manuelletherapie 2012; 16(01): 32-33
DOI: 10.1055/s-0032-1304757
Schwerpunkt SIG
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Profi-Tipp

M. Erhard
1   Physio Training Academy, Franz-Conrad-Str. 1, 77815 Bühl
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Markus Erhard

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Publication Date:
22 February 2012 (online)

 

Zusammenfassung

MYOFASZIALES TAPING: Faszien sind nicht nur passive Hüllen, sondern auch aktive Kraftüberträger. Werden sie kontrakt, können sie zu Schmerzen und Funktionseinschränkungen führen. Myofasziales Taping kann die Faszienspannung regulieren und die Beschwerden des Patienten schnell und deutlich verbessern. Durch mehrere Anlagen auch langfristig.


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Vita

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Markus Erhard ist Sportwissenschaftler und Entwickler des „Myofaszialen Tapings“. Er ist Geschäftsführer, fachlicher Leiter der Physio Training Academy und spezialisiert auf myofasziale Therapiekonzepte und Behandlungen sowie Doktorand im Bereich Physiotherapie.

Symptome und Tests

  • Patientin mit Schmerzen im Bereich des rechten SIG, besonders im Sitzen und in Bewegung

  • Wert auf der visuellen Analogskala (VAS) 7,5 (von 10)

  • Funktionseinschränkungen im Hüftgelenk, insbesondere während der Flexion

  • asymmetrische Faszienspannung, auf der rechten Seite erhöht (Kieferbereich, ischiokrurale Muskulatur)


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Hypothesen

  • Über- und Fehlbelastungen erhöhen die auf das SIG wirkenden Muskel- und Faszienspannungen und führen zur Dysfunktion des Gelenks (Blockade).

  • Kiefergelenk und SIG beeinflussen sich gegenseitig ungünstig.


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Hintergrund

  • Laut Untersuchungen der Physio Training Academy treten bei mehr als 93% der Patienten mit SIG-Beschwerden Fehlspannungen im Kieferbereich auf [1].

  • Bei fast allen Patienten mit Fehlspannungen im Kieferbereich verbessert sich die SIG-Funktion, wenn der Therapeut den Kieferbereich tapet [1].


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Anlage der Tapes

  • Der Therapeut setzt Crossies (Cross-Tape, Gittertape) und die myofaziale Release-Technik ein. Durch das Reduzieren der myofaszialen Spannung verlängern sich die Faszien wieder.

  • Die [Abb. 1]–[Abb. 6] zeigen sehr effektive Anlagen. Sie berücksichtigen die Wechselwirkungen im myofaszialen System umfassend.

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Abb. 1 Crossies (Cross-Tape, Gittertape) auf dem Kiefergelenk: Zuerst dehnt der Therapeut die Muskulatur, Faszien und Haut so weit wie möglich (schmerzfrei) vor. Anschließend legt er das Tape an. Der einsetzende myofasziale Release (Entspannung) setzt sich zügig nach kaudal fort. Weiterhin unbehandelt sind jedoch die an der SIG-Blockade beteiligten Faszien und Ligamente.
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Abb. 2 Anlegen einer myofaszialen Release-Technik auf der ischiokruralen Muskelfaszie: Die Ischiokruralen beeinflussen das SIG sehr stark. Der Therapeut setzt in der Kniekehle ohne Zug einen kleinen Anker (5 cm). Entlang der ischiokruralen Muskelfaszie tapet er dagegen mit 70–100% Zug und bewirkt so einen myofaszialen Release. Kranial laufen die letzten 5 cm der Tapeanlage ohne Zug aus.
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Abb. 3 Am besten beide Beine tapen: Die oberflächliche Rückenlinie beeinflusst das SIG durch die ischiokruralen Muskeln, die im Seitenvergleich oft unterschiedlich hohe Spannungen aufweisen, häufig sehr stark. Nur die symptomatische Seite zu tapen, würde eigentlich ausreichen. Tapet der Therapeut beide Seiten, setzt er positive Impulse für die gesamte Region. Beide Hüftgelenke, das Becken und die LWS profitieren davon.
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Abb. 4 Vorpositionieren für die SIG-Technik: Zuerst positioniert sich die Patientin an der Therapiebank. Sie flektiert und adduziert im Hüftgelenk, flektiert im Kniegelenk, lateralflektiert und flektiert ihre Wirbelsäule nach vorne-links, sodass sie mit den Armen auf der Bank stützen kann. Diese Ausgangsstellung erhöht ihre Spannung im Gesäßbereich.
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Abb. 5 Anlegen der myofaszialen Release-Technik im SIG-Bereich: Der Therapeut setzt das Tape mittig auf dem Sakrum zwischen den Spinae iliacae posteriores superiores (SIPS) mit einem kleinen, zugfreien Anker (5 cm) an, der zur rechten Crista iliaca ausgerichtet ist. Mit maximalem Zug zieht er das Tape an der Crista entlang bis zur Spina. Ein ca. 5 cm langes Tapeende läuft zugfrei aus.
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Abb. 6 Fertig: Das Tape entlastet die sakrale und thorakolumbale Faszie, den M. latissimus sowie über einen Release Teile der Laterallinie und der tiefen Frontallinie, den M. piriformis, M. quadratus lumborum, die schräge Bauchmuskulatur, thorakale und faziale Faszien (Kiefer).

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Wirkungen

  • Die Myofasziale Tapingmethode stellt die myofasziale Balance wieder her und optimiert das myofasziale System (Grundprinzip).

  • Myofasziale Release- und Aktivierungstechniken regulieren rasch die myofasziale Spannung: sofort nach der Tapeanlage. Dysfunktionen und Schmerzen reduzieren sich, Muskelfunktionen und Bewegungen verbessern sich. Auch in diesem Fall ist die Patientin wieder schmerzfrei (VAS 0).

  • Je nach Problematik verändert der myofasziale Release meist schon nach 5–15 Tagen langfristig die Faszienstruktur. Die myofasziale Spannung passt sich dauerhaft an.

  • In ca. 95% der Fälle ist die schmerzhafte SIG-Blockade beseitigt.


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  • Literatur

  • 1 Erhard M. Basiskurs Flexotaping. Myofasziales Taping. Bühlertal: unveröffentlichtes Manuskript 2011

Korrespondenzadresse
Markus Erhard

  • Literatur

  • 1 Erhard M. Basiskurs Flexotaping. Myofasziales Taping. Bühlertal: unveröffentlichtes Manuskript 2011

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Abb. 1 Crossies (Cross-Tape, Gittertape) auf dem Kiefergelenk: Zuerst dehnt der Therapeut die Muskulatur, Faszien und Haut so weit wie möglich (schmerzfrei) vor. Anschließend legt er das Tape an. Der einsetzende myofasziale Release (Entspannung) setzt sich zügig nach kaudal fort. Weiterhin unbehandelt sind jedoch die an der SIG-Blockade beteiligten Faszien und Ligamente.
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Abb. 2 Anlegen einer myofaszialen Release-Technik auf der ischiokruralen Muskelfaszie: Die Ischiokruralen beeinflussen das SIG sehr stark. Der Therapeut setzt in der Kniekehle ohne Zug einen kleinen Anker (5 cm). Entlang der ischiokruralen Muskelfaszie tapet er dagegen mit 70–100% Zug und bewirkt so einen myofaszialen Release. Kranial laufen die letzten 5 cm der Tapeanlage ohne Zug aus.
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Abb. 3 Am besten beide Beine tapen: Die oberflächliche Rückenlinie beeinflusst das SIG durch die ischiokruralen Muskeln, die im Seitenvergleich oft unterschiedlich hohe Spannungen aufweisen, häufig sehr stark. Nur die symptomatische Seite zu tapen, würde eigentlich ausreichen. Tapet der Therapeut beide Seiten, setzt er positive Impulse für die gesamte Region. Beide Hüftgelenke, das Becken und die LWS profitieren davon.
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Abb. 4 Vorpositionieren für die SIG-Technik: Zuerst positioniert sich die Patientin an der Therapiebank. Sie flektiert und adduziert im Hüftgelenk, flektiert im Kniegelenk, lateralflektiert und flektiert ihre Wirbelsäule nach vorne-links, sodass sie mit den Armen auf der Bank stützen kann. Diese Ausgangsstellung erhöht ihre Spannung im Gesäßbereich.
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Abb. 5 Anlegen der myofaszialen Release-Technik im SIG-Bereich: Der Therapeut setzt das Tape mittig auf dem Sakrum zwischen den Spinae iliacae posteriores superiores (SIPS) mit einem kleinen, zugfreien Anker (5 cm) an, der zur rechten Crista iliaca ausgerichtet ist. Mit maximalem Zug zieht er das Tape an der Crista entlang bis zur Spina. Ein ca. 5 cm langes Tapeende läuft zugfrei aus.
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Abb. 6 Fertig: Das Tape entlastet die sakrale und thorakolumbale Faszie, den M. latissimus sowie über einen Release Teile der Laterallinie und der tiefen Frontallinie, den M. piriformis, M. quadratus lumborum, die schräge Bauchmuskulatur, thorakale und faziale Faszien (Kiefer).