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DOI: 10.1055/s-0032-1312644
Veränderungen des Körpergewichts und Körperbildes von Kindern und Jugendlichen – Entwicklungstrends 2002–2006–2010 in Deutschland
Changes in Body Weight and Body Image in Children and Adolescents – Developmental Trends from 2002–2006–2010 in GermanyPublication History
Publication Date:
26 July 2012 (online)
Zusammenfassung
Ziel und Hintergrund:
Ziel des Beitrages ist es, sowohl die Entwicklung des Körpergewichts als auch des subjektiv geprägten Körperbildes Jugendlicher in Deutschland im Trend (2002–2006–2010) zu betrachten. Der Schwerpunkt der Analyse liegt dabei auf jenen Kindern und Jugendlichen, die sich trotz vorhandenen Normalgewichts als „ein wenig zu dick“ bzw. „viel zu dick“ einschätzen (Risikogruppe). Anhand der dargestellten Befunde werden Empfehlungen für Präventions- und Interventionsmaßnahmen abgeleitet.
Methode:
Die Befunde der nachfolgenden Trendanalysen basieren auf dem deutschlandweiten Datensatz der internationalen WHO-Studie „Health Behaviour in School-aged Children (HBSC)“ aus den Jahren 2002, 2006 sowie 2010. In die Analysen einbezogene Variablen sind hierbei neben soziodemografischen Merkmalen (Geschlecht, Alter, familiärer Wohlstand) und den Angaben zum Gewichtsstatus (BMI), das eigene Körperbild sowie das Diät- und Frühstücksverhalten. Mittels binär-logistischer Regressionsmodelle werden Zusammenhänge zwischen unabhängigen Variablen und der abhängigen Variable (normalgewichtige Jugendliche, die sich als „ein wenig zu dick“ bzw. „viel zu dick“ vs. „genau richtig“ einschätzen) betrachtet.
Ergebnisse:
Sowohl bei den 13- als auch bei den 15-Jährigen Jugendlichen sinkt im Gesamttrend der Anteil der Untergewichtigen, jener der Übergewichtigen steigt hingegen. Die Ergebnisse zeigen dass im Jahr 2010 ein 1,3-fach höheres Risiko für Jugendliche als im Referenzjahr 2002 besteht, von Übergewicht betroffen zu sein. Zudem kann im Zeitverlauf gezeigt werden, dass das Risiko, den eigenen Körper als „zu dick“ wahrzunehmen, leicht erhöht ist. Eine verzerrte Wahrnehmung hinsichtlich des Körperbildes (Normalgewichtige, welche sich als „zu dick“ wahrnehmen) ist dabei vor allem ein Problem der Mädchen: diese weisen 2006 und 2010 eine jeweils über 2-fach höhere Wahrscheinlichkeit auf, zur Gruppe der sich verzerrt Wahrnehmenden zu gehören, als im Jahr 2002. Diätverhalten als eine Strategie im Umgang mit einem vermeintlich dicken Körper spielt zwar im Zeitvergleich nach wie vor eine große Rolle, jedoch machen 2010 deutlich weniger Jugendliche davon Gebrauch.
Schlussfolgerungen:
Die beobachteten Trends werden unter dem Gesichtspunkt einer geschlechtsspezifischen Gesundheitsförderung diskutiert.
Abstract
Objective:
The aim of this study is to examine the development of body weight as well as the development of the subjective body image among German youth focusing on trends (2002–2006–2010). The analysis focuses on those children and adolescents who consider themselves as “a bit too fat” or “much too fat” in spite of the fact that they are “about the right size” (risk group). Based on the findings, recommendations for prevention and intervention measures will be derived, which can be applied in youth work.
Methods:
The trend analysis is based on german data from the international WHO study Health Behaviour in School-aged Children (HBSC) from the survey years 2002, 2006 and 2010. In addition to the socio-demographic variables (sex, age, family affluence status), the analysis also included variables on weight status (BMI), body image, dieting and breakfast consumption (independent variables). Using binary logistic regression analyses, the relationship between the independent and dependent variable (distorted body image) was examined.
Results:
For the 13- and as well as for the 15-year-old adolescents in the overall trend the fraction of those that are underweight decreases in contrast to the increasing fraction of the overweight subjects. The results show that in the year 2010, the risk for adolescents for being overweight is 1.3-times higher than in the reference year 2002. Furthermore it can be proven in the timeline that the risk to perceive the own body as “too fat” is slightly higher. A distorted perception regarding the body image (normal weight but perceiving themselves as “too fat”) is primarily a problem of the girls: they have in the year 2006 and 2010 a 2-times higher chance to belong to the group of the distorted perceivers than in 2002. Dieting as a strategy in dealing with an alleged fat body has in a comparison still a major role, however in 2010 far fewer young people made use of it.
Conclusion:
The observed trends will be discussed against the background of gender-specific health promotion.
** Das HBSC-Team Deutschland setzt sich aktuell aus den folgenden Standorten zusammen: Universität Bielefeld (Leitung: Prof. Dr. Petra Kolip); Technische Universität Dresden (Leitung: Prof. Dr. Wolfgang Melzer); Fachhochschule Frankfurt a. M. (Leitung: Prof. Dr. Andreas Klocke); Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (Leitung: Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer).
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