Die immunmodulierende Wirkung bakterieller DNA war seit vielen Jahrzehnten [1] bekannt, als das Sequenzmotiv mit der Basenfolge Cytosin–Guanin, wenn Cytosin wie
für prokaryontische DNA typisch nicht methyliert ist, Mitte der 1990er-Jahre als das
aktive Agens identifiziert wurde [2]. Daraufhin setzten vielfältige präklinische und klinische Entwicklungen ein, um
das immunmodulatorische Agens als Adjuvans für Impfstoffe zur Infektionsbekämpfung
und insbesondere zur Therapie bei Krebserkrankungen einzusetzen [3].
Das Design der bei den Entwicklungen zum Einsatz kommenden DNA-Moleküle wurde bestimmt
durch die damaligen technischen und wissenschaftlichen Limitationen. Die Synthese
längerer DNA > 50-Nukleotide (N) und großer Mengen dieser DNA, insbesondere unter
GMP-Bedingungen, war nicht etabliert. Die Aufnahme in Zellen von kurzen DNA-Molekülen,
sogenannter Oligodesoxyribonukleotide (ODN) < 30 (N), schien effektiver zu sein als
die längere und doppelsträngige DNA. Auch die Molekularbiologie, Signaltransduktion,
zelluläre Verteilung und Speziesspezifität des zugehörigen Rezeptors, TLR-9, waren
zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. In der Konsequenz konzentrierte man sich auf
die präklinische Entwicklung einzelsträngiger ODN mit einer Länge von weniger als
30 Nukleotiden. Bedingt durch die geringe Länge und die offenen Enden der einzelsträngigen
ODN hatten diese nur eine sehr kurze Halbwertszeit im Säugerorganismus und konnten
so ihre immunmodulatorische Wirkung nicht erzielen. Um sie vor dem extra- und intrazellulären
Abbau zu schützen, kamen deshalb chemische Schutzgruppen und in Säugerorganismen nicht
vorkommende Nukleotidverknüpfungen zum Einsatz, von denen die Modifikation mit Phosphothioaten
(PTO) am häufigsten verwendet wurde.
In präklinischen und klinischen Tests der vergangenen 10 Jahre wurde dann jedoch festgestellt,
dass die PTO-Modifikation und andere nicht biologische Bindungen in den ODN sowohl
toxisch sind als auch eigene immunmodulatorische Wirkungen haben. Die Summe dieser
und weiterer Effekte führte für die ODN in der klinischen Entwicklung zu einem schmalen
therapeutischen Fenster, das zumindest in den monotherapeutischen klinischen Studien
zur Therapie gegen Krebs keine ausreichend hohe und langdauernde Dosierung zuließ.
Weiterhin konnte die zu Beginn der Entwicklung von therapeutischen ODN vorhandene
Limitierung auf sehr kurze Moleküle durch Verbesserungen der Synthesetechnik überwunden
werden. Dadurch ergaben sich völlig neue Möglichkeiten zur Entwicklung von DNA-basierten
Therapeutika.
Basierend auf der Grundlagenforschung von Professor Wittig (Institut für Molekularbiologie
und Biochemie, Freie Universität Berlin) zu Struktur und Funktion kovalent geschlossener
DNA-Moleküle und mit seiner Unterstützung hat die MOLOGEN AG ein „hantelförmiges“,
kovalent geschlossenes DNA-Molekül mit einer Länge von 116 Basen entwickelt, das einen
doppelsträngigen (stem) und 2 einzelsträngige (loop) Anteile aufweist. Dieser „double
stem-loop immunomodulator“ (dSLIM®) enthält in den beiden Loops nichtmethylierte CG-Motive,
die vom TLR-9-Rezeptor erkannt werden. dSLIM® ist aufgrund seiner Struktur, die keine
offenen Enden aufweist, vor dem schnellen Abbau durch Exonukleasen geschützt und kann
somit vollständig auf chemische Modifikationen verzichten. Durch die völlig andersgeartete
Struktur von dSLIM® im Vergleich zu PTO-modifizierten, linearen ODN ergeben sich deutliche
Unterschiede im Aktivierungs- und Sicherheitsprofil. Diese werden exemplarisch an
experimentellen und präklinischen Daten dargestellt. dSLIM® befindet sich zurzeit
in fortgeschrittener klinischer Entwicklung und hat sich bisher als sicherer und sehr
gut verträglicher DNA-basierter Immunmodulator in der Monotherapie gegen Darmkrebs
erwiesen.