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DOI: 10.1055/s-0032-1324373
Briefe an die Redaktion
Subject Editor:
Publication History
Publication Date:
26 July 2012 (online)
Zum Artikel „Jetzt anpacken“ , PP 5/12
Brauchen starke Lobby
Sehr geehrte physiopraxis-Redaktion
, zusätzlich zum Zusammenspiel von Arzt, Therapeut und Krankenkasse sowie der Besteuerung - wie Professor Günther Neubauer ausführte - müssen wir für den Direktzugang noch weitere Aspekte berücksichtigen.
Im Newsletter des ZVK-Nordverbunds stand, man habe eine Fortbildung entwickelt, die Physiotherapeuten zum First Contact Practitioner (FCP) befähigt. Ich bin Befürworter des FCP und finde, wir können selbstbewusst an die Sache herangehen. Damit aber der FCP wirklich kommt und zum Erfolg wird, braucht es mehr als einen 40-stündigen Kurs. Wir werden uns damit bei den Entscheidungsträgern lächerlich machen: Die Bundesländer verlangen als Prüfungsvoraussetzung für eine beschränkte Heilpraktikerzulassung zwischen 60 und 500 Stunden Fortbildung!
Vor allen Dingen sollten unsere Berufsverbände endlich einmal wirklich zusammenarbeiten. Berichte aus anderen Ländern zeigen doch, dass für eine starke Lobby eine einheitliche Interessenvertretung wesentlich ist Wir müssen fordern, dass sie mit einer Stimme sprechen, um wirklich Gewicht bei Verhandlungen mit Entscheidungsträgern aus Politik, Krankenkassen und Ärzteschaft zu erlangen. Sonst werden in einem halben Jahr vier verschiedene FCP-Fortbildungen haben, von denen keine anerkannt werden wird.
Bedenken wir eigentlich wirklich, was als Erstbehandler auf uns zukommt? Eine Dissertation zeigt, dass deutsche Physiotherapeuten den FCP zwar wünschen, aber noch nicht in der Lage sind, Kontraindikationen zuverlässig zu erkennen [2]. Ein entsprechendes Curriculum muss einen Therapeuten auch ohne MT-Zertifikat oder McKenzie-Fortbildungen in der Entscheidung sicher machen, ob er einen Patienten direkt behandeln kann oder erst zu einem Arzt schicken sollte. Ob das in vier Tagen möglich ist, wage ich zu bezweifeln. Wenn der erste Patient mit einer schwerwiegenden Erkrankung unentdeckt bleibt, wird der Aufschrei nicht nur in der Ärzteschaft groß sein.
Ein weiterer Aspekt: Wie viel höher muss uns eine Berufshaftpflichtversicherung demnächst absichern? Werden sich die höheren Kosten und die erheblich höhere Verantwortung auch in einer deutlich höheren Vergütung niederschlagen?
Der Direktzugang kann eine Verbesserung des Gesundheitssystems sein. Wenn die Veränderungen in Aus- und Weiterbildung gemeinsam angegangen werden, sieht unser Beruf aufregenden Zeiten entgegen.
Mit freundlichen Grüßen Andreas Schwartz, Physiotherapeut aus Aachen
25.-27. Januar 2013
Erste Programminfos
Die Organisation des physiokongresses 2013 läuft auf Hochtouren. Er wird wieder im Rahmen der Medizin Messe Stuttgart sein. Thema diesmal: „Kraft und Muskulatur“. Entspricht die Klassifizierung in „lokale“ und „globale“ Muskeln noch der aktuellen Evidenzlage? - dies ist eine Frage, die zur Diskussion steht. Ein Thema, das viele Fragen aufwirft, ist das der Muskeldehnung. Treibt auch Sie eine dazu um, dann schicken Sie diese an physiopraxis@thieme.de, wir leiten sie vertraulich an die Referenten weiter.
Die Keynote-Referate erörtern das Motto „Was uns stärkt!“ Als Beispiel sei Mentales Training genannt. Die Vorträge zur Neuroreha drehen sich um das Thema „Tonus“: „Botox oder kein Botox?“ und „Was bewirkt Krafttraining?“
Bald mehr unter www.thieme.de/physioonline/physiokongress.
Zum Artikel „Höchstleistung ohne Kreuzband“ aus pp 5/12
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Sie haben so recht!
Sehr geehrter Herr Diemer und Herr Sutor, ich bin im Allgäuer Anzeiger Ende Juni 2012 auf Ihre interessanten Ausführungen zum Thema „Riss des vorderen Kreuzbandes“ gestoßen und habe dann im Internet recherchiert. Gratulation. Ich zähle mich selbst zu den „Adaptern“ und sehe keinen Anlass zur OP. Anfang 2010 hatte ich mit 62 beim Skifahren einen Totalabriss. Kurz danach startete ich erste erfolgreiche Skating-Versuche, dann intensives Joggen jeweils mit Orthese. In der Wintersaison 2010/11 konnte ich bereits wieder mit Orthese Alpinskifahren - Skaten nur mit Patellarband von der Firma Sporlastic. Seit Sommer 2011 kann ich wieder bergwandern, biken und intensiv joggen (circa 30-40 km pro Woche), und dies seit 2012 sogar wieder ohne Patellarband.
Mein aktueller Zustand: verbleibende Instabilität, die zu Vorsicht mahnt (zum Beispiel kein Tennis und keine „Bocksprünge“ in alpinem Gelände), aber sonst keine größeren Einschränkungen. Und: keine Indizien für eine drohende Arthrose.
Mit besten Grüßen Günter Blesch aus Oberstdorf
Anmerkung der Redaktion
Sehr geehrter Herr Blesch, wir leiten Ihr Schreiben gerne an die beiden Autoren weiter. Es motiviert uns sehr, zeigt es doch, dass das Expertenwissen unserer Autoren nicht nur bei den Physiotherapeuten, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit ankommt. Noch weitere Medien haben die wichtige Aussage der beiden Physiotherapeuten, dass man eine Kreuzband-OP genau abwägen soll, aufgegriffen. Wir wissen, dass die Stuttgarter Zeitung darüber berichtet hat und Newsportale im Internet wie beispielsweise n-tv.de, Focus Online, Stern.de, ruhrnachrichten.de, oeffentliche.de, general-anzeiger-bonn.de, maerkischeallge-meine.de, nachrichten.de, main-spitze.de sowie westline.de. Ein Blick in diesen Spiegel der Medien zeigt: physiopraxis wird wahrgenommen und sorgt für Gesprächsstoff.
Zum Studienergebnis „Multiple Sklerose - Effekt von exzentrischem Krafttraining fraglich“ , physiopraxis 3/12
Zwischenzeitlich ist es wohl Konsens in der Welt der nicht-ärztlichen Therapieberufe, dass die Akademisierung und Professionalisierung richtig und wichtig ist, entsprechend der sich wandelnden Anforderungen an moderne Therapeuten. Einen wesentlichen Beitrag leisten diejenigen, die sich der Forschung in der Therapie und der Verbreitung der wissenschaftlichen Ergebnisse widmen. Die Verfügbarkeit von Informationen, die sich mit der Wissenschaft in der Therapie befassen, unterstützen Therapeuten auf dem neusten Stand zu bleiben. Zudem führt die Präsenz wissenschaftlicher Themen z.B. in Physiotherapie-Zeitschriften dazu, dass so die Beschäftigung mit Therapie-Wissenschaft zur Selbstverständlichkeit wird und so die Nische für „akademisierte“ Therapeuten verlässt - Das ist gut so. Die wenigen Zeitschriften für nicht-ärztliche Therapieberufe tragen viel dazu bei, denn sie erreichen nicht nur diejenigen, die ohnehin an Therapiewissenschaft interessiert sind, sondern auch die Therapeuten, die tagtäglich an der Behandlungsbank stehen und das tun, was Therapeuten normalerweise tun: nach bestem Wissen und Gewissen Patienten verantwortungsvoll behandeln.
Was viele, die sich mit praxisrelevanter Wissenschaft in den Therapieberufen befassen, fordern, nämlich den Transfer von Wissenschaft in die Praxis, findet an dieser Schnittstelle statt. Dabei ist die Verantwortung derjenigen groß, die z.B. Studienergebnisse vorstellen. Denn unter anderem hier wird sich über die Zeit herausstellen, inwieweit die Wissenschaft dem praktischen Handeln dienlich ist. Unter anderem der praktikable Wissenstransfer hat einen Einfluss auf die Akzeptanz von therapeutischer Forschung und Lehre in den therapeutischen Berufen. Anders ausgedrückt: Wenn therapeutisch-wissenschaftliche Ergebnisse nicht bei den Patienten ankommen, ist das einerseits schlecht für den Forstschritt der Behandlungsqualität und andererseits ist es auch Wasser auf die Mühlen der Akademisierungsskeptiker, die es durchaus immer noch gibt.
Konkret: Wenn man sich den oben angesprochenen Bericht zu intensivem exzentrischen Muskeltraining bei Multipler Sklerose anschaut, wird die große Mehrheit der Leser den Eindruck gewinnen, dass diese Art des Trainings MS-Patienten eher keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen bringt. Wer wenig Zeit hat, um sich diese Studien selber im Detail anzuschauen - wie viele Therapeuten im Behandlungsalltag - wird dann eher auf exzentrisches Training verzichten. Denn die meisten Leser werden sich tendenziell auf die berichteten Ergebnisse verlassen. Sie gehen in der Regel davon aus, dass die Ergebnisse richtig berichtet wurden und dass sich die Autoren der Studie intensiv mit z.B. einer bestimmten Therapieform intensiv beschäftigt haben.
Nachdem ich mir den physiopraxis-Text angeschaut habe kam mir spontan der Gedanke, dass die hier untersuchte Stichprobe (in zwei Gruppen) vermutlich zu klein gewählt worden sein muss, um einen statistisch signifikanten und gesundheitsrelevanten Effekt der Intervention belegen zu können. Deswegen habe ich mir die Studie einmal genauer angeschaut. Schon in der Zusammenfassung der Studie ist ein Satz zu finden, der beim Bericht und der Interpretation der Ergebnisse im physiopraxis-Text nicht hätte unberücksichtigt bleiben dürfen: Frei übersetzt steht dort, dass den Forschern nach der Datenerhebung aufgefallen ist, dass ihre Stichprobe zu klein war, um statistisch belastbare Aussagen über die Wirksamkeit der Intervention machen zu können. Diese Aussage hätte die physiopraxis-Redaktion dazu bringen müssen, entweder genauer auf die Schwächen dieser Studie hinzuweisen, oder die Ergebnisse dieser Studie erst gar nicht zu berichten. Denn dieser Satz allein stellt die gesamten Studienergebnisse infrage.
Mir geht es nicht darum die wissenschaftliche Arbeit anderer zu entwerten. Vielmehr möchte ich darauf aufmerksam machen, dass den Lesern wissenschaftlicher Ergebnisse nicht der Eindruck entstehen darf, dass man den publizierten Ergebnissen - wenn sie auch verkürzt und konzentriert serviert werden sollen - nicht trauen kann und dass damit Zweifel am Nutzen der Akademisierung und der praktischen wissenschaftlichen Arbeit genährt werden. Dann hätte man anstatt die Therapiewissenschaften zu fördern, diesem wünschenswerten Prozess einen Bärendienst erwiesen.
Deshalb möchte ich dringend dafür plädieren, wissenschaftliche Ergebnisse so aufzubereiten, dass sie einerseits in ihren Kernaussagen nachvollziehbar sind, aber andererseits nicht so verkürzt dargestellt werden, dass falsche Schlussfolgerungen gezogen werden könnten. Außerdem könnten Therapiezeitschriften hin und wieder mehr Platz für interessante, diskussionswürdige Studien einräumen, um die Einzelheiten, wie z.B. wesentliche Studien-Limitation anzusprechen und diesbezüglich die Aussagekraft der Ergebnisse zu interpretieren. Auch letzteres kann insbesondere für diejenigen Interesssant sein, die sich mit Therapiewissenschaften beschäftigen (wollen). So kann man lernen, was man vielleicht anders machen könnte, sowohl bei der praktischen Forschungsarbeit als auch bei der Publikation und Interpretation wissenschaftlicher Ergebnisse. Die hier angesprochene Studie von Hayes und Kollegen (2011) wäre ein gelungenes Beispiel für eine fiktive Diskussion im Sinne eines „schriftlichen Journal Clubs“, in dem wissenschaftsinteressierte Autoren die Stärken und Schwächen von therapeutischen Studien beleuchten könnten.
Heiko J. Jahn, BSc PT, Europ. MSc PH, wiss. Mitarbeiter an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld
Anmerkung der Redaktion
Lieber Heiko,
Du sprichst ein wichtiges Thema an. Die Rubrik „Internationale Studienergebnisse“ zeigt nur, worüber in der Physiotherapie geforscht wird. Sie kann das Lesen eines Volltextes nicht ersetzen. Auf Stärken und Schwächen einer Studie geht die Rubrik „Wissenschaft kommentiert“ ausführlicher ein. Dennoch werden wir künftig auf mehr Klarheit achten.
Zum physiopraxis.Refresher „Faserriss der Harmstrings“ , pp 4/12
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Unpräzise Terminologie
Ich finde die physiopraxis.Refresher sehr gut und sinnvoll. In dem Refresher zum Thema „Faserriss der Hamstrings“ sprechen die Autoren korrekterweise von der Beteiligung des ISG und der LWS. Beim Springing Test bzw. Federtest fehlt mir die genaue Terminologie der MT oder eine ausführlichere Erklärung. Ein Schmerzvorkommen bei diesem Test kann unterschiedliche Ursachen haben: je nach genauer Beschreibung der Symptomatik und Begleitsymptomatiken beispielsweise Beweglichkeitseinschränkungen oder mangelnde Stabilisierung. Von einer „generellen“ Instabilität durch einen einzigen hierfür nicht besonders aussagekräftigen Test auszugehen, halte ich nicht für sehr evident.
Zudem frage ich mich, ob es denn sinnvoll ist, eine „instabile LWS L4-5“ zu mobilisieren? Ich halte eher Stabilisieren für wichtig. Würde dort stehen, dass benachbarte hypomobile Segmente mobilisiert würden, könnte ich zustimmen. Oder wenn mittels anteriorerposteriorer Mobilisation ein propriozeptiver Input erzeugt würde, die Schmerzen verringert (Gate Control System, Senkung der algetischen Reizung des WDR-Neurons).
Ansonsten ein sehr lehrreicher Refresher.
Mit freundlichen Grüßen Jonas Tschopp, Physiotherapeut aus Basel
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