Laryngorhinootologie 2012; 91(04): 220-221
DOI: 10.1055/s-0032-1310349
Referiert und diskutiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Durchtrennte Chorda tympani nach Mittelohroperation – Morphologie der pilzförmigen Papillen der Zunge

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Publication Date:
28 March 2012 (online)

Bei Operationen des Mittelohrs kommt es häufig zu einer Schädigung der Chorda tympani in der Paukenhöhle. T. Saito et al. haben am Beispiel von Patienten, die während eines solchen Eingriffs eine Durchtrennung der Chorda tympani erlitten hatten, postoperativ die Morphologie der pilzförmigen Papillen der Zunge (Papillae fungiformes) untersucht.
Ann Otol Rhinol Laryngol 2011; 120: 300–306

Die Studie aus Japan berücksichtigte 54 Patienten, die präoperativ eine normale Geschmacksfunktion aufwiesen. Die Studienteilnehmer unterzogen sich zwischen 1992 und 2006 einer Tympanoplastik, in deren Verlauf es zu einer Durchtrennung der Chorda tympani kam. Die proximalen und distalen Stümpfe der durchtrennten Nerven wurden während der Operation readaptiert, um eine schnellere Regeneration zu ermöglichen. Die Autoren verglichen die mithilfe der Elektrogustometrie (EGM) ermittelten Schwellenwerte für das Geschmacksempfinden mehr als 2 Jahre nach der Operation mit denjenigen vor der Operation. Zudem erfassten sie mittels eines digitalen Mikroskops die morphologischen Charakteristika der pilzförmigen Papillen im mittleren-lateralen Bereich der Zunge.

Die Studienteilnehmer waren zwischen 11 und 78 Jahre alt (Durchschnittsalter: 42 Jahre), 25 waren männlich und 29 weiblich. Einen Monat nach der Operation zeigte keiner der Patienten im Rahmen der EGM eine Reaktion. Mehr als 2 Jahre nach dem Eingriff waren die pilzförmigen Papillen bei 21 der 54 Probanden auf der "Operationsseite" komplett verkümmert und sprachen nicht auf die EGM an. Im Fall von Patienten mit vollständiger Genesung (n=16; Reizschwelle bei der EGM unter 20µA) identifizierten die Autoren hingegen fast normal aussehende pilzförmige Papillen. Die durchschnittliche Zahl der Papillen mit normalem Erscheinungsbild betrug auf der "Operationsseite" 10±4,1 pro cm2 vs. 12,9±4,9 pro cm2 auf der gegenüberliegenden Seite (p>0,05).

Fazit

Die pilzförmigen Papillen waren bei Patienten, die ihren Geschmackssinn nach einer Durchtrennung der Chorda tympani wiedererlangten, durch ein annähernd normales Erscheinungsbild gekennzeichnet. Die Studienergebnisse wiesen auf eine Regeneration der Geschmacksknospen hin. Es bestand eine inverse Beziehung zwischen den elektrogustometrischen Schwellenwerten und der Zahl normal aussehender pilzförmiger Papillen innerhalb des untersuchten Zungenareals.

Dr. Frank Lichert, Weilburg