Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2012; 19(02): 61
DOI: 10.1055/s-0032-1311744
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Übertragung durch Schaf- und Ziegenherden – Q-Fieber bei Schäfern und Anwohnern

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Publication History

Publication Date:
18 April 2012 (online)

 

Eibach R, Bothe F, Runge M et al. Q fever: baseline monitoring of a sheep and goat flock associated with human infections. Epidemiol Infect 2012 Jan 5: 1–11 [Epub ahead of print]

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Thema: Q-Fieber ist eine Zoonose, verursacht durch das obligat intrazellulär lebende, gramnegative Bakterium Coxiella burnetii (C. burnetii). Die Krankheit wurde in den 1930ern entdeckt und ist weltweit, außer in der Antarktis und in Neuseeland, verbreitet [ 1 ]. Deutschland ist eines von wenigen Ländern, in denen Q-Fieber meldepflichtig ist.

C. burnetii besitzt ein recht breites Wirtsspektrum: hauptsächlich Säuger (Haus-, Nutz- und Wildtiere), Vögel und Menschen. Hauptinfektionsquelle für den Menschen sind infizierte Wiederkäuer (Schafe, Ziegen, Rinder), die über diverse Geburtsprodukte große Mengen der infektiösen Bakterien ausscheiden. Diese werden meist als Aerosole inhaliert [ 2 ], [ 3 ]. Aufgrund des unspezifischen beziehungsweise teils asymptomatischen Krankheitsverlaufs des Q-Fiebers beim Menschen wird es in der Routinediagnostik oft nicht berücksichtigt. Ein chronischer Verlauf der Krankheit kann zu schweren Folgeerkrankungen wie zum Beispiel einer Endokarditis führen [ 4 ].

Projekt: Im Frühjahr 2009 traten auf einer Versuchsstation für Tierhaltung, Tierzüchtung und Kleintierzucht auf der Schwäbischen Alb in verschiedenen Herden außergewöhnlich viele Aborte auf. Untersuchungen der toten Föten bestätigten das Vorhandensein von C. burnetii. Daraufhin wurden im Rahmen eines nationalen Forschungsvorhabens 263 Merinolandschafe, 165 Dahlem-Cashmere-Ziegen, 8 Stallarbeiter und 15 Anwohner (darunter 6 Kinder) untersucht. Die Schafe und Ziegen wurden separat voneinander gehalten, jedoch auf die gleichen Weideflächen getrieben und von denselben Schäfern betreut.

Bei den Schafen und Ziegen wurden untersucht:

  • Serum- und Blutproben: 261 Schafe und 146 bzw. 142 Ziegen

  • Vaginalabstriche: 5 Mutterschafe und 100 Ziegen

  • Milchproben: 9 Mutterschafe und 64 Ziegen

Das humane Untersuchungsmaterial bestand ausschließlich aus Serumproben. Die Seroprävalenz gegen C. burnetii wurde mittels spezifischem ELISA (Enzyme Linked Immunosorbent Assay) und indirektem Immunfluoreszenztest erfasst. In den Blut- und Milchproben sowie den Vaginalabstrichen erfolgte der Nachweis des Bakteriums mit der Methode PCR (Polymerase Chain Reaction).

Ergebnisse: Die Studie zeigte, dass 47 % der Schafe und 9 % der untersuchten Ziegen Antikörper gegen C. burnetii besaßen. Positiv getestet wurden alle Schäfer (Seroprävalenz 100 %), die Hälfte der zur Versuchsstation gehörigen Pflanzenzüchter (Seroprävalenz 50 %) sowie einige Anwohner (Seroprävalenz 60 %). Die dabei erhaltenen Titer zeigten an, dass sich die untersuchten Personen vor Kurzem und mit großer Wahrscheinlichkeit während der Lammzeit infizierten – bei einem der Schäfer lag allerdings bereits der Verdacht auf eine mögliche Chronifizierung vor.

Fazit: Rückblickend können die Studienergebnisse einige Ereignisse erklären: Dazu gehören die hohe Abortrate bei den Tieren und diverse Krankheitssymptome bei den Menschen, die in einigen Fällen zu Klinikaufenthalten führten. Aufgrund der vorliegenden serologischen Ergebnisse muss davon ausgegangen werden, dass die Infektion der Herde maximal 1 Jahr zuvor erfolgte. Ein Schäferlehrling und sein Schäferhund, von Anfang 2008 bis April 2009 auf der Versuchsstation, schleppten vermutlich die Krankheit ein.

Kommentar

In Deutschland ist die Datenlage zur Verbreitung des Q-Fiebers in Viehherden und in der Bevölkerung unzureichend. Außerdem erschweren unspezifische oder asymptomatische Krankheitsverläufe beim Menschen eine korrekte Diagnose. Wird Q-Fieber nicht erkannt und behandelt, kann der Verlauf chronisch und unter Umständen lebensbedrohlich werden.

Wünschenswert sind weitere Untersuchungen und Studien, um detaillierte Daten zur Prävalenz des humanen Q-Fiebers in Deutschland zu erhalten. Eine breit angelegte Untersuchung auf C. burnetii im veterinärmedizinischen Bereich würde die Datenlage von Q-Fieber bei Tieren erweitern.

PD Dr. Silke Fischer, Stuttgart
Dr. Daniela Kömpf, Stuttgart

Deutsche Fachgesellschaft für Reisemedizin


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  • Literatur

  • 1 Raoult D, Marrie T, Mege J. Natural history and pathophysiology of Q fever. Lancet Infect Dis 2005; 5: 219-26
  • 2 Hilbert A, Reith P, Brockmann SO et al. Epidemiologische Untersuchungen zu zwei Q-Fieber-Ausbrüchen in einer Gemeinde Baden-Württembergs in den Jahren 2008 und 2009. Berl Münch Tierärztl Wochenschr 2011; 124: 229-302
  • 3 Hellenbrand W, Schöneberg I, Pfaff G. Die Relevanz der Coxiellose bei Tieren für das Q-Fieber beim Menschen – Möglichkeiten der Kontrolle und Prävention. Tierärztliche Praxis Großtiere 2005; 1: 5-11
  • 4 Fischer SF, Sting R, Bürstel D. Leitlinien zum Q-Fieber – Maßnahmen im Falle des Auftretens von Q-Fieber. Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle 2010; 2: 116-8

  • Literatur

  • 1 Raoult D, Marrie T, Mege J. Natural history and pathophysiology of Q fever. Lancet Infect Dis 2005; 5: 219-26
  • 2 Hilbert A, Reith P, Brockmann SO et al. Epidemiologische Untersuchungen zu zwei Q-Fieber-Ausbrüchen in einer Gemeinde Baden-Württembergs in den Jahren 2008 und 2009. Berl Münch Tierärztl Wochenschr 2011; 124: 229-302
  • 3 Hellenbrand W, Schöneberg I, Pfaff G. Die Relevanz der Coxiellose bei Tieren für das Q-Fieber beim Menschen – Möglichkeiten der Kontrolle und Prävention. Tierärztliche Praxis Großtiere 2005; 1: 5-11
  • 4 Fischer SF, Sting R, Bürstel D. Leitlinien zum Q-Fieber – Maßnahmen im Falle des Auftretens von Q-Fieber. Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle 2010; 2: 116-8

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