Rofo 2012; 184(10): 873
DOI: 10.1055/s-0032-1318939
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Viszeralfett und kardiovaskuläres Risiko – Koronarsklerose und systemische Inflammation begünstigt

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Publication Date:
24 October 2012 (online)

Die Bedeutung des viszeralen Fettgewebes als unabhängiger kardiovaskulärer Risikofaktor am Beispiel der Koronarsklerose ist noch nicht genau geklärt. C.-H. Yun et al. untersuchten quantitativ das perikardiale und thorakal periaortale viszerale Fettgewebe mit der Multidetektor-CT (MDCT) und den Zusammenhang mit koronaren Kalkablagerungen, systemischen Entzündungsprozessen und mehreren bekannten kardiovaskuläre Risikofaktoren einschließlich anthropometrischer Parameter.

Eur J Radiol 2012; 81: 749–756

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Laut den Ergebnissen der Studie sollten perikardiale und periaortale Fettgewebsanteile bei der Einschätzung des kardiovaskulären Risikos mit in Betracht gezogen werden. Im Bild: Hochgradige Stenose im Ramus interventrikularis anterior. Im CT (langer Pfeil in a) ist eine nicht verkalkte Stenose kurz vor dem Abgang eines Diagonalastes gut abgrenzbar. Die korrelierende Stenose findet sich in der Herzkatheteruntersuchung (kurzer Pfeil in b) (Bild: Hoffmann MHK, Klass O, Brunner H. Nuklearmediziner 2010; 33: 105–112).

Bisherige Methoden zur Bestimmung des viszeralen Fettgewebsanteils über anthropometrische Parameter sind zur Einschätzung eines unabhängigen kardiovaskulären Risikofaktors noch nicht präzise genug. Mit dem MDCT konnte bereits eine zuverlässige Bestimmung des abdominalen, perikardialen und thorakal periaortalen Fettgewebes nachgewiesen werden. In einer weiteren Studie wurde per MDCT gezeigt, dass perikardiales Fettgewebe im Gegensatz zur abdominalen Adipositas unabhängig vergesellschaftet ist mit koronaren Plaques und Kalzifikationen.

Ziel der Studie war zu klären, ob der MDCT-basierte Anteil an perikardialem (PCF) und thorakal periaortalem Fettgewebe (TAT) im Zusammenhang mit bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren steht und ob neben anthropometrischen Parametern auch eine unabhängige Aussage über die koronare Kalzifikation (CCS) und über systemische Entzündungsprozesse erfolgen kann.

Im Rahmen eines kardiovaskulären Gesundheits-Screenings zwischen 2005 und 2009 wurden 719 Probanden (Alter: 48,1 ± 8,3 Jahre, 75% Männer) eingeschlossen. Bei allen Probanden wurde über das MDCT das viszerale PCF, TAT und der koronare Kalk-Score (CCS) bestimmt. Ferner wurde bei allen das kardiovaskuläre Risiko über den anerkannten metabolischen (NCEP ATP III) und Framingham-Score (FRS) ermittelt, anthropometrische Parameter erhoben und systemische Entzündungsprozesse über das hochsensitive CRP (Hs-CRP) nachgewiesen.

Der unabhängige Einfluss des viszeralen Fettgewebes auf systemische Entzündungsprozesse und auf die koronare Kalzifikation wurde mit der Multivarianz-Analyse abgeschätzt.

Die mittleren Messwerte für das perikardiale und periaortale Fettgewebe betrugen 74,23 ± 27,51 bzw. 7,23 ± 3,69 ml. Höhere Quartilwerte von PCF und TAT waren assoziiert mit den ATP- und FRS-Scores, also einem höherem kardiovaskulären Risiko (p < 0,001). Beide Fettgewebsanteile korrelierten auch stark mit anthropometrischen Parametern, wie Bauchumfang, Körpergewicht oder BMI sowie dem Lipidprofil und dem Entzündungsmarker Hs-CRP (alle p < 0,001). Ein unabhängiger Einfluss auf koronare Kalzifikation wurde nur für das perikardiale Fettgewebe nachgewiesen (p < 0,05).

Fazit

Perikardiale und periaortale Fettgewebsanteile tragen nach Ansicht der Autoren zu systemischen Entzündungsprozessen bei und können als unabhängige Faktoren in der Pathogenese der Atherosklerose betrachtet werden. Diese Information könnte dazu beitragen, kardiovaskuläre Risiken früher als mit traditionellen Mitteln zu erkennen und ihnen präventiv entgegenzuwirken.

Maria Weiß, Berlin (Medizinjournalistin)