Krankenhaushygiene up2date 2012; 07(02): 71
DOI: 10.1055/s-0032-1309974
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hygiene-Hype!

Heinz-Michael Just
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Publication Date:
26 June 2012 (online)

 
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Heinz-Michael Just

Neue Gesetze, neue Verordnungen [1], neues Interesse. Das Internet, die Informationsquelle von heute. Unscharf formuliert steht Hype am ehesten für eine Sache von übersteigertem, auf jeden Fall aber zeitlich begrenztem Interesse. Für Skeptiker damit zwangsweise von fragwürdiger Bedeutung. Womit der Begriff passend die aktuelle Situation der Krankenhaushygiene umschreibt. Die KRINKO-Empfehlung ist nach der Gesetzesnovellierung die Grundlage [2]. Krankenhaushygieniker sind keine zu finden. Der Bedarf an Hygienefachkräften schwierig zu errechnen, hygienebeauftragte Pflegekräfte eine neue Erfindung, hygienebeauftragte Ärzte werden neu definiert [3]. Alle sind ihrer Alibifunktion beraubt. Dazu kommen neue Qualifizierungsmaßstäbe, global angepasst [4].

Dem gegenüber stehen Politik und Medien die versuchen, aus vermeintlichen oder echten Hygienefehlern zu profitieren. Letztere mit Sensationsberichten für die Leser, erstere mit Gesetzesaktivismus gipfelnd in Qualitätsindikatoren für die Wähler. Die Leser sind die Wähler. Qualitätsindikatoren müssen deshalb einfach sein. Einfach zu erstellen, einfach zu präsentieren, einfach zu verstehen. Passt das ins Zeitalter evidenzbasierter Medizin?

Es gilt einige weit verbreitete Irrtümer zu beseitigen. Hygiene im Krankenhaus ist Infektionsvermeidung, nicht Putzen und Saubermachen. Infektionsvermeidung basiert auf Wissen um Infektionsentstehung und ist naturgemäß vielschichtiger Natur – also nicht einfach! Hygiene als Qualitätsparameter ist es ebenso wenig. Nach Logik wie Gesetz baut sie sich auf in Struktur-, Prozess- und zuletzt Ergebnisparameter. Und nicht umgekehrt, oder gar nur Letztere, wie von der Politik gewünscht [5]. Für Ergebnisparameter sind nämlich die medizinischen Einrichtungen verantwortlich, für die ersten beiden Träger und Politik.

Die Auftaktveranstaltung des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Erarbeitung dieser politisch gewollten aber schrägen Qualitätsparameter endete also folgerichtig in einem Eklat [6] Dass die Politik daraus lernt widerspricht den Erfahrungen. Der Leidtragende ist der Patient. Wir brauchen dringend Qualitätstransparenz in allen medizinischen Einrichtungen. Heute mehr denn je, denn der Patient wird immer mehr Objekt der Begierde zur Gewinnmaximierung. Ursprünglich sollte er Objekt der Hilfsbereitschaft sein. Die Zeiten ändern sich eben – Hippokrates ist schon lange tot. Wann der Wähler (als Patient) das wohl merken wird? Aber welche Wahl hat er? Momentan ist keine in Sicht.


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