Z Gastroenterol 2012; 50(11): 1136
DOI: 10.1055/s-0032-1319003
Forschung aktuell
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Akutes Leberversagen – ALFED-Modell sagt Prognose voraus

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Publication Date:
14 November 2012 (online)

Für die Entscheidung über eine Lebertransplantation wegen eines akuten Leberversagens (ALF) stehen verschiedene Modelle zur Verfügung, die laut Studien eine hohe Spezifität, aber geringe Sensitivität aufwiesen. Das dynamische ALFED-Modell war für die Verlaufseinschätzung zuverlässiger.

Gut 2012; 61: 1068–1075

Die Diskrimnationskriterien für das ALFED-Modell (early dynamic ALF-Model) wurden an einer Gruppe von insgesamt 244 Patienten mit akutem Leberversagen entwickelt. Alle wurden intensivmedizinisch betreut. Die häufigste Ursache für das ALF war eine Hepatitis E. Von zahlreichen Parametern hatten nach der statistischen Analyse eine fortgeschrittene hepatische Enzephalopathie (> Grad II), die INR (International Normalized Ratio), das Serumbilirubin und der arterielle Ammoniakgehalt unabhängigen Vorhersagewert für die Mortalität. Die Schwellenwerte betrugen 5 für die INR, 123 µmol / l für den Ammoniak und 15 mg / dl für das Bilirubin. Mit den Ausgangsbefunden gelang die Verlaufseinschätzung nur mäßig (AUROC 0,67; 95%-KI 0,60-0,74). Zuverlässigere Ergebnisse ergaben sich, wenn der Verlauf in den ersten 3 Behandlungstagen zugrunde gelegt wurde. Das ALFED-Modell ermöglichte dann in hohem Maß die Beurteilung des Mortalitätsrisikos als Basis für die Entscheidung über eine Lebertransplantation (AUROC 0,91; 95%-KI 0,87-0,94). Die Patienten wurden in 3 Risikogruppen eingeteilt. 88,5% der Hochrisikogruppe und 2,6% der Niedrigrisikogruppe starben.

An weiteren 136 Patienten mit ALF wurde das Modell validiert. Seine Zuverlässigkeit für die Abschätzung des Mortalitätsrisikos bestätigte sich. Die Sterblichkeit nahm mit einem ansteigenden Score stufenweise zu. Die kombinierte Spezifität und Sensitivität war für die Hochrisikogruppe am höchsten. Der positive und negative prädiktive Wert betrugen 85% und 87%. Bei sehr schwer Erkrankten wurden Werte über 90% ermittelt.

Das ALFED-Modell war herkömmlichen Tests überlegen. Mit dem Modell für endgradiges Leberveragen (MELD-Score) wurde die Sterbewahrscheinlichkeit in beiden Kohorten weniger genau eingeschätzt. 24% mit einem geringen Risiko im MELD-Modell starben und 29% mit einem hohen Risiko überlebten. Auch die international am häufigsten genutzten King‘s-College-Hospital-Kriterien (KCH-Kriterien) waren prognostisch weniger aussagekräftig. 25,7% der Patienten mit einem geringen Risiko starben und 34% überlebten, obwohl sie nach den KCH-Kriterien ein hohes Mortalitätsrisiko hatten.

Fazit

Das ALFED-Modell war einfach anwendbar und hatte eine hohe Genauigkeit für die Abschätzung der Mortalität. Es war herkömmlichen Tests überlegen und sei laut den Autoren gut geeignet für die Diskriminierung von Transplantationskandidaten. Dabei gehe es auch darum, unnötige Lebertransplantationen mit hoher perioperativer Mortalität, lebenslanger Immunsuppression und hohen Kosten zu vermeiden.

Dr. med. Susanne Krome, Melle