Einleitung
Bis zu 35 % der Bevölkerung vermuten unter einer Nahrungsmittelallergie zu leiden, was sich in 1 – 11 % der Fälle bestätigt. Diese Häufigkeit offenbart die Notwendigkeit einer aussagekräftigen, zeitsparenden und kostengünstigen Diagnostik [1]
[2].
Die Mehrzahl der Nahrungsmittelallergien wird durch die Bindung spezifischen IgEs an Nahrungsmittelproteine vermittelt. Die Symptomatik reicht von einem milden oralen Allergiesyndrom bis hin zu lebensbedrohlichen Anaphylaxien.
Die Diagnostik umfasst neben der Anamnese üblicherweise den laborchemischen Nachweis des spezifischen IgEs, kutane Testungen sowie im Einzelfall orale Provokationen. Der Nachweis des spezifischen IgEs im Serum der Patienten erfolgte bislang mithilfe wässriger Gesamtallergenextrakte, welche relevante Allergene jedoch teils in unzureichender Menge enthalten, sodass die Sensitivität in vielen Fällen unzureichend ist. Diese Diagnostik hat in den letzten Jahren eine zunehmende Revolution erfahren. Es werden mehr und mehr einzelne Allergene identifiziert, welche im Weiteren mittels molekularbiologischer Methoden als Einzelallergene rekombinant hergestellt und der klinischen Routinediagnostik zugänglich werden. Diese sogenannte komponentenbasierte Diagnostik des spezifischen IgEs erlaubt dem behandelnden Arzt in vielen Fällen eine bessere Einschätzung bezüglich möglicher Kreuzreaktivitäten, da die Einteilung der Allergene nicht mehr nur ihrem biologischen Ursprung nach möglich ist, sondern auch in gattungsübergreifende Proteinfamilien. Mit der Diagnose einer Nahrungsmittelallergie ist die klinische Relevanz einer diagnostizierten Sensibilisierung verbunden, hierzu ist in vielen Fällen eine orale Provokationstestung erforderlich, welche sehr kosten- und zeitaufwendig sowie mit dem Risiko schwerer allergischer Reaktionen verbunden ist. Daher ist es ein großes Ziel, Marker für schwere Anaphylaxien zu finden.
Ein gutes Beispiel hier ist eine Studie mit Seren apfelallergischer Patienten, die zudem auf die regionalen Unterschiede in Europa hinweist. So zeigten Apfelallergiker in den Niederlanden, Österreich und Italien eher mildere Symptome, insbesondere im Sinne eines oralen Allergiesyndroms in Verbindung mit einer Birkenpollenallergie bzw. einer Mal-d-1-Sensibilisierung, dem homologen Allergen des Apfels zu dem Bet v 1 der Birke. In Spanien reagierten die Patienten jedoch häufiger als in den anderen Regionen mit schweren Symptomen in Verbindung mit einer Pfirsichallergie bei einer Sensibilisierung gegen Mal d 3, dem nichtspezifischen Lipidtransferprotein (nsLTP) des Apfels [3].
In diesem Artikel sollen Beispiele für die klinische Anwendung dieser komponentenbasierten Diagnostik in der Abklärung von Nahrungmittelallergien gegeben werden. Um dies besser verständlich zu machen, wird vorab das Grundprinzip der Allergennomenklatur und der Diagnostik erläutert sowie in der Allergologie bedeutende Proteinfamilien zum besseren Verständnis aufgeführt.
Bedeutende Allergenfamilien
Die nach dem derzeitigen Kenntnisstand im Bereich der Nahrungsmittelallergien bedeutenden Proteinfamilien werden im Weiteren dargestellt. Ihre Einteilung erfolgt anhand ihrer Struktur, hierdurch lassen sich Aussagen bezüglich ihrer Stabilität machen, aber auch zu möglichen Kreuzreaktivitäten [7].
Bet-v-1-Homologe
Die primäre Sensibilisierung hier erfolgt durch das Majorallergen der Birke Bet v 1, welches zu der „Pathogenesis-related protein family 10“ (PR-10) gehört. In Mitteleuropa sind 5 – 15 % der Bevölkerung gegen Bet v 1 sensibilisiert, eine Bet-v-1-Sensibilisierung ist hier der häufigste Grund für eine Nahrungsmittelallergie im Jugend- und Erwachsenenalter [8]. Die Proteine sind aufgrund ihrer Struktur hitze- sowie säurelabil, daher sind die Symptome ihrer assoziierten Nahrungsmittelallergien überwiegend auf den Mundrachenraum begrenzt im Sinne eines oralen Allergiesyndroms. Sie sind überwiegend leichter Natur, es kann jedoch auch in Einzelfällen zu bedrohlicheren örtlichen sowie systemischen Reaktionen kommen.
In der kutanen Diagnostik mittels Pricktestung ist die Prick-zu-Pricktestung mit frischen Nahrungsmitteln der Diagnostik mit kommerziellen Testextrakten überlegen [9]. Beispiele für Bet-v-1-homologe Nahrungsmittelallergene sind in [Tab. 1] aufgelistet.
Tab. 1
Beispiele für Bet-v-1-homologe Nahrungsmittelallergene.
Name
|
Herkunft
|
Act c 8
|
Goldene Kiwi
|
Act d 8
|
Grüne Kiwi
|
Act d 11
|
Grüne Kiwi
|
Api g 1
|
Sellerie
|
Ara h 8
|
Erdnuss
|
Cas s 1
|
Esskastanie
|
Cor a 1
|
Haselnuss
|
Dau c 1
|
Karotte
|
Fra a 1
|
Erdbeere
|
Gly m 4
|
Soja
|
Lyc e 4
|
Tomate
|
Mal d 1
|
Apfel
|
Pru ar 1
|
Aprikose
|
Pru av 1
|
Kirsche
|
Pru p 1
|
Pfirsich
|
Pyr c 1
|
Birne
|
Rub i 1
|
Himbeere
|
Vig i 1
|
Mungbohne
|
Nicht-spezifische Lipidtransferproteine
Nicht-spezifische Lipidtransferproteine (nsLTPs) gehören zur Superfamilie der Prolamine, es handelt sich um pflanzliche Stressproteine, welche als Panallergene in Nahrungsmitteln, Pollen und Latex vorkommen. Klinisch relevante Sensibilisierungen werden überwiegend im Mittelmeerraum und in Spanien beobachtet. Durch ihre Hitze- und Säurestabilität sind sie in der Lage, primäre Sensibilisierungen im Gastrointestinaltrakt hervorzurufen. Der Hauptauslöser für eine solche primäre Sensibilisierung auf nsLTPs ist das Pru p 3 des Pfirsichs. Pru p 3 gilt als Marker für eine nsLTP-Sensibilisierung [10]
[11]
[12]
[13]. Ein weiteres Beispiel für eine klinisch relevante nsLTP-Sensibilisierung ist das Bäckerasthma, es sind ca. 60 % der Patienten auf das Weizen-LTP Tri a 14 sensibilisiert [14].
Zur In-vivo-Diagnostik eignet sich zudem die Prick-zu-Pricktestung aus nativem Material, aufgrund der hohen Stabilität der Proteine.
Eine Sensibilisierung auf Pru p 3 gilt als Risikomarker für schwere allergische Reaktionen, ist jedoch nicht prädiktiv [15]. Für die Beratung der Patienten ist es wichtig zu wissen, dass es sowohl kreuzreaktive als auch spezies-spezifische Epitope der LTPs gibt und der Allergengehalt sich sehr unterscheidet in den verschiedenen Pflanzen sowie Pflanzenteilen. Die bedeutende Frage einer prädiktiven Aussage für klinisch relevante Sensibilisierungen bzw. schwere Anaphylaxien ist der bisherigen Studienlage zufolge eingeschränkt.
Wie eine italienische Studie zeigte, haben Patienten mit einer klinisch relevanten LTP-Sensibilisierung (hier untersucht auf Haselnuss, Walnuss, Erdnuss, Mais, Reis und Tomate) höhere spezifische IgE-Werte (Gesamtextrakt), der prädiktive Wert war jedoch limitiert. Für Pru p 3 zeigten die Patienten mit einer klinisch relevanten Allergie auf Haselnuss, Walnuss und Pfirsich signifikant höhere Werte, für Mais, Reis und Tomate ergaben sich hier jedoch keine Unterschiede [16].
In einer spanischen Studie wurden 430 Patienten mittels einer Pricktestung auf Pru p 3 hinsichtlich einer LTP-Sensibilisierung gescreent. 12,3 % zeigten eine LTP-Sensibilisierung. In dieser Subgruppe beschrieben 37,7 % Beschwerden im Sinne einer Nahrungsmittelallergie nach Genuss von Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs, wobei 69,9 % pollenallergisch waren. Die beschriebene Klinik war in 86 % rein lokal, in 14 % systemisch [12].
Oleosine
Lipophile Nahrungsmittelallergene, die sich häufig aufgrund der Verwendung überwiegend wässriger Allergenextrakte der Diagnostik entziehen.
Profiline
Profiline kommen in allen eukaryotischen Zellen vor und zeigen eine hohe Kreuzreaktivität. Erstmalig als Allergen wurden Sie 1991 von Valenta et al. beschrieben. Die Profilin-Sensibilisierung verläuft überwiegend ohne eine entsprechende Klinik, Studien zur Aufklärung sind jedoch häufig dadurch erschwert, dass die Patienten zumeist Kosensibilisierungen haben u. a. zu Bet v 1 [17]
[18].
Profiline werden z. B. als relevantes Allergen der Melone vermutet [19]
[20].
Speicherproteine
Sie sind überwiegend stabil und machen einen großen Teil des Proteingehaltes in Nüssen, Hülsenfrüchten, Samen und Getreide aus [7].
Es werden unterschieden: 2S-Albumine aus der Prolaminfamilie sowie Globuline aus der Cupinsuperfamilie, hierzu gehören Viciline und Legumine.
Beispiele sind:
Gly m 5 und 6 aus Soja
Ara h 1, 2, 3 aus der Erdnuss
Cor a 9 aus der Haselnuss
Lup an 1 aus der Lupine
Kreuzreaktive Kohlenhydratdeterminanten
Es handelte sich hier um Zuckerseitenketten von Glykoproteinen, welche ebenfalls als Allergenepitope erkannt werden und für Kreuzreaktivitäten außerhalb der bekannten Proteinfamilien verantwortlich sind. Von großem Interesse ist dies beispielsweise in der Diagnostik von Insektengiftallergien. Im Falle diskrepanter Testergebnisse empfiehlt sich die Bestimmung des spezifischen IgEs gegen MUXF3 der reinen Kohlenhydratkette, welche dem Bromelain der Ananas entstammt.
Klinische Beispiele
Erdnuss
Die Erdnüsse (Arachis) gehören in die Gruppe der Schmetterlingsblütler aus der Familie der Hülsenfrüchte. Sie werden für den Genuss üblicherweise geröstet, frittiert oder gekocht, wobei der Röstprozess den Allergengehalt der Erdnüsse erhöht [21].
Die Erdnuss enthält bis zu 32 verschiedene Proteine, wobei 18 davon spezifisches IgE binden können [22]
[23]. Ihre Hauptallergene sind die Samenspeicherproteine aus der Gruppe der Viciline, Conglutinine und Glycinine. Die erdnussallergischen Patienten sind zumeist gegen mehrere der Erdnussallergene allergisch und selten gegen nur ein einzelnes [24].
Ara h 2 war in Studien 100 % sensitiv und 96 % spezifisch für die Diagnose einer Erdnussallergie im Gegensatz zu nicht klinisch relevant sensibilisierten Patienten [25]. Eine Polysensibilisierung gegen auch die anderen Speicherproteine Ara h 1 und 3 gilt als Hinweis für schwerere Reaktionen [26]. Wichtig zu beachten sind hier die großen regionalen Unterschiede der Majorallergene bei Erdnussallergikern. Für spanische Kinder stellt das LTP der Erdnuss, Ara h 9, ein bedeutsameres Majorallergen dar, als dies in New York oder Göteborg der Fall ist [27]
[28].
Kreuzreaktivitäten mit anderen Leguminosen sind möglich [29]
[30]
[31]
Ara h 8 gehört in die Gruppe der Pathogenesis Related Proteins PR-10 und besitzt große Homologien zu Bet v 1. Dieses Allergen besitzt im Gegensatz zu den Speicherproteinen eine geringere Hitze- und Säurestabilität.
In [Tab. 2] findet sich eine Zuordnung von Erdnussallergenen zu den verschiedenen Proteinfamilien.
Tab. 2
Zuordnung von Erdnussallergenen zu Proteinfamilien.
Allergen
|
Allergenfamilie
|
Ara h 1
|
Vicilin, Speicherprotein
|
Ara h 2
|
Conglutin, Speicherprotein
|
Ara h 3/4 bzw. 3.02
|
Glycinin, Speicherprotein
|
Ara h 5
|
Profilin
|
Ara h 6/7
|
Conglutin, Speicherprotein
|
Ara h 8
|
Bet-v-1-homologes PR10-Protein
|
Ara h 9
|
nicht spezifisches Lipidtransferprotein
|
Ara h 10/11
|
Oleosine
|
Soja
In [Tab. 3] findet sich eine Auflistung von deklarierten Sojaallergenen. Eine Sensibilisierung gegen die Speicherproteine Gly m 5 und 6 gilt als hinweisend für schwere Reaktionen. Wohingegen über Gly m 4 sojaallergische Patienten eher milde Reaktionen zeigten. Es gibt jedoch auch zahlreiche Berichte über schwere Anaphylaxien Gly-m-4-allergischer Patienten, auch bedingt durch den Genuss thermisch gering prozessierter Sojaprodukte [9]
[32]
[33]
[34]
[35]
Tab. 3
Zuordnung von Sojaallergenen zu Proteinfamilien.
Allergen
|
Allergenfamilie
|
Gly m 1
|
nsLTP
|
Gly m 2
|
Defensin
|
Gly m 3
|
Profilin
|
Gly m 4
|
Bet-v-1-Familie
|
Gly m 5
|
Vicilin, Speicherprotein
|
Gly m 6
|
Legumin, Speicherprotein
|
Haselnussallergie
Die Haselnussallergie stellt neben der Apfelallergie über das Bet-v-1-homologe Cor a 1 die häufigste birkenpollenkreuzallergene Nahrungsmittelallergie dar, kann jedoch auch primär erworben werden [15]. Für die Haselnuss sind bislang 8 Nahrungsmittelallergene identifiziert, neben Cor a 1, Cor a 2 (Profilin), Cor a 8 (LTP), Cor a 9 (Legumin), Cor a 11 (Vicilin), Cor a 12 (Oleosin), Cor a 13 und Cor a 14 (2S-Albumin).
Patienten mit einer Sensibilisierung gegen Cor a 1 weisen überwiegend ein orales Allergiesyndrom auf, eine Sensibilisierung gegen Cor a 8 zeigt häufiger Systemreaktionen. Cor a 9 spielt als Majorallergen in den USA eine wichtige Rolle und scheint bei Kindern ein relevantes Majorallergen zu sein [15].
Früchte
Die häufigsten Nahrungsmittelsensibilisierungen in Europa bestehen gemäß den Daten des EuroPrevall-Projektes gegen Pfirsiche (5,4 %), Äpfel (4,2 %), Kiwi (3,6 %), Bananen (2,5 %) und Melonen (1,6 %), wobei es hier jedoch große regionale Unterschiede gibt [36].
Apfel
Das Bet-v-1-homologe Majorallergen Mal d 1 des Apfels führt in erster Linie zu Beschwerden im Sinne eines oralen Allergiesyndroms. Wie Untersuchungen von Ebo et al. zeigen konnten, erlaubt Mal d 1 jedoch keine Diskriminierung zwischen einer klinisch irrelevanten Sensibilisierung im Gegensatz zu einer Allergie. Es deutete sich in seinen Untersuchungen nur an, dass Patienten mit einer klinisch nicht relevanten Sensibilisierung ein eher schmales Sensibilisierungsspektrum aufwiesen im Gegensatz zu den Allergikern [37].
Kiwi
Allergien gegen Kiwi treten als Kreuzallergien zu Birke, Gräserpollen und Latex auf, aber auch als Monosensibilisierungen. Es sind 11 Allergene der grünen Kiwifrucht über die IUIS deklariert ([Tab. 4]). Eine Sensibilisierung gegen das Majorallergen Act d 1 gibt einen signifikanten Hinweis für eine Monosensibilisierung gegen Kiwi, wohingegen eine Act-d-7- bzw. Act-d-8-Sensibilisierung für eine pollenkreuzreaktive Sensibilisierung spricht. Die Sensitivität der extraktbasierten IgE-Diagnostik liegt bei lediglich 17 %, im Vergleich zu einer Sensitivität von 77 % bei Hinzunahme aller rekombinanten Allergene [38].
Tab. 4
Zuordnung von Kiwiallergenen zu Allergenfamilien.
Allergen
|
Allergenfamilie
|
Goldene Kiwi
|
Act c 5
|
Kiwellin
|
Act c 8
|
Pathogenesis-related protein PR-10
|
Act c 10
|
nsLTP
|
Grüne Kiwi
|
Act d 1
|
Cystein protease
|
Act d 2
|
Thraumatin-like protein
|
Act d 3
|
|
Act d 4
|
Phytocystatin
|
Act d 5
|
Kiwellin
|
Act d 6
|
Pectin methylesterase Inhibitor
|
Act d 7
|
Pectin methylesterase
|
Act d 8
|
Pathogenesis-related protein PR-10
|
Act d 9
|
Profilin
|
Act d 10
|
nsLTP
|
Act d 11
|
Major latex protein
|
In der goldenen Kiwi ist der Act-d-1-Gehalt um das Fünfzigfache reduziert, daher wird diese häufig besser vertragen [38]
[39].
Pfirsich
Pfirsichallergien spielen insbesondere im mediterranen Raum eine bedeutende Rolle, wobei das Hauptallergen hier das nsLTP Pru p 3 darstellt. Weitere Allergene gemäß IUIS-Deklaration sind Pru p 1 (Bet v 1), Pru p 2 (Thraumatin like protein, welche auch als Allergene in Kirsche und Paprika beschrieben wurden) und Pru p 4 (Profilin) [38].
Latex-assoziierte Nahrungsmittelallergene
30 – 40 % der Latexallergiker sind auch gegen diverse Nahrungsmittel wie u. a. Avocado, Banane, Pfirsich, Papaya, Mango, Tomate, Paprika, Kartoffel, Kiwi und Esskastanie sensibilisiert, diese haben jedoch nur zu einem Teil eine klinische Relevanz. Der Einsatz der rekombinanten Latexallergene kann hier Hilfestellungen geben in der Abklärung des sogenannten „Latex-Frucht-Syndroms“. So findet sich eine Sensibilisierung gegen das Latexprofilin Hev b 8 als Hinweis für eine Kreuzreaktivität von Latex und Esskastanie, gegen Hev b 6.01/6.02 für Latex und Acerola, gegen Hev b 11 für Latex und Kiwi sowie gegen das Latex-ns-LTP Hev b 12 bei Pfirsich-LTP-Allergie. Diese Marker sind jedoch nicht beweisend für eine klinische Relevanz der Sensibilisierung [38]
[40]
[41]
[42].
Gemüse
Die Prävalenz einer Sensibilisierung gegen Karotten (3,6 %), Sellerie (3,5 %) und Tomaten (3,3 %) in Europa ist sehr hoch [36].
Sellerie
Eine Sellerieallergie tritt häufig im Rahmen einer Kreuzallergie gegen Birken- oder Beifußpollen auf. Eine primäre Selleriesensibilisierung wurde bislang nicht berichtet. In der Knollensellerie sind folgende Allergene beschrieben: Api g 1 (Bet-v-1-Homolog), Api g 4 (Profilin), Api g 5 (Glykoprotein, mit Korrelation zu dem CCD-Marker MUXF3).
Der Selleriegesamtextrakt im CAP hat eine Sensitivität von 67 bzw. 73 %, dies lässt sich durch die komponentenbasierte Diagnostik (CRD) auf 88 % verbessern [43]
[44]. Wobei sich in der beschriebenen Studie kein Marker für schwere allergische Reaktionen auf Sellerie ausmachen ließ, es fiel jedoch auf, dass schwere Reaktionen insbesondere bei beifußsensibilisierten Patienten auftraten, wobei das Kreuzallergen hier bislang nicht beschrieben ist [38].
In Stangensellerie, bislang jedoch nicht im Knollensellerie ist zudem ein nsLTP-Protein beschrieben, das Api g 2, dessen klinische Relevanz noch unklar ist [15]
[45]
[46].
Karotte
Auch Allergien auf Karotten werden im Rahmen von Kreuzallergien zu Birken- und Beifußpollen gesehen, wobei bis zu 50 % der Patienten systemische Reaktionen zeigen [38]. Von der IUIS gelistete Allergene sind hier Dau c1 (Bet-v-1-Homolog), Dau c 4 (Profilin) und Dau c 5. Durch eine Bestimmung auch der rekombinanten Karottenallergene lässt sich die Sensitivität der CAP-Diagnostik von 82 auf 90 % steigern. Die Majorallergene unterscheiden sich in den verschiedenen Regionen Europas, so sind die Isoformen von Dau c 1 das dominierende Majorallergen in Dänemark und der Schweiz, in Spanien hingegen das Profilin-Homolog Dau c 4. Eine Kosensibilisierung mit Beifuß zeigt einen Trend zu schwereren Reaktionen an [38]
[47].
Tomate
Tomaten können zu unspezifischer Histaminliberation führen, aber auch Auslöser allergischer Reaktionen sein. Von der IUIS sind folgende Allergene gelistet: Lys e 1 (Profilin), Lys e 2, Lys e 3 (nsLTP), Lys e 4 (Bet-v-1-Familie). In einer spanischen Untersuchung, in der lediglich 16 % der auf Tomaten sensibilisierten Patienten auch eine entsprechende Klinik angab, deutet sich an, dass die Tomaten-Sensibilisierungen häufig nicht mit einer entsprechenden Klinik einhergehen [38]
[48]. Vereinzelt sind schwere Reaktionen auf das nsLTP der Tomate beschrieben [38]
[49]. Insgesamt stellt die Tomate jedoch ein Gemüse mit komplexem Allergengehalt dar, so sind u. a. in dem Samen Speicherproteine enthalten, welche zu allergischen Reaktionen führen können [50]. Lyc e 1 und Lyc e 3 (Profilin und nsLTP) scheinen wesentliche Allergene bei den tomatenallergischen Patienten zu sein, wie sich aus Studien mit transgenen Tomaten, in denen Lyc e 1 und 3 reduziert exprimiert wurden, andeutet [38]
[51].
Kuhmilch/Hühnerei
Kuhmilchallergien treten am häufigsten im Kindesalter auf, gefolgt von Hühnereiallergien. Die Kuhmilchproteine bestehen zu 80 % aus Kaseinen und zu 20 % aus Molkenproteinen wie ß-Lactoglobulin und α-Lactalbumin, wobei die Kaseine von Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch in mehr als 85 % identisch sind, sodass hier eine Kreuzreaktivität zu erwarten ist [52]
[53].
Gegen α-Lactalbumin (Bos d 4) sind bis zu 80 % der Milchallergiker sensibilisiert. ß-Lactoglobulin (Bos d 5) fehlt in humaner Milch, es sind 13 – 76 % der Allergiker sensibilisiert. Bovines Serumalbumin (BSA, Bos d 6) spielt eine Rolle bei Milch- und Rindfleischallergien. Bovine Immunglobuline (Bos d 7) spielen selten eine Rolle als Auslöser für eine Kuhmilchallergie. Bos d 8 subsummiert verschiedene Kaseine (αs1-, αs2-, ß- und κ-Kaseine), sie sind hitzestabil [54]
[55].
Bislang kann die komponentenbasierte Diagnostik nicht den Goldstandard der doppelblinden plazebokontrollierten oralen Provokation (DBPCFC) in der Diagnose einer Kuhmilchallergie ersetzen. Das Gleiche gilt für die Diagnose einer Hühnereiallergie. Hier sind die Hauptallergene das hitzestabile Ovomucoid (Gal d 1), Ovalbumin (Gal d 2), Ovotransferrin (Gal d 3) und Lysozym (Gal d 4), welche in erster Linie im Eiweiß enthalten sind. Spezifisches IgE gegen Gal d 1 (Ovomucoid) gilt als Risikofaktor für die Persistenz einer Hühnereiallergie [54]
[56]
[57].
Garnele
In einer Studie von Bauermeister, die Patienten mit einer Allergie auf die Nordseekrabbe untersuchte, zeigte sich eine Sensitivität von 97 % für die extraktbasierte Diagnostik. Gegen das Majorallergen Cra c 1 (Tropomyosin) waren 68 % der Garnelenallergiker sensibilisiert [58].
Galaktose-α-1,3-Galaktose („α-Gal“)
Das Allergen ist in diesem Fall eine Zuckerstruktur, genauer eine Galaktose in α-1,3-Verknüpfung zu einer weiteren Galaktose, welche sich bei allen Säugetieren und Knorpelfischen findet, nicht aber bei Primaten. Erstmalig auffällig wurde diese Struktur als Allergen nach Anaphylaxien auf den chimären monoklonalen Antikörper Cetuximab, wobei große regionale Unterschiede in der Häufigkeit der unerwünschten Reaktionen in den verschiedenen Regionen der USA auffielen. Der insbesondere in der Tumortherapie eingesetzte Antikörper enthält an seinem Fab-Teil αGal. Die Anaphylaxien traten bereits bei Erstgabe des Medikamentes auf, sodass eine Sensibilisierung auf anderem Wege angenommen werden muss [60]. αGal wurde auch im Speichel von Zecken insbesondere Amblyomma americanum gefunden, sowie entsprechende Titeranstiege im Serum der Patienten nach Zeckenbissen. Dies könnte auch die insbesondere in den USA auffälligen regionalen Unterschiede der αGal-Sensibilisierung entsprechend der Verbreitung der Zecken erklären [61].
αGal ist ein Auslöser vorrangig verzögerter Anaphylaxien, die Symptomatik beinhaltet häufig eine Urtikaria sowie Angioödeme. Auslösend ist entsprechend der Allergenverteilung neben dem hier beschriebenen Cetuximab rotes Fleisch, weißes Fleisch hingegen wird vertragen.
Die gängigen Pricktestlösungen zeigen eine geringe Sensitivität, sodass hier der komponentenbasierten Diagnostik ein großer Stellenwert zukommt [59]
[60]
[61]
[62].
Tri a 19
Ein großer Meilenstein in der Aufklärung ungeklärter Anaphylaxien war die Entdeckung des ω-5-Gliadins als Auslöser weizenmehlabhängiger Anstrengungsanaphylaxien sowie die Entdeckung und Einführung des rTri a 19 in die CAP-Diagnostik, welches sich bei ca. 80 % der Patienten mit dieser Erkrankung nachweisen lässt. Bei diesen Patienten kann es nach Genuss von weizenmehlhaltigen Nahrungsmitteln und nachfolgender körperlicher Anstrengung bzw. nachfolgender Einnahme von Analgetika zu schweren Anaphylaxien kommen [63].