Neonatologie Scan 2012; 01(02): 115
DOI: 10.1055/s-0032-1325832
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Neonatale Chirurgie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Chirurgische Eingriffe: Risikofaktor für die neuropsychologische Entwicklung?

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Publication Date:
01 December 2012 (online)

Frühgeborene und untergewichtige Neugeborene haben viele Risikofaktoren für eine Entwicklungsverzögerung. Ob sich Operationen ungünstig auswirken, haben Filan et al. untersucht.

Als Teil der Victorian Infant Brain Studie wurden postpartal zerebrale Magnetresonanztomografien (MRT) und im Alter von 2 Jahren die neuropsychologische Entwicklung von 30 operierten und 178 nichtoperierten Kindern verglichen. Alle Kinder hatten bei der Geburt ein Gewicht < 1250 g und/oder ein Gestationsalter < 30 Wochen. Die Operationsindikationen waren vielfältig (u. a. Inguinalhernie, persistierender Ductus arteriosus, nekrotisierende Enterokolitis). Die MRT-Diagnostik erfolgte qualitativ (weiße Substanz) und quantitativ (Hirnvolumen, graue und weiße Substanz, Liquor, intrakranielles Volumen). Die frühkindliche Entwicklung wurde mit den Bayley Scales of Infant Development II evaluiert.

Die chirurgische Gruppe hatte ein geringeres Geburtsgewicht, brauchte länger atmungsunterstützende Maßnahmen, bekam mehr Corticosteroide und war länger im Krankenhaus. Schwere intraventrikuläre Hirnblutungen kamen nicht häufiger vor. 33 % hatten im Vergleich zu 12 % der nichtoperierten Gruppe mäßige bis schwere Veränderungen der weißen Hirnsubstanz. Dies betraf vor allem die Patienten mit Darmoperationen. Für Kinder, die Eingriffe wegen Hernien oder einem offenen Ductus arteriosus hatten, war das Risiko nicht erhöht. In multivariater Analyse waren Operationen ein Risko für ein reduziertes Gesamtvolumen, die graue Hirnsubstanz sowie die myelinisierte und nichtmyelinisierte weiße Substanz. Die Ergebnisse wurden korrigiert unter Berücksichtigung der absoluten Kindsgröße. Nur die tiefe graue Kernsubstanz blieb signifikant kleiner. 95 % der Teilnehmer wurden nach 2 Jahren neuropsychologisch und psychomotorisch getestet. Die chirurgischen Patienten schnitten bei den kognitiven Prüfungen schlechter ab. Die signifikanten Unterschiede blieben aber nicht bestehen, wenn andere Risikofaktoren einbezogen wurden (Geburtsunreife, Gewicht, Geschlecht, respiratorische Situation). Da bei den enteral operierten Kindern eine schwerere Schädigung der weißen Substanz vorlag und Kinder mit einem persistierenden Ductus arteriosus besonders unreif waren, wurde bei ihnen eine besonders starke neuropsychologische Einschränkung erwartet. Dies bestätigte sich nicht.