Der Klinikarzt 2012; 41(06/07): 318-319
DOI: 10.1055/s-0032-1322478
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neue ESC-Leitlinie zur Herzinsuffizienz – Ivabradin als wichtige Behandlungsoption aufgenommen

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Publikationsdatum:
25. Juli 2012 (online)

 
 
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Bereits vor 2 Jahren hatte die SHIfT-Studie den Nachweis erbracht, dass der If-Kanal-Hemmer Ivabradin (Procoralan®) zusätzlich zu einer optimierten Vortherapie bei Patienten mit chronischer systolischer Herzinsuffizienz und erhöhter Herzfrequenz die kardiovaskuläre Mortalität und Morbidität senkt. Konsequenterweise wurde Ivabradin jetzt sehr rasch als wichtiger Baustein in die auf dem Heart Failure-Kongress 2012 in Belgrad vorgestellte neue Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) zur Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz aufgenommen. Untermauert wird die therapeutische Relevanz der exklusiven Herzfrequenzreduktion mit Ivabradin bei Herzinsuffizienz zudem durch eine Reihe neu präsentierter Subgruppenanalysen aus der SHIfT-Studie.

Schnelle Aufnahme von Ivabradin in die ESC-Leitlinie

Die SHIfT-Studie, in der Ivabradin zusätzlich zu einer optimalen Vortherapie zu einer signifikanten Reduktion des primären kombinierten Endpunkts aus kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierung aufgrund sich verschlechternder Herzinsuffizienz um 18 % (p < 0,0001) geführt hatte [ 1 ], und eine Vielzahl weiterer relevanter Publikationen erforderten zwingend eine Aktualisierung der letzten ESC-Leitlinien 2008, erläuterte Prof. John McMurray, Glasgow (Großbritannien), Erstautor der für die Überarbeitung zuständigen Task-Force der ESC. In der Neufassung der ESC-Leitlinie zur Herzinsuffizienz 2012 stellt die erfolgte Aufnahme von Ivabradin hierbei eine der wichtigsten Neuerungen im empfohlenen Therapiealgorithmus dar [ 2 ].

Mit der Klasse-IIa-Empfehlung, Evidenzgrad B, sollte Ivabradin demnach stets erwogen werden bei allen Patienten mit einer linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF) ≤ 35 % und

  • systolischer Herzinsuffizienz der NYHA-Klassen II-IV

  • im Sinusrhythmus

  • Herzfrequenz (HF) ≥ 70/Minute

und zwar zusätzlich zur Vortherapie mit Betablocker (in maximal tolerierter Dosis), ACE-Hemmer (oder Angiotensin-Rezeptorblocker, ARB), Diuretika und Aldosteron-Antagonist.


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Datenlage unterstreicht großen Nutzen von Ivabradin

Stellvertretend für die Task-Force der ESC diskutierte McMurray die von der European Medicines Agency (EMA) ausgesprochene Zulassung von Ivabradin in der Indikation chronische systolische Herzinsuffizienz einer Herzfrequenz von ≥ 75/Minute. In der primären SHIfT-Analyse wurden ab einer Herzfrequenz ≥ 70/Minute signifikant der primäre und weitere sekundäre Endpunkte erreicht. Die EMA bezieht sich bei der Zulassung auf die SHIfT-Subgruppenanalyse, da Ivabradin bei diesem Patientenkollektiv (n = 4150) die Gesamtmortalität signifikant reduziert (Abb. [ 2 ]) [ 3 ].

Die Ergebnisse der von der EMA angeregten und jetzt vollumfänglich vorgestellten SHIfT-Subgruppenanalyse von Patienten mit einer Herzfrequenz ≥ 75/Minute verdeutlichen einen noch ausgeprägteren Therapienutzen von Ivabradin [ 4 ] (Abb. [ 1 ]), betonte Prof. Michel Komajda, Paris (Frankreich). Bei diesen Risikopatienten reduzierte Ivabradin zusätzlich zu einer optimierten Vortherapie einschließlich Betablocker jeweils signifikant den primären kombinierten Endpunkt um 24 % (p < 0,0001), die Gesamtmortalität und kardiovaskuläre Sterblichkeit um je 17 % (p = 0,0109 bzw. p = 0,0166), Tod aufgrund Herzinsuffizienz um 39 % (p = 0,0006) und die Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz um 30 % (p < 0,0001). Als wichtiger Risikoprädiktor erwies sich die nach 28 Tagen erreichte Herzfrequenz, wobei Patienten, die eine Herzfrequenz-Reduktion auf < 60/Minute oder um mehr als > 10/Minute erreichten, maximal von Ivabradin profitierten (Abb. [ 2 ]).

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Abb. 1 Kumulative Kaplan-Meier Ereignis-Kurve für Patienten mit Ivabradin in der Gruppe ≥ 75 Schläge pro Minute für primäre kombinierte Endpunkt-Ereignisse nach 28 Tagen, angeordnet nach der Herzfrequenz, die nach 28 Tage nach Auftitration erreicht wurde. Patienten, die während der ersten 28 Tage des Follow-up den primären kombinierten Endpunkt erreichten, wurden ausgeschlossen [aus [ 4 ]].
Mit freundlicher Genehmigung durch Springer Science + Business Media: Böhm, M. et al. Heart rate at baseline influences the effect of ivabradine on cardiovascular outcomes in chronic heart failure:analysis from the SHIfT study. Clinical Research in Cardiology 2012;Fig. 3. E-pub ahead of print May 2012; DOI 10.1007/s00392-012-0467-8
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Abb. 2 Die EMA forderte eine Analyse der SHIfT-Studie bei Herzinsuffi zienz-Patienten mit einer Herzfrequenz von ≥ 75 – was bei 2/3 der Patienten der Fall war. Diese Auswertung zeigt, dass Ivabradin bei diesen 4150 Patienten sowohl die Gesamtmortalität als auch alle anderen kardiovaskulären Endpunkte signifi kant verbessert [aus [ 4 ]].
Nach: Böhm M. et al. Heart rate at baseline infl uences the eff ect of ivabradine on cardiovascular outcomes in chronic heart failure:analysis from the SHIfT study. Clinical Research in Cardiology 2012; E-pub ahead of print May 2012; DOI 10.1007/s00392-012-0467-8

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Weitere Erkenntnisse aus der SHIfT-Studie: Ein aktuelles Update

Darüber hinaus wurden auf dem Kongress noch zwei weitere spannende Subgruppenanalysen zur SHIfT-Studie präsentiert. So zeigte sich laut Komajda, dass nicht die Dosis des Betablockers, sondern das Ausmaß der Herzfrequenzreduktion durch Betablocker und Ivabradin für die Senkung der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität entscheidend ist [ 5 ]. Eine weitere Subanalyse ergab, dass Patienten, die einen Aldosteron-Antagonisten erhielten oder nicht, in gleich hohem Maße von Ivabradin profitierten [ 6 ].

Die bereits 2011 vorgestellte echokardiografische SHIfT-Substudie zeigte laut Komajda den Zusammenhang zwischen der ausgeprägten kardiovaskulären Risikoreduktion, der signifikanten Verbesserung der linksventrikulären Funktion und der Umkehr des kardialen Remodelings durch Ivabradin [ 7 ]. Überdies, so Komajda weiter, führte die zusätzliche Ivabradin-Gabe, auch als Ausdruck einer Besserung der Herzinsuffizienz-Symptomatik, in einer Substudie zu einem signifikanten Anstieg der gesundheitsbezogenen Lebensqualität [ 8 ].

Quelle:
Symposium "Managing heart failure in the 21st century", Heart Failure 2012, Belgrad/Serbien, 20. Mai 2012
Die Publikation entstand mit freundlicher Unterstützung durch Servier Deutschland GmbH, München

"Take home message" für die klinische Praxis

Die überzeugenden Ergebnisse der SHIfT-Studie führten zu einer schnellen Aufnahme von Ivabradin in die neuen Herzinsuffizienz-Leitlinien der ESC 2012. Insbesondere ab einer Herzfrequenz ≥ 75/Minute profitieren die Patienten von einer Senkung der kardiovaskulären Mortalität und der Gesamtmortalität. Deshalb ist Procoralan® bei diesen Patienten indiziert. Bei guter Therapiesicherheit führt Ivabradin zudem zu einer Verbesserung der kardialen Funktion, Symptomatik und Lebensqualität. Um mehr Patienten einer leitliniengerechten Ivabradin-Therapie zuzuführen, bedarf es – so die übereinstimmende Meinung der Experten – künftig vermehrter Anstrengungen, den Risikofaktor Herzfrequenz auch tatsächlich in der klinischen Praxis zu erfassen.


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  • Literatur

  • 1 Swedberg K, Komajda M, Böhm M et al. Ivabradine and outcomes in chronic heart failure (SHIfT): a randomised placebo-controlled trial. Lancet 2012; 376: 875-885
  • 2 McMurray JJ, Adamopoulos S, Anker SD et al. ESC guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure 2012: The Task Force for the Diagnosis and Treatment of Acute and Chronic Heart Failure 2012 of the European Society of Cardiology. Developed in collaboration with the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 19.05.2012; [Epub ahead of print]
  • 3 Fachinformation Procoralan®. 02/2012
  • 4 Böhm M, Borer J, Ford I et al. Heart rate at baseline influences the effect of ivabradine on cardiovascular outcomes in chronic heart failure: analysis from the SHIfT study. Clin Res Cardiol 11.05.2011; [Epub ahead of print]
  • 5 Swedberg K. Effects on Outcomes of heart rate reduction by Ivabradine in patients with congestive heart failure: Is there an influence of beta-blocker dose? Findings from the SHIfT (Systolic Heart failure treatment with the I(f) inhibitor ivabradine Trial) Study. J Am Coll Cardiol 22.02.2012; [Epub ahead of print]
  • 6 Komajda M, Böhm M, Borer JS et al. Ivabradine improves clinical outcomes in patients with chronic systolic heart failure taking aldosterone antagonists: findings from SHIfT trial. Eur J Heart Failure supplements 2012; 11 (Suppl. 01) 121 Heart Failure 2012, abstract #683
  • 7 Tardif JC, O'Meara E, Komaida M et al. Effects of selective heart rate reduction with ivabradine on left ventricular remodelling and function: results from the SHIIFT echocardiography substudy. Eur. Heart J 2011; 32: 2507-2515
  • 8 Ekman I, Chassany O, Komajda M et al. Heart rate reduction with ivabradine and health related quality of life in patients with chronic heart failure: results from the SHIfT study. Eur. Heart J 2011; 32: 2395-2404

  • Literatur

  • 1 Swedberg K, Komajda M, Böhm M et al. Ivabradine and outcomes in chronic heart failure (SHIfT): a randomised placebo-controlled trial. Lancet 2012; 376: 875-885
  • 2 McMurray JJ, Adamopoulos S, Anker SD et al. ESC guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure 2012: The Task Force for the Diagnosis and Treatment of Acute and Chronic Heart Failure 2012 of the European Society of Cardiology. Developed in collaboration with the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 19.05.2012; [Epub ahead of print]
  • 3 Fachinformation Procoralan®. 02/2012
  • 4 Böhm M, Borer J, Ford I et al. Heart rate at baseline influences the effect of ivabradine on cardiovascular outcomes in chronic heart failure: analysis from the SHIfT study. Clin Res Cardiol 11.05.2011; [Epub ahead of print]
  • 5 Swedberg K. Effects on Outcomes of heart rate reduction by Ivabradine in patients with congestive heart failure: Is there an influence of beta-blocker dose? Findings from the SHIfT (Systolic Heart failure treatment with the I(f) inhibitor ivabradine Trial) Study. J Am Coll Cardiol 22.02.2012; [Epub ahead of print]
  • 6 Komajda M, Böhm M, Borer JS et al. Ivabradine improves clinical outcomes in patients with chronic systolic heart failure taking aldosterone antagonists: findings from SHIfT trial. Eur J Heart Failure supplements 2012; 11 (Suppl. 01) 121 Heart Failure 2012, abstract #683
  • 7 Tardif JC, O'Meara E, Komaida M et al. Effects of selective heart rate reduction with ivabradine on left ventricular remodelling and function: results from the SHIIFT echocardiography substudy. Eur. Heart J 2011; 32: 2507-2515
  • 8 Ekman I, Chassany O, Komajda M et al. Heart rate reduction with ivabradine and health related quality of life in patients with chronic heart failure: results from the SHIfT study. Eur. Heart J 2011; 32: 2395-2404

 
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Abb. 1 Kumulative Kaplan-Meier Ereignis-Kurve für Patienten mit Ivabradin in der Gruppe ≥ 75 Schläge pro Minute für primäre kombinierte Endpunkt-Ereignisse nach 28 Tagen, angeordnet nach der Herzfrequenz, die nach 28 Tage nach Auftitration erreicht wurde. Patienten, die während der ersten 28 Tage des Follow-up den primären kombinierten Endpunkt erreichten, wurden ausgeschlossen [aus [ 4 ]].
Mit freundlicher Genehmigung durch Springer Science + Business Media: Böhm, M. et al. Heart rate at baseline influences the effect of ivabradine on cardiovascular outcomes in chronic heart failure:analysis from the SHIfT study. Clinical Research in Cardiology 2012;Fig. 3. E-pub ahead of print May 2012; DOI 10.1007/s00392-012-0467-8
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Abb. 2 Die EMA forderte eine Analyse der SHIfT-Studie bei Herzinsuffi zienz-Patienten mit einer Herzfrequenz von ≥ 75 – was bei 2/3 der Patienten der Fall war. Diese Auswertung zeigt, dass Ivabradin bei diesen 4150 Patienten sowohl die Gesamtmortalität als auch alle anderen kardiovaskulären Endpunkte signifi kant verbessert [aus [ 4 ]].
Nach: Böhm M. et al. Heart rate at baseline infl uences the eff ect of ivabradine on cardiovascular outcomes in chronic heart failure:analysis from the SHIfT study. Clinical Research in Cardiology 2012; E-pub ahead of print May 2012; DOI 10.1007/s00392-012-0467-8