Laut Weltgesundheitsorganisation ist die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) die vierthäufigste Todesursache weltweit – Tendenz steigend. Hinsichtlich des Erkrankungsrisikos in der Allgemeinbevölkerung existierten bislang keine umfangreichen Schätzungen. A. S. Gershon et al. haben nun das Lebenszeitrisiko für die COPD ermittelt.
Lancet 2011; 378: 991–996
Die retrospektive Kohortenstudie stützte sich auf verschiedene populationsbasierte, administrative Gesundheitsdatenbanken der kanadischen Provinz Ontario. Alle Personen, die 1996 in Ontario lebten (rund 13 Mio.) und frei von COPD waren, gingen in die Untersuchung ein. Ihr Gesundheitszustand wurde über die nächsten 14 Jahre verfolgt. Die Studienteilnehmer wurde in diesem Zeitraum entweder mit einer COPD diagnostiziert, erreichten das 80. Lebensjahr (die durchschnittliche Lebenserwartung in Kanada) oder starben. Die Autoren bestimmten das Lebenszeitrisiko für COPD auf der Basis von ärztlichen Diagnosen. Es erfolgte zudem eine Stratifizierung der Ergebnisse nach Geschlecht, sozioökonomischem Status und Wohngegenden.
Langjähriges Monitoring
Während des Studienzeitraums stellten Ärzte bei 579 466 Personen die Diagnose COPD. Insgesamt betrug die Inzidenz der Erkrankung 5,9 Fälle pro 1000 Personenjahre; sie nahm mit steigendem Alter zu. Das Lebenszeitrisiko, an COPD zu erkranken, belief sich auf 27,6 % und war bei Männern höher als bei Frauen (29,7 vs. 25,6 %). Zudem tragen Individuen mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status gegenüber solchen mit einem höheren ein größeres Erkrankungsrisiko (32,1 vs. 23,0 %). Menschen in ländlichen Wohngegenden waren häufiger betroffen als in urbanen (32,4 vs. 26,7%). Das Lebenszeitrisiko für COPD war im Vergleich zur kongestiven Herzinsuffizienz 2-fach, zu akutem Herzinfarkt, Brust- und Prostatakrebs 3–4- fach und gegenüber anderen Krebsarten mehr als 7-fach erhöht.
Etwa jeder Vierte erhält im Laufe seines Lebens die Diagnose COPD, so das Ergebnis der retrospektiven Studie, die die Gesundheitsdaten von 13 Mio. Kanadiern berücksichtigte. Die Studienergebnisse können nach Meinung der Autoren dazu dienen, die Weiterführung und Ausweitung von Programmen zur Rauchentwöhnung und die Entwicklung anderer Strategien zur Optimierung der Betreuung von COPD-Patienten zu begründen.
Dr. Frank Lichert, Weilburg
Nach Angaben der Autoren erkrankt etwa jeder 4. Mensch im Laufe seines Lebens an der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung. Dabei sind Männer häufiger betroffen als Frauen.(Bild: Yuri Arcurs/Fotolia)