Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2011; 7(03): 139-140
DOI: 10.1055/s-0031-1295331
Aktuell diskutiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

St. Gallen Consensus Conference 2011 – Biologische Subtypen bestimmen die adjuvante Therapie von Brustkrebs

T. Ruhstaller
,
B. Thürlimann
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Publication Date:
25 October 2011 (online)

Die Konsensuskonferenz 2011 fokussierte mehr auf kontrovers diskutierte Studienresultate als darauf, allseits akzeptierte Standards zu formulieren. Ein Schwerpunkt bildete die lokoregionäre Therapie, insbesondere die Axillachirurgie nach Sentinel-Operation. Neu richtet sich die adjuvante Therapie vornehmlich nach dem biologischen Subtyp des Mammakarzinoms, welcher anhand konventioneller Pathologie definiert werden kann.

Im März 2011 fand in den OLMA-Hallen St. Gallen die 12. Internationale Brustkrebskonferenz mit anschließender Konsensuskonferenz statt. Daran nahmen 4 300 Leute aus 96 Ländern teil, etwas weniger als vor 2 Jahren, bedingt durch den starken Schweizer Franken und das Unglück in Japan. Von Mittwoch bis Freitag stellten ausgewählte Redner die neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen der letzten 2 Jahre vor. Am Samstagmorgen fand dann öffentlich der eigentliche Konsensus statt. 51 internationale Brustkrebsspezialisten aller Fachrichtungen mussten zu über 100 aktuellen Fragen bezüglich Behandlung von Brustkrebs Stellung beziehen und abstimmen. Die Fragen waren den Panelmitgliedern vorgängig zugestellt worden. Die Abstimmungsresultate werden dann in eine Publikation münden, welche wieder einen weltweit anerkannten Rahmen für die primäre Behandlung von Brustkrebs für die nächsten beiden Jahre vorgeben wird. Erstmals wurden die Panellists auch aufgefordert, ihre "conflicts of interest" offen zulegen.

Viele Fragen betreffen Bereiche, in denen keine klare Evidenz vorliegt und doch täglich Therapieentscheidungen getroffen werden müssen. Es handelt sich also nicht um eine Richtlinie, welche nur auf Evidenzlevel 1 basierend vorschreibt, wie wir die Patientinnen zu behandeln haben, sondern vielmehr um eine sehr breit abgestützte und ausgewogene Expertenmeinung zu vielen Therapieempfehlungen, auch im Graubereich der Evidenz. Trotzdem oder gerade deswegen widerspiegelt dieser Konsensus seit vielen Jahren eine Art weltweit akzeptierte Leitplanke als Diskussionsgrundlage für gemeinsame Therapieentscheidungen mit der Patientin in diesem immer komplexer werdenden Gebiet der primären Therapie bei Brustkrebs (Abb. [ 1 ]).

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Abb. 1 Vier Schritte zur Entscheidungsfindung bei der adjuvanten Therapie.

Am Konsensus 2005, weitergeführt 2007, fand der fundamentale Wechsel der Hauptkriterien zur Auswahl der adjuvanten Therapie statt, weg von primär auf dem Rückfallrisiko basierten Kriterien zur Auswahl der Zielstrukturen am Tumor, welche prädiktiv für eine spezifische Therapie ("first select the target") sind. 2009 wurden dann vor allem diese sogenannten "Targets" genauer definiert, beziehungsweise "Thresholds" für diese zielgerichteten Therapien festgelegt, zum Beispiel ab wann gilt HER2 als positiv. 2011 richtet sich die Therapieempfehlung nun erstmals nach dem biologischen Subtyp. Diese biologischen Subtypen werden determiniert durch mehrere prädiktive Faktoren gleichzeitig, welche in früheren Konsensus noch als einzelne Faktoren betrachtet wurden.