Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0032-1310037
Perioperative Antibiotikaprophylaxe bei Adipositas
Publication History
Publication Date:
27 June 2012 (online)
Adipositas gilt als Risikofaktor für postoperative Wundinfektionen, wobei ein multifaktorielles Geschehen als Ursache angenommen wird. Eine unzureichende klinische Wirkung der perioperativen Antibiotikaprophylaxe durch relative Unterdosierung könnte ein beeinflussbarer Teil des Puzzles sein. Toma und Mitarbeiter untersuchten daher die Plasma- und Gewebekonzentrationen von Cefoxitin bei übergewichtigen Patienten während abdominalchirurgischer Eingriffe.
Die Studienpatienten wurden mit einem Mikrodialysekatheter im Fettgewebe und einem zusätzlichen intravenösen Katheter für die Entnahme von Blutproben versorgt. Sie erhielten Cefoxitin (1 g bei Patienten unter 80 kg Körpergewicht und 2 g bei Patienten über 80 kg Körpergewicht) bei Anästhesieeinleitung. Mikrodialyseproben wurden alle 15 Minuten und Blutproben nach einem festen Zeitschema bis zu 8 Stunden nach Antibiotikagabe entnommen. Insgesamt 14 Patienten mit einem Body Mass Index (BMI) von 43 ± 10 kg/m² (2 g Cefoxitin) und 13 Patienten mit einem BMI von 20 ± 2 kg/m² (1 g Cefoxitin) wurden in die Studie eingeschlossen.
Die gemessenen Plasmakonzentrationen und die „Area under the Concentration-Time-Curve“ (AUC) waren in der Adipositasgruppe ungefähr 2fach erhöht, was der erhöhten Cefoxitindosis entspricht. Gemessene und dosisnormalisierte subkutane Gewebekonzentrationen und AUC waren jedoch deutlich erniedrigt verglichen mit den normalgewichtigen Patienten. Es ergab sich eine umgekehrt proportionale Entwicklung zwischen Gewebepenetration (AUCGewebe/AUCPlasma) und BMI. Die Gewebepenetration war mit 0,08 ± 0,07 bei den adipösen Patienten deutlich niedriger als bei den normalgewichtigen Patienten (0,37 ± 0,26; p > 0,05) und die Gewebekonzentration bei Hautschnitt (7,8 ± 7,3 µg/g) und Hautnaht (2,7 ± 1,4 µ/g) lag deutlich unter der minimalen Hemmkonzentration (MHK) für Aerobier (8 µg/ml) und Anaerobier (16 µg/ml). In der normalgewichtigen Patientengruppe wurden durchweg Gewebekonzentrationen oberhalb der MHK erreicht.
Die Autoren folgern aus ihrer Untersuchung, dass die perioperative Antibiotikaprophylaxe bei deutlich übergewichtigen Patienten durch relative Unterdosierung bei schlechter Gewebepenetration in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigt ist und spekulieren, dass dies ein Grund für die Häufung von postoperativen Wundinfektionen in dieser Risikopopulation sein könnte.
Fazit: Die Autoren zeigen, dass selbst bei einem bereits teilweise dosisadaptierten Regime für Cefoxitin bei Patienten mit Adipositas per magna keine ausreichenden Gewebespiegel bei der perioperativen Antibiotikaprophylaxe erreicht werden. Auch wenn die Autoren keine konkreten Dosierungsempfehlungen geben und auf die Notwendigkeit weiterer Studien verweisen, erscheint angesichts der therapeutischen Breite der in der PAP verwendeten Basalcephalosporine eine deutliche Dosiserhöhung bei stark übergewichtigen Patienten schon heute gerechtfertigt.
PD Dr. Sebastian Schulz-Stübner, Freiburg