Aktuelle Rheumatologie 2012; 37(03): 153
DOI: 10.1055/s-0032-1312651
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rheumatologie und Sport

Rheumatology and Sports
C. D. Reimers
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Publikationsdatum:
21. Juni 2012 (online)

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C. D. Reimers

Es ist inzwischen durch viele epidemiologische Studien belegt, dass regelmäßige körperliche Aktivität geeignet ist, das Risiko zahlreicher Erkrankungen zu senken oder diese nach deren Auftreten positiv zu beeinflussen. Wichtige Beispiele sind die Adipositas, arterielle Hypertonie, chronische Herzinsuffizienz, chronische obstruktive Lungenerkrankungen, der Diabetes mellitus, Dyslipidämien, die koronare Herzkrankheit, das metabolisches Syndrom, die periphere arterielle Verschlusskrankheit und wahrscheinlich verschiedene Karzinome und die Osteoporose [1].

Am 21.09.1912 fand der erste sportmedizinische Kongress der Welt im Thüringischen Wintersportort Oberhof statt. Gleichzeitig gründete man das „Deutsche Reichskomitee zur wissenschaftlichen Erforschung der Leibesübungen“. Dieser Termin bestimmt den Beginn einer organisierten Sportmedizin weltweit. Deutschland gilt seitdem international als Mutterland der Sportmedizin. 1924 erfolgte eine Umbenennung in „Deutscher Ärztebund zur Förderung der Leibesübungen“. 1933 entstand die offizielle Bezeichnung „Deutscher Sportärztebund“. 1999 schließlich wurde die Gesellschaft in „Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP)“ umbenannt [2]. Das 100. Gründungsjubiläum ist Anlass, die Bedeutung der körperlichen Aktivität und des Sports als dessen meist gesundheitsorientierte Form für verschiedene medizinische Fachdisziplinen in Form von Themenheften konzentriert darzustellen. Eines dieser Gebiete ist die Rheumatologie.

Rheumatische Erkrankungen sind durch Funktionseinschränkungen und/oder Schmerzen der Bewegungsorgane gekennzeichnet. Sie sind somit meist in besonderer Weise geeignet, körperliche, insbesondere sportliche Aktivität, zu beeinträchtigen. Gerade von regelmäßigem Sport jedoch würden die Patienten profitieren, da sie durch krankheitsbedingte körperliche Inaktivität überdurchschnittlich gefährdet sind, neben ihrer rheumatischen Erkrankung auch noch die oben genannten Erkrankungen zu entwickeln. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass regelmäßige körperliche Aktivität schmerzlindernd wirken könnte.

Ein typisches Beispiel krankheitsbedingter Inaktivität ist die rheumatoide Arthritis. Ziel muss es daher sein, ein erhöhtes Aktivitätsniveau durch optimale Behandlung der Grundkrankheit, begleitende Physiotherapie, Edukation und Motivation herbeizuführen, zumal darunter die Krankheitsaktivität nicht zunimmt. M. Hartmann und Koautoren stellen in diesem Themenheft den Zusammenhang zwischen der rheumatoiden Arthritis und körperlicher Aktivität im Kindes-und Jugendalter, O. Schultz im Erwachsenenalter ausführlich dar. Ein weiteres und noch viel häufigeres Beispiel einer schmerzbedingten Inaktivität sind Arthrosen. T. Horstmann et al. gehen auf die Folgen der Arthrosen auf die körperliche Aktivität und auf Konzepte einer Bewegungstherapie ein. N. und C. D. Reimers präsentieren die Ergebnisse von Interventionsstudien zum Thema Schmerzbeeinflussung bei häufigen rheumatischen Schmerzkrankheiten wie unspezifischem Kreuzschmerz, Kox- und Gonarthrose sowie Fibromyalgie. K. Krüger und F. Mooren schließlich machen es in ihrer Übersicht deutlich, dass regelmäßige moderate körperliche Aktivität einen anti-inflammatorischen Effekt entfalten kann, der als adjuvante Maßnahme in der Behandlung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen eine Rolle spielen kann.

In Schweden sind chronische Kreuzschmerzen und Kniebeschwerden Bestandteil der (untersten) Priorisierungsgruppe 4 der Priorisierung, deren sog. ethische Plattform im März 1997 vom schwedischen Reichstag verabschiedet wurde. Die Behandlung soll demnach von den Patienten aus eigenen Mitteln bezahlt werden [3]. Sollte eine Priorisierung dieser oder ähnlicher Art zukünftig größere Verbreitung erfahren, könnte der Bewegung, da sie zumindest keiner regelmäßigen professionellen Betreuung bedarf, für die genannten Krankheiten präventiv und therapeutisch eine zusätzliche Bedeutung zukommen.