Endo-Praxis 2012; 28(01): 27-28
DOI: 10.1055/s-0032-1305977
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Berufspolitik – Kommentar der DEGEA zum Vorschlag der EU-Kommission

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Publication Date:
20 February 2012 (online)

 

Der Vorschlag der EU-Kommission, die Richtlinie 2005/36/EG zur automatischen Anerkennung des Berufsabschlusses Gesundheits- und Krankenpflege zu modernisieren und die Zugangsvoraussetzungen anzuheben, ist sehr zu begrüßen. Die Positionspapiere von DBfK und DPR sind auch vonseiten der DEGEA nur zu unterstützen. Eine Akademisierung der Pflege wird nicht nur bei Berufseinsteigern zu einer gesteigerten Attraktivität des Berufs führen. Sie wird auch zu einer Aufwertung für diejenigen führen, die schon länger im Beruf arbeiten. Dies zeigen Erfahrungen aus europäischen Ländern, die diesen Prozess in den letzten Jahren gegangen sind. Pflegekräfte erhalten durch ein Studium mehr Kompetenzen, kritisch zu denken, ihr eigenes Vorgehen zu hinterfragen und in Anlehnung an evidenzbasierte Pflege und Medizin zu handeln. Sie werden befähigt, verfügbare Literatur kritisch zu analysieren und auch das eigene Pflegehandeln ggf. durch Studien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu überprüfen. Dadurch erhöht sich auch die Attraktivität für diejenigen, die sich weiterentwickeln möchten. Engagierte Kollegen bleiben im Beruf und wandern nicht in andere Fachgebiete oder Berufe ab.

Brauchen wir in der Endoskopie studierte Pflegekräfte? In anderen Ländern findet die Grundausbildung oft in Kombination mit einem Bachelor-Studiengang statt. In der Endoskopie absolvieren viele Pflegekräfte noch zusätzlich einen Master-Studiengang oder legen andere zusätzliche Qualifikationen ab. In Ländern, die vor Kurzem erst den Weg zur Akademisierung eingeschlagen haben, werden Weiterbildungen oder Zusatzqualifikationen als Bachelor- oder Master-Studiengänge angeboten. Auf europäischen Kongressen, wie dem ESGENA-Kongress, stellen viele Pflegekräfte eigene Studien, Umfragen, Projekte oder Untersuchungen vor, durch die sie ihr eigenes Handeln hinterfragt oder belegt haben. Dies hat nach Angaben der Kollegen durchaus zu einer Steigerung der Attraktivität ihrer Tätigkeiten und zu größerer Anerkennung durch andere Berufsgruppen geführt. In anderen Ländern können studierte Pflegekräfte in der Endoskopie/Gastroenterologie erweiterte Aufgaben übernehmen. Sie beraten ausgewählte Patientengruppen oder führen verschiedene gastrointestinale Funktionstests durch, dies natürlich immer unter Supervision eines Gastroenterologen.

In Großbritannien und Schweden gibt es universitäre Kurse zum Nurse Endoscopist, was momentan in Deutschland aufgrund rechtlicher Gegebenheiten und berufspolitischer Vorgaben noch nicht denkbar ist. Endoskopiepflegepersonen erfüllen in anderen Ländern auch erweiterte Managementaufgaben oder sind in der Fort- und Weiterbildung innerhalb der Klinik tätig, oft begleitend zu ihrer Tätigkeit in der Endoskopie. Das bietet vielfältige Aufstiegs- und Qualifikationsmöglichkeiten in Kombination mit der Endoskopie.

In Deutschland ist nach der Fachweiterbildung oder dem Stationsleitungskurs für viele Pflegekräfte das Ende der Karriereleiter in der Endoskopie erreicht. Wer sich weiter entwickeln möchte, verlässt die Endoskopie in Richtung Management, Controlling oder Pädagogik oder wechselt in andere Tätigkeiten. Dadurch gehen unserem Fachbereich wertvolles Fachwissen sowie engagierte und kritische Pflegekräfte verloren. Es gibt bereits eine Reihe von studierten Kollegen, die noch in der Pflege und auch in der Endoskopie tätig sind. Noch haben sie sich aus eigenem Antrieb auf den Weg gemacht. Jetzt gilt es, diesen Kollegen neue Aufgabenfelder entsprechend ihrer erweiterten Qualifikationen zu ermöglichen und mit ihnen Pionierarbeit in Deutschland zu leisten.

Wünschenswert ist es, durch eine zunehmende Akademisierung einerseits die Aufwertung für Pflegekräfte sowie mehr Qualifikations- und Karrieremöglichkeiten in der Endoskopie zu erreichen und andererseits die schon lange fällige Anschlussfähigkeit des Pflegeberufes in der immer mehr zusammenwachsenden Europäischen Union zu fördern.

Ulrike Beilenhoff, Ute Pfeifer, Anja Stelte, Kornelia Wietfeld
Vorstand der DEGEA