrtumswahrscheinlichkeit von α = 0,05 (zweiseitig) unterschritten wurde.


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Ergebnisse

Beschreibung des Kollektivs

Von 25 befragten Partnern/Angehörigen der Patienten waren 14 Frauen und 11 Männer. Die anthropometrischen Daten der Patienten, die Diagnosen sowie die Einteilung der COPD-Schweregrade sind [Tab. 1] zu entnehmen. Die Patienten nehmen am Lungensport seit mindestens drei Jahren teil.

Tab. 1

Anthropometrische Daten der Patienten.

Patienten (n = 25)

MW ± SD

Alter

66,8 ± 9,2

Größe

166 ± 8

Gewicht

73,5 ± 12,9

BMI

26,5 ± 4,2

FEV1

62,7± 22,3

 

Anzahl

männlich

14

weiblich

11

COPD II

15

COPD III

 4

COPD IV

 4

Lungenfibrose

 2

BMI: Body-Mass-Index; FEV1: Einsekundenkapazität


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Einfluss der chronischen Lungenerkrankung auf den gesunden Lebenspartner

Im Durchschnitt fühlen sich die befragten Personen über die Krankheit ihres Partners gut informiert mit einem Mittelwert und einer Standardabweichung (MW ± SD) von 6,96 ± 1,03 auf einer Skala von 0 (sehr schlecht) bis 9 (sehr gut). Die chronische Erkrankung zeigt keine wesentliche Auswirkung auf die Beziehung zum Patienten, führt aber zu einer geringen numerischen Verschlechterung des Soziallebens ([Abb. 1]). So konnte bei Betrachtung der Auswirkung der chronischen Erkrankung auf das Sozialleben der Befragten auf einer Skala von 0 (Sozialleben deutlich verschlechtert) bis 9 (deutliche Verbesserung) ein MW von 3,88 ± 1,83 beobachtet werden. Die Beziehung des Befragten zum kranken Lebenspartner wird im Mittel durch die Krankheit praktisch nicht oder wenig beeinflusst (MW 4,54 ± 1), das gleiche gilt für den Schlaf der Befragten (MW 4,8 ± 1,28).

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Abb. 1  Auswirkungen der Krankheit auf den gesunden Partner.

Zwischen Veränderungen der Beziehung zum Patienten und dem sozialen Leben besteht ein bedeutsamer positiver Zusammenhang (r = 0,425; p < 0,05). Dies bedeutet, dass die Erkrankung des Partners als jeweils in die gleiche Richtung wirkend eingeschätzt wird: Eine verschlechterte Beziehung zum chronisch Erkrankten geht mit einem verschlechterten sozialen Leben, eine verbesserte Beziehung mit einer Verbesserung der Kontakte zu Freunden und Bekannten einher. [Abb.  2] zeigt, dass die gesunden Lebenspartner den Erkrankten im täglichen Leben in moderatem Umfang Hilfestellung leisten müssen, hierbei beträgt der MW 4,1 ± 1,98 auf einer Skala von 0 (gar nicht) bis 9 (sehr stark). Auch das Leiden der Gesunden unter der Erkrankung des Lebenspartners ist erkennbar (MW 4,25 ± 1,89), es wird als moderat eingeschätzt.

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Abb.  2  Einfluss der Krankheit auf den Befragten.

Je stärker die Befragten unter der Erkrankung des Partners leiden, desto eher wird eine Verschlechterung des sozialen Lebens berichtet (r = − 0,6; p < 0,05). Auch bei gesteigerter Notwendigkeit für Hilfestellungen wird eine Beeinträchtigung des sozialen Lebens des Befragten (r = − 0,44; p < 0,05) berichtet.


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Einflüsse der chronischen Lungenerkrankung auf den Erkrankten

Die Befragten wurden gebeten, Fragen zur Persönlichkeitsveränderung, zur allgemeinen Stimmung, zum Umgang des chronisch Erkrankten mit der Krankheit und zur Einschränkung dessen körperlicher Leistungsfähigkeit zu beantworten. Eine moderate Änderung der Persönlichkeit seit Beginn der Krankheit wird berichtet (MW 4,1 ± 2,09 auf einer Skala von 0 (keine Veränderung) bis 9 (ausgeprägte Veränderung)) ([Abb. 3a]). Eine ausgeprägtere Veränderung der Stimmungslage wurde nicht beobachtet (MW 4,11 ± 1,58; (0 = deutliche Verschlechterung bis 9 = deutliche Verbesserung)) ([Abb. 3b]). Persönlichkeitsveränderungen und Stimmungseinschätzung korrespondieren recht eng miteinander: Stimmungsverschlechterungen gehen mit ausgeprägteren Persönlichkeitsveränderungen einher, bei geringen Persönlichkeitsveränderungen wird eine eher gute Stimmung des Patienten berichtet (r = − 0,549; p < 0,05). Die Krankheitseinschätzung der Patienten wurde auf einer Skala von „verleugnend“ bis „realistisch“ (0 – 9) fast ausschließlich realistisch bewertet (MW: 7,77 ± 1,12) ([Abb. 3c]). Beim Umgang mit der Krankheit von „sehr schlecht“ bis „sehr gut“ (0 – 9) wird ein eher guter Umgang geschildert (MW: 6,3 ± 1,4) ([Abb. 3 d]). Auch hier gibt es einen tendenziellen Zusammenhang mit Persönlichkeitsveränderungen – guter Umgang mit der Erkrankung korrespondiert mit geringer Persönlichkeitsveränderung (r = − 0,365; p < 0,1).

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Abb. 3  a, b Einschätzung von Persönlichkeits und Stimmungsveränderungen, c, d Krankheitseinschätzung und Umgang mit der Erkrankung.

18 Angehörige bekundeten eine deutliche Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Patienten seit Krankheitsbeginn, 6 keine Einschränkungen, und ein Befragter konnte dazu keine Aussage treffen ([Abb. 4]).

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Abb. 4  Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

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Auswirkungen der Lungensport-Teilnahme auf den chronisch Erkrankten

Hier wurden Fragen zu den Einflüssen des Lungensports auf das Gesamtbefinden, die körperliche Belastbarkeit, die Stimmung und das Sozialverhalten des kranken Lebenspartners gestellt. Die Ergebnisse sind in [Abb. 5] dargestellt. Demnach sind in allen Rubriken auf einer Skala von 0 (deutlich verschlechtert) bis 9 (deutlich verbessert) eher positive Einflüsse zu erkennen.

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Abb. 5  Auswirkungen des Lungensports.

In Bezug auf das Gesamtbefinden der Erkrankten konnten Anzeichen für eine Verbesserung aufgezeigt werden (MW = 7,15 ± 1,32). Auch die körperliche Belastbarkeit nahm nach Angaben der Befragten mit einem MW von 6,71 ± 1,31 zu. Die Stimmung des Kranken verbesserte sich ebenso (MW = 7,05 ± 1,19) wie auch das Sozialverhalten (MW = 6,76 ± 1,23). Wie zu erwarten, zeigen sich deutlich positive Zusammenhänge zwischen diesen Variablen. Verbesserungen der körperlichen Belastbarkeit gehen mit Stimmungsverbesserungen und Verbesserungen der sozialen Situation einher (Interkorrelationen zwischen 0,74 und 0,82; p je < 0,05). Bezüglich der Wirkmechanismen schätzten die Angehörigen der Patienten den sozialen Aspekt des Lungensports, das Zusammensein mit anderen Betroffenen und den Erfahrungsaustausch als sehr wirksam (MW 7,66 ± 1) und vom Absolutwert her sogar noch etwas höher ein als den naheliegenden Trainingseffekt der körperlichen Aktivität (7,16 ± 1,22; vgl. [Abb. 6]).

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Abb. 6  Was ist beim Lungensport wirksam?

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Diskussion

Anhand der Ergebnisse unserer Pilotstudie wird deutlich, dass die chronische Lungenerkrankung auch die Lebensqualität der Lebenspartner/Angehörigen beeinflusst. Interessanterweise werden hinsichtlich der Beziehung Patient – Lebenspartner/Angehöriger keine „deutlichen“ Probleme angegeben, obwohl die Erkrankten die Unterstützung der Lebenspartner vermehrt in Anspruch nehmen müssen und die Krankheit Einfluss auf das soziale Leben von Patient und Lebensparter nimmt. Die Patienten gehen sehr gut mit ihrer Krankheit um, allerdings sind durch die Lebenspartner in Einzelfällen Persönlichkeitsveränderungen und natürlich oft krankheitsbedingte Beeinträchtigungen der körperlichen Leistungsfähigkeit beobachtet worden. Eigene Schlafstörungen werden von den Partnern/Angehörigen der Patienten selten beschrieben. Dies mag dadurch erklärbar sein, dass in der Studie überwiegend Patienten mit einer COPD mäßiggradigen Ausmaßes (GOLD II) vertreten sind und vergleichsweise wenig Hilfestellungen – insbesondere auch nachts – seitens der Partner/Angehörigen geleistet werden müssen. Angehörige von Patienten mit schwergradiger, insbesondere sauerstoffbedürftiger, chronischer Lungenerkrankung beklagen sich deutlich häufiger über Beziehungsprobleme und auch nächtliche Durchschlafstörungen.

Dass die Partner/Angehörigen unserer Lungensportpatienten sich vergleichsweise nur wenig durch die chronische Erkrankung ihrer Partner belastet fühlen, hängt, nach unserer Einschätzung, ganz wesentlich damit zusammen, dass die Verzahnung von Lungensport und wiederholter theoretischer Wissensvermittlung für die Patienten und deren Partner/Angehörige eine ideale Form der Informations- und Kommunikationsvermittlung darstellt. Patienten und Partner/Angehörige besuchen jährlich 4 bis 5 Weiterbildungsveranstaltungen der Selbsthilfegruppe der Patientenliga Atemwegserkrankungen am Klinikum und haben ein sehr hohes Wissensniveau. Lungensport und kontinuierlich reproduzierte Wissensvermittlung führen somit zu folgenden Effekten: 1. Verbesserung und Stabilisierung des kardiorespiratorischen Status des Patienten, 2. Etablierung eines Forums zum Informations- und Problemaustausch unter Betroffenen mit vergleichbarem Krankheitsbild und 3. mehr Verständnis von Partnern/Angehörigen für den Erkrankten sowie eine Entlastung der Partner/Angehörigen hinsichtlich der Funktion des „Ersthelfers“.

Auffällig ist die positive Einschätzung des Lungensporteffektes im Hinblick auf das Gesamtbefinden, die körperliche Belastbarkeit, das soziale Leben sowie auch die Stimmung der Erkrankten. Die Teilnahme am Lungensport führt nach Angaben der Partner/Angehörigen beim Patienten zu einer Verbesserung der Belastbarkeit, der Stimmung sowie der Teilhabe am sozialen Leben. Die Trainingstherapie spielt somit sowohl in somatischer als auch psychosozialer Hinsicht eine bedeutsame Rolle. Die COPD als systemische Erkrankung hat langfristig eben nicht nur pulmonale Auswirkungen mit Einschränkung der Lungenfunktion, sondern auch muskuläre, kardiale, ossäre und insbesondere psychosoziale Folgen [2]. Das Ausmaß der körperlichen Aktivität von Patienten mit COPD hat einen engen Bezug zu Morbidität und Mortalität der Erkrankung. So ist das Risiko der Hospitalisierung sowie der Mortalität bei körperlich aktiven Patienten mit COPD signifikant geringer [3]. Ambulanter Rehabilitationssport ist nachweislich therapeutisch effektiv!

Bei dieser Studie handelt es sich um ein Pilotprojekt. Die Patientenzahl ist vergleichsweise klein, die Patientengruppe ist heterogen (23 Patienten mit COPD, 2 mit Lungenfibrose) bei einem deutlichen Überwiegen von Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung im Stadium 2 nach GOLD. In weiterführenden Untersuchungen sollten eine Kontrollgruppe, bestehend aus Angehörigen von chronisch Lungenerkrankten, die an keiner Lungensportgruppe teilnehmen, sowie größere Patientenkollektive mit COPD-Schweregraden GOLD III und IV sowie Patienten mit Sauerstoffbedürftigkeit berücksichtigt werden. Parallel zur Beantwortung der Fragen unseres Fragebogens durch die Partner/Angehörigen sollten auch die Patienten ihren Gesundheitszustand und ihre Lebensqualität mit Hilfe des CAT-Scores (COPD assessment test) oder des „St. George’s Repiratory Questionaire (SGRQ)“ beurteilen, um unterschiedliche Wahrnehmungen bzw. Einschätzungen zu verifizieren.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Danksagung

Wir bedanken uns bei Friedhelm Stadtmüller und Margit Nahrgang sowie allen Patienten und deren Partner/Angehörigen für ihre Bereitschaft an der Teilnahme zu dieser Befragung.


Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Ulrich Koehler
Klinik für Innere Medizin
SP Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin
Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH
Standort Marburg
Baldingerstraße 1
35033 Marburg


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Abb. 1  Auswirkungen der Krankheit auf den gesunden Partner.
Zoom Image
Abb.  2  Einfluss der Krankheit auf den Befragten.
Zoom Image
Abb. 3  a, b Einschätzung von Persönlichkeits und Stimmungsveränderungen, c, d Krankheitseinschätzung und Umgang mit der Erkrankung.
Zoom Image
Abb. 4  Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit.
Zoom Image
Abb. 5  Auswirkungen des Lungensports.
Zoom Image
Abb. 6  Was ist beim Lungensport wirksam?