Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13(3): 118-119
DOI: 10.1055/s-0032-1315406
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Lebensende – Wo möchten Patienten sterben?

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Publication Date:
23 May 2012 (online)

Die Betreuung am Lebensende bekommt einen immer höheren Stellenwert im öffentlichen Gesundheitswesen, vor allem in Zeiten einer immer älter werdenden Bevölkerung. Onkologische Patienten machen einen Großteil derjenigen Betroffenen aus, die sich fragen müssen, wo sie sterben möchten. Studien aus den USA und Großbritannien deuten darauf hin, dass das häusliche Umfeld bevorzugt wird, und gesundheitspolitische Maßnahmen werden dahingehend ausgerichtet. Aber stimmt diese Annahme tatsächlich und gilt sie für alle Altersgruppen und Länder? Eine Arbeitsgruppe hat diese Frage EU-weit untersucht.

Ann of Oncol, 2012 doi: 10.1093/annonc/mdr602

Symbolbild: PhotoDisc.

Tatsächlich möchten etwa 64 bis 84% der Menschen mit einer Krebserkrankung zu Hause sterben. Dies gilt für eine Reihe europäischer Länder wie England, Flandern, Deutschland, Italien, Niederlande und Spanien. Eine Ausnahme stellt lediglich Portugal dar, wo nur etwas mehr als die Hälfte in den eigenen vier Wänden sterben möchten. So das Ergebnis einer telefonischen Befragung von insgesamt 9344 Personen. Die Teilnehmer sollten sich die hypothetische Situation einer unheilbaren Krebserkrankung vorstellen und entscheiden, wo sie am liebsten sterben wollten.

Zur Auswahl standen das eigene Heim, bei einem Verwandten oder engen Freund, in einem Hospiz, in einem Krankenhaus oder Pflegeheim. Bei allen Nationen beeinflussten dabei die persönlichen Wertvorstellungen und die individuellen Umstände der Erkrankung die Entscheidung, nicht jedoch persönliche Erfahrung en mit Tod, Pflege eines nahen Angehörigen oder (eigenen) schweren Erkrankungen.

Vier Faktoren gingen mit der Bevorzugung eines häuslichen Sterbens einher:

Das Alter: jünger als 70 Jahre Eine hohe persönliche Bedeutung zum bevorzugten Sterbeort (vs. geringe Bedeutung) Erhaltung der positiven Einstellung als wesentliches Ziel (vs. unwesentliches Ziel) Wunsch nach einer Beteiligung der Familie an Entscheidungen (vs. Fehlen dieses Wunsches)

Fazit

Bei der europaweiten Untersuchung zur Frage, wo Krebspatienten am liebsten sterben möchten, fällt der hohe Anteil von Menschen auf, die sich den Tod im eigenen Heim wünschen. Dieser schwankt jedoch zwischen den einzelnen Ländern. Die Differenz lasse sich nicht mit Unterschieden bei der demografischen Zusammensetzung erklären, sondern scheint eher auf lokale Erfahrungen mit der Betreuung am Lebensende zusammenzuhängen, so Gomes et al. Der relativ geringe Wunsch nach häuslichem Sterben in Portugal könnte etwa mit der geringeren Verfügbarkeit einer häuslichen Pflege zusammenhängen, und mit dem schlechteren Zugang zu einer ausreichenden palliativen medikamentösen Versorgung verbunden sein. Eine wesentliche Einschränkung der Studie ist wohl ihre vorgestellte hypothetischen Situation, die der tatsächlichen Situation nicht unbedingt entspräche, so die Autoren. Trotzdem unterstützen die Daten die weitere Förderung und den Ausbau häuslicher Pflegemöglichkeiten für todkranke Patienten in Europa.

Dr. Elke Ruchalla, Trossingen