Aktuelle Dermatologie 2013; 39(03): 74-78
DOI: 10.1055/s-0032-1326376
Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neues zur Therapie der Tuberösen Sklerose

Therapy of Tuberous Sclerosis Complex (TSC): An Update
M. Knuf
Klinik für Kinder und Jugendliche, Tuberöse Sklerose-Zentrum, Dr. Horst Schmidt Kliniken, Wiesbaden
,
A. Bach
Klinik für Kinder und Jugendliche, Tuberöse Sklerose-Zentrum, Dr. Horst Schmidt Kliniken, Wiesbaden
,
C. Lampe
Klinik für Kinder und Jugendliche, Tuberöse Sklerose-Zentrum, Dr. Horst Schmidt Kliniken, Wiesbaden
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Univ.-Prof. Dr. Markus Knuf
Klinik für Kinder und Jugendliche
Tuberöse Sklerose-Zentrum
Dr. Horst Schmidt Kliniken
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden

Publication History

Publication Date:
25 March 2013 (online)

 

Zusammenfassung

Die Tuberöse Sklerose ist eine komplexe Erbkrankheit mit vielfältigen Organmanifestationen: ZNS, Nieren, Lunge, Lungen, Haut und andere. Sie beruht auf Mutationen der Tumor-Suppressor-Gene TSC1 und TSC2, was zu einer unkontrollierten Aktivierung von mTOR führt. mTOR-Inhibitoren, wie Sirolimus und Everolimus, weisen eine anti-proliferative und anti-angiomatöse Wirkung auf, weshalb sie sich als Therapieoptionen bei TSC-Patienten qualifizieren. Insbesondere zu Everolimus liegen kontrollierte Studien vor, die die Wirksamkeit bei TSC-Patienten mit SEGA und AML (und anderen Organmanifestationen) dokumentieren.


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Abstract

Tuberous sclerosis complex is caused by genetically determined, decreased absent expression of the genes TSC1 and TSC2 and is characterised by the growth of tumours in different organs: CNS, kidney, lungs, heart, skin and others. Loss of appropriate TSC1-TSC2-activity leads to constitutive mTOR activation, aberrant signalling and tumour growth. Inhibition of deficient mTOR-activity with Sirolimus and Everolimus is associated with anti-proliferative effects. Therefore, Sirolimus and especially Everolimus, are attractive therapy options in TSC-patients with defined organ manifestations (SEGA, AML and others).


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Die Tuberöse Sklerose ist eine komplexe genetische Erkrankung, die durch Mutationen in zwei verschiedenen Genen (TSC1 und TSC2) auf den Chromosomen 9 und 17 verursacht wird. Das klinische Bild ist ausgesprochen heterogen. Die Bezeichnung Tuberöse Sklerose beschreibt genaugenommen nur die Veränderungen der Hirnrinde und berücksichtigt nicht, dass fast alle Organe davon betroffen sein können. In der neueren Literatur wird daher die Bezeichnung Tuberöse Sklerose Komplex (TSC) verwendet, die der Tatsache Rechnung trägt, dass die Tuberöse Sklerose eine Multisystemerkrankung ist. Zu den Manifestationsorten [1] gehört das zentrale Nervensystem (kortikale Tubera, subependymale Knoten [SEN], Riesenzellastrozytome [SEGA], strukturelle Anomalien, Veränderungen der weißen Substanz, in der Folge: Anfallsleiden, psychiatrische Erkrankungen), die Haut (hypomelanotische Flecken (sogenannte „white spots“), faziale Angiofibrome, „Forehead Plaques“, „Shagreen“-Flecken, unguale Fibrome (Koenen-Tumore, Molluscum fibrosum pendulum, miliare Fibrome), das Herz (Rhabdomyome), die Nieren (Angiomyolipome, epitheloide und maligne Angiomyolipome, Nierenzysten, Nierenzellkarzinom), die Lungen (Lymphangioleiomyomatose), die Augen (retinale Läsionen, Hamartome, chorioretinale Hypopigmentierung, Papillenödem, Strabismus, Amblyopie) und andere, prinzipiell alle, Organe (Schilddrüse, Magen-Darm-Trakt (inkl. Leber, Pankreas), Geschlechtsorgane).

Zu den wichtigen neurologischen Manifestationen gehören kortikale Tubera. Hierbei handelt es sich um undifferenzierte fokale Malformationen, die infolge einer Störung der Zellmigration entstehen und meistens einen Gyrus befallen, gelegentlich sich aber auch über mehrere Gyri erstrecken können. Die Ausdehnung kann vom Kortex bis tief in die weiße Substanz ragen. Tuber erscheinen derb, können die Hirnoberfläche überragen, sind gelegentlich zystisch und kalzifizieren [2] [3]. Daneben treten Riesenzellastrozytome (SEGA) auf ([Abb. 1]), die häufig zu einer Liquorzirkulationsstörung führen. SEGA bestehen aus Astrozyten und sehr großen typischen und nur bei diesem Tumor vorkommenden Neuralzellen. SEGA kommen innerhalb der ersten 20 Lebensjahre vor und sind insgesamt sehr selten, treten aber bei etwa 20 % der TSC-Patienten auf [4]. Die natürliche Wachstumskinetik von SEGA ist unbekannt. Sogenannte subependymale Knötchen (SEN) sind benigne, dormante Tumoren, die periventrikulär (Seitenventrikel, 3. Ventrikel) auftreten. Der Übergang von SEGA zu SEN ist (wahrscheinlich) fließend. Daneben finden sich bei TSC-Patienten häufig Veränderungen der weißen Hirnsubstanz und kortikale Heterotopien.

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Abb. 1 Riesenzellastrozytom mit Ventrikelaufweitung.

Folge der neurologischen Manifestationen (insbesondere von epileptogenen Tubera) sind häufig schwer therapierbare Anfallsleiden. Patienten mit TSC entwickeln zu etwa 65 % eine Epilepsie, die in der Regel bereits im Säuglings- oder Kleinkindesalter beginnt. Dabei handelt es sich meistens um das West-Syndrom (BNS-Epilepsie) mit dem typischen EEG einer „Hypsarrhythmie“ ([Abb. 2]). Neue Untersuchungen [5] gehen davon aus, dass etwa 40 bis 70 % der Kinder und Jugendlichen mit einer TSC Probleme im sozial-kommunikativen Bereich besitzen, 40 – 50 % eine hyperaktiv-impulsive Störung und 20 – 50 % depressive Erkrankungen aufweisen.

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Abb. 2 West-Syndrom mit Hypsarrhythmie bei einem Säugling mit TSC.

90 – 95 % der TSC-Patienten weisen Hautsymptome auf [4]. Zu diesen gehören typische faziale Angiofibrome ([Abb. 3]), peri-, subungale Fibrome, hypomelanotische Flecken (sogenannte „white spots“), Shagreen-Flecken und seltenere Hautmanifestationen, wie Molluscum fibrosum pendulum ([Abb. 4]), miliare Fibrome und andere Veränderungen. Die Inzidenz der TSC liegt in Deutschland bei etwa 1 auf 6000 Geburten. Es wird geschätzt (Dunkelziffer bei fehlender Diagnose infolge milder Symptomatik), dass in Deutschland etwa 8000 TSC-Betroffene leben, weltweit geht man von etwa 1 Million TSC-Patienten aus. Die Diagnosestellung erfolgt klinisch auf der Basis verschiedener typischer Organbeteiligungen. Zu den Hauptsymptomen („major criteria“) nach Gomez und Roach [6] [7] gehören:

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Abb. 3 Faziale Angiofibrome bei einem 10-jährigen Knaben mit TSC.
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Abb. 4 Molluscum fibrosum pendulum bei einem Jugendlichen mit TSC.
  • faziale Angiofibrome

  • nicht traumatische, ungale oder periungale Fibrome (Koenen-Tumor)

  • hypomelanotische Flecken (drei oder mehr)

  • Shagreen-Flecken (Bindegewebsnävus)

  • multiple retinale, noduläre Hamartome

  • kortikale Tubera

  • subependymale Knötchen (SEN)

  • Riesenzellastrozytome (SEGA)

  • einzelne oder multiple kardiale Rhabdomyome

  • Lymphangiomatosis (LAM)

  • renale Angiomyolipome (AML)

Zu den Nebenkriterien („minor criteria“) gehören:

  • mehrere, zufällig verteilte Zahnschmelzdefekte

  • hamartomatöse Rektumpolypen

  • Knochenzysten

  • zerebrale, radiale Migrationslinien der weißen Substanz

  • gingivale Fibrome

  • Hamartome außerhalb der Nieren

  • unpigmentierte Flecken der Netzhaut

  • „konfettiartige“ Flecken der Haut

  • mehrere Nierenzysten

Ein TSC gilt als gesichert, wenn zwei Hauptmerkmale oder ein Hautmerkmal und zwei Nebenmerkmale vorliegen. Ein TSC ist wahrscheinlich bei Vorhandensein eines Hauptmerkmales und eines Nebenmerkmales. Ein Verdacht besteht, wenn jeweils ein Hauptmerkmal oder zwei Nebenkriterien vorliegen. Die diagnostischen Kriterien werden gegenwärtig überarbeitet (Molekulargenetik!).

In unklaren Fällen ist auch eine genetische Diagnostik möglich. Die Tuberöse Sklerose wird autosomal-dominant (1/3) oder durch sporadische Mutation während der Embryogenese (Mosaik, „first hit“) vererbt. Bei diesem Erbgang reicht die Inaktivierung einer der beiden TSC-Genkopien für die Expression der Krankheit aus. Die TSC ist vollständig penetrant. Eine spätere Inaktivierung des noch funktionsfähigen Allels ([Abb. 5]) für TSC1 bzw. TSC2 durch somatische Mutation („second hit“) kann zu einer unkontrollierten Zellproliferation und Angiogenese führen. Hamartöse Fehlbildungen und ein komplexes Krankheitsbild sind die Folge.

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Abb. 5 Manifestationen von TSC durch Inaktivierung des zweiten Allels.

Die klinische Expression ist unterschiedlich ([8], [Tab. 1]). Patienten mit einer TSC2-Mutation sind in der Regel schwerwiegender betroffen als solche mit einer TSC1-Mutation.

Tab. 1

Vergleich TSC1- und TSC2-Mutation [8].

TSC1-Mutation

TSC2-Mutation

Mutationshäufigkeit

12 %

70 %

Epileptische Anfälle

86 %

97 %

Geistige Behinderung
Davon mittel bis schwer

50 %
21 %

71 %
46 %

SEN
mittlere Anzahl der SEN

80 %
2,0

98 %
6,3

SEGA mit > 10 Tubera

9 %

72 %

Nierenzysten

12,5 % (nur Grad 1)

29 % (Grad 1 – 4)

Renale AML

29 %

60 %

Bindegewebsnävi (Stirn)

12 %

42 %

Leber-AML

8 %

Retinale Hamartome

28 %

LAM

14 %

TSC-Gene gehören zu den Tumor-Suppressor-Genen, zu deren Aufgaben die Kontrolle der Teilungs- und Regulationsaktivität von Zellen gehört. Von entscheidender Bedeutung hierbei ist das sogenannte mTOR-Molekül (mammallian target of Rapamycin; zelluläres Protein, welches bei der Steuerung der Zellteilung und der -differenzierung eine wesentliche Rolle spielt). mTOR steuert wesentliche Zellfunktionen, wie Stoffwechsel, das Wachstum, die Vitalität und Alterung von Zellen ([Abb. 6]).

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Abb. 6 Zelluläre Signaltransduktion über TSC1, TSC2 und mTOR.

Neues zur Therapie

Bisherige Behandlungsstrategien bestehen aus einer symptomatischen Behandlung von einzelnen Organmanifestationen, einer frühen und aggressiven Epilepsietherapie (medikamentös, Epilepsiechirurgie), ggf. der neurochirurgischen Behandlung von SEGA-assoziierten Komplikationen (z. B. Hydrozephalus internus), der medikamentösen und psychotherapeutischen Versorgung der psychiatrischen Co-Morbidität. Angiofibrome der Haut werden bis dato chirurgisch entfernt oder mit einer Lasertherapie behandelt. Bei Angiomyolipomen der Nieren steht die Nephrektomie und Chemoembolisation nach wie vor im Vordergrund. Lymphangioleiomyome der Lungen werden im Wesentlichen konservativ oder gegebenenfalls (da Auftreten fast ausschließlich bei Frauen ab Beginn der Pubertät) mit Östrogenantagonisten behandelt.

Ein neuer Therapieansatz ist die Inhibition der unkontrollierten mTOR-Aktivität bei TSC durch einen mTOR-Inhibitor (z. B. Sirolimus [Rapamycin], Everolimus). Sirolimus wird in der Transplantationsmedizin eingesetzt. Aufgrund seiner anti-proliferativen Effekte besitzt Sirolimus auch in der Onkologie eine Bedeutung, da es wahrscheinlich das Zellwachstum als auch die Neovaskularisation bestimmter Tumore zu hemmen vermag. Sirolimus wurde in der Vergangenheit auch bei TSC-Patienten (SEGA, AML, LAM) eingesetzt [9] [10]. Daneben wurden jüngst Studien mit TSC-Patienten, die mit dem Sirolimus-Derivat Everolimus behandelt wurden, durchgeführt. Sirolimus wies anti-proliferative Effekte auf. Die Tumorregression war sofort nach Absetzen der Medikation wieder rückläufig.


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Everolimus – ein Sirolimus-Derivat zur Behandlung von TSC-Patienten

Der mTOR-Inhibitor „Everolimus“ wurde in den letzten Jahren hinsichtlich der antiproliferativen Aktivität bei TSC-Patienten untersucht. Die Studien dien(t)en als Zulassungsuntersuchungen zur speziellen Behandlung von TSC-Patienten. [Abb. 7] gibt die wesentlichen Charakteristika [11] von Everolimus wieder. Mit Everolimus wurden Studien zur Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit bei SEGA-Patienten, Patienten mit AML und LAM durchgeführt. In einer prospektiven Phase-II-Studie bei TSC-Patienten mit SEGA wurden über dreijährige Patienten mit einer definierten Dosis (3 mg/m²KOF/Tag) Everolimus behandelt. Das Studiendesign bestand aus einer Kernphase (6 Monate) und einer Extensionsphase (bis dato). 28 Patienten (Alter im Median: 11 Jahre) wurden eingeschlossen. Primäre Endpunkte waren die Dokumentation von Veränderungen des SEGA-Volumens (standardisierte MRT-Untersuchungen in den Monaten 3, 6 und alle 6 Monate in der Extensionsphase) sowie die Verträglichkeit [12].

[Abb. 8] gibt das Ansprechen des SEGA-Volumens bereits nach drei Monaten wieder. Nach 2 Jahren war bei 38 % der Patienten noch eine über 50 %ige Verringerung des SEGA-Volumens zu verzeichnen [10]. Die Tumore sprachen individuell unterschiedlich auf Everolimus an. Eine vollständige Volumenreduktion gelang nicht. Das Volumen der SEGA verkleinerte sich zwischen 5 % bis 75 %. Zur Verträglichkeit des Everolimus bei den 28 SEGA-Patienten, die 2006 in die Studie eingeschlossen wurden, liegen Daten vor. 25 Patienten werden weiterhin behandelt [13]. Der Median der Behandlungsdauer liegt bei 34,2 Monaten. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen gehören Infektionen des oberen Respirationstraktes, Stomatitis, Sinusitis und Otitis media. Schwerwiegende unerwünschte Wirkungen wurden bislang nicht beobachtet. Auch zur Effektivität von Everoliums bei AML liegen Daten vor. 118 Patienten wurden in einer Multicenter-Studie plazebo-kontrolliert und doppel-blind untersucht. Die Ansprechrate auf Everolimus war 42 % [14]. Bei 33 von 79 Patienten verkleinerten sich die AML (95 % KI 31 – 53 %), in der Plazebogruppe war kein Ansprechen zu beobachten. Zu den wichtigsten unerwünschten Ereignissen gehörten Stomatitis (48 % vs. 8 % (Plazebo)), Nasopharyngitis (24 % vs. 31 %), Akne-ähnliche Läsionen (22 % vs. 5 %).

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Abb. 7 Oraler mTOR-Inhibitor „Everolismus“.
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Abb. 8 Erstansprechen des SEGA-Volumens. Klinisch bedeutsame und signifikante Verringerung (p < 0,001). Ergebnisse durch unabhängige Prüfer bestätigt [9].

Die Everolimus-Therapie führt offenbar zu einer positiven Beeinflussung von Anfallsleiden. Der Einfluss auf den neuronalen (Energie-)Stoffwechsel dürfte dabei von größerer Bedeutung sein als die direkte anti-proliferative Wirkung. Während der Behandlung mit Everolimus war bei 16 von 28 Patienten (SEGA-Studie), die mehr als einen Anfall in den letzten 6 Monaten aufwiesen, eine deutliche Reduktion der Krampfanfälle beobachtet worden. Dabei sank der Anteil der Patienten mit täglichen Anfällen von 26,9 % (vor Behandlung) auf 8 % (Beobachtungsmonat 6).

Aus diesem Grunde werden (auch in Deutschland) Untersuchungen zur Wirksamkeit von Everolimus bei Anfallspatienten durchgeführt. Abschließende Ergebnisse liegen noch nicht vor. Ersten Ergebnissen zufolge scheint ein unterschiedliches Ansprechen (bei etwa 50 %) der Epilepsie-Patienten zu beobachten zu sein.

Es liegt eine Reihe von Einzelfallberichten zur Behandlung mit mTOR-Inhibitoren (insbesondere Everolimus) von Organmanifestationen bei TSC-Patienten vor. Beispielsweise lassen sich wohl auch kardiale Rhabdomyome mit Everolimus behandeln [15]. Die Tumore werden unter Therapie kleiner. Die Folgen (Herzinsuffizienz und Rhythmusstörungen) lassen sich offenbar günstig beeinflussen.

Auch Hautmanifestationen verringern sich deutlich bei der systemischen Anwendung von Everolimus. Einzelberichte über die topische Anwendung von Everolimus oder Sirolimus (individuelle Rezepturen, keine zugelassene Medikation) bei fazialen Angiofibromen liegen vor. Systematische Studien fehlen jedoch bislang.


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Verträglichkeit von Everolimus

Aus den vorliegenden Phase-II- und III-Studien liegen Daten zur Verträglichkeit vor. Am häufigsten traten Stomatitis, Pyrexie, Akne-ähnliche Dermatitis sowie Infektionen der oberen Atemwege, Sinusitis und Mittelohrentzündungen auf [13].


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Zusammenfassung und Ausblick

TSC-typische Organmanifestationen lassen sich mit mTOR-Inhibitoren günstig beeinflussen. Mit dem mTOR-Inhibitor Everolimus liegt ein Medikament vor, welches eine dokumentierte Wirksamkeit in Bezug auf Volumenreduktion von SEGA und AML der Nieren aufweist. Die Therapie unter Studienbedingungen führte zu mehr als 30 % Verringerung des SEGA-Volumens bei 75 % der Patienten. Eine Verschlechterung des klinischen Zustandes oder ein Neuauftreten eines Hydrozephalus internus sowie zusätzliche neurologische Symptome traten nicht auf.

Auch das AML-Volumen verringert sich bei vielen TSC-Patienten unter einer Everolimus-Therapie. Für beide Indikationen liegt daher auch eine Zulassung vor.

Everolimus stellt eine Therapiealternative zu neurochirurgischen Verfahren bei SEGA-Patienten dar. Auch andere Organmanifestationen sprechen offenbar auf mTOR-Inhibitoren an. Hierzu gehören LAM der Lungen, kardiale Rhabdomyome und faziale Angiofibrome.

Für den Hautarzt von größtem Interesse dürfte die lokale Wirksamkeit von mTOR-Inhibitoren sein. Hierzu werden zurzeit Untersuchungen durchgeführt. Unklar ist hierbei, ob Everolimus (Lichtinstabilität) oder Sirolimus die geeignete Substanz sind. Das Verträglichkeitsprofil kann kurzfristig als relativ gut bezeichnet werden.

Kritisch muss angemerkt werden, dass in allen Studien naturgemäß („orphan disease“) die Fallzahl klein war und die Beobachtungszeiträume zur Detektion von, unter Umständen schwerwiegenden, Komplikationen (z. B. Malignome, Funktionsverlust von Organen) doch relativ kurz sind. Auch muss klar gesagt werden, dass die mTOR-Inhibitoren Sirolimus und Everolimus zwar eine deutliche anti-proliferative Aktivität aufweisen, diese aber nicht zur vollständigen Tumorremission führt und Tumore sich unmittelbar nach Absetzen wieder vergrößern. Es sind viele Fragen zu einer beispielsweise sequentiellen Therapie und zur Wirksamkeit bei seltenen oder schwer definierbaren Organmanifestationen noch offen.


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Interessenkonflikt

M. Knuf: Prüfarzt in Studie mit Everolimus (Novartis); Honorar für Präsentationen.
A. Bach, C. Lampe: Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Kwiatkowski DJ, Whitemore VH, Thiele EA. Tuberous Sclerosis Complex. Weinheim: Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA; 2010
  • 2 Rott HD, Lemcke B, Zenker M et al. Cyst-like lesions in tuberous sclerosis. Am J Med Genet 2002; 111: 435-439
  • 3 Scheithauer BW, Regan TJ. Neuropathology. In: Gomez MR, Sampson JR, Whittemore VH, Hrsg. Tuberous Sclerosis Complex. New York: Oxford University press; 1999
  • 4 Crino PB, Nathanson KL, Henske EP. The Tuberous sclerosis complex. N Engl J Med 2006; 355: 1345-1356
  • 5 de Vries PJ, Hunt A, Bolton PF. The psychopathologies of children and adolescents with tuberous sclerosis complex (TSC): a postal survey of UK families. Eur Child Adolesc Psychiatry 2007; 16: 16-24
  • 6 Roach ES, Gomez MR, Northrup H. Tuberous sclerosis complex consensus conference: revised clinical diagnostic criteria. J Child Neurol 1998; 13: 624-628
  • 7 Roach ES, Sparagana SP. Diagnosis of tuberous sclerosis complex. J Child Neurol 2004; 19: 643-649
  • 8 Dabora SL, Jozwiak S, Franz DN et al. Mutational analysis in a cohort of 224 tuberous sclerosis patients indicates increased severity of TSC2, compared with TSC1, disease in multiple organs. Am J Hum Genet 2001; 68: 64-80
  • 9 Franz DN, Leonard J, Tudor C et al. Rapamycin causes regression of astrocyzomas in tuberous sclerosis complex. Ann Neurol 2006; 59: 490-498
  • 10 Bissler JJ, McCormack FX et al. Sirolimus for angiomyolipoma in tuberous sclerosis complex or lymphangioleiomyomatosis. N Engl J Med 2008; 358: 140-151
  • 11 O’Donnell A, Faivre S, Burris HA et al. Phase I pharmacokinetic and pharmacodynamic study of the oral mammalian target of rapamycin inhibitor everolimus in patients with advanced solid tumors. J Clin Oncol 2008; 26: 1588-1595
  • 12 Krueger DA, Care MM, Holland K et al. Everolimus for subependymal giant-cell astrocytomas in tuberous sclerosis. N Engl J Med 2010; 363: 1801-11
  • 13 Krueger DA, Care MM, Agicola K et al. Everolimus long-term safety and efficacy in subependymal giant cell astrocytoma. Neurology 2013; 80: 574-580
  • 14 Bissler JJ, Kingswood JC, Radzikowska E et al. Everolimus for angiomyolipoma associated with tuberous sclerosis complex or sporadic lymphangioleiomyomatosis (EXIST-2): a multicentre, randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 2013; published online January 11, 2013
  • 15 Tiberio D, Franz DN, Phillips JR. Regression of a cardiac rhabdomyoma in a patient receiving everolimus. Pediatrics 2011; 127: e1335-1337

Korrespondenzadresse

Univ.-Prof. Dr. Markus Knuf
Klinik für Kinder und Jugendliche
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Dr. Horst Schmidt Kliniken
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden

  • Literatur

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Abb. 1 Riesenzellastrozytom mit Ventrikelaufweitung.
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Abb. 2 West-Syndrom mit Hypsarrhythmie bei einem Säugling mit TSC.
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Abb. 3 Faziale Angiofibrome bei einem 10-jährigen Knaben mit TSC.
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Abb. 5 Manifestationen von TSC durch Inaktivierung des zweiten Allels.
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Abb. 6 Zelluläre Signaltransduktion über TSC1, TSC2 und mTOR.
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Abb. 7 Oraler mTOR-Inhibitor „Everolismus“.
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Abb. 8 Erstansprechen des SEGA-Volumens. Klinisch bedeutsame und signifikante Verringerung (p < 0,001). Ergebnisse durch unabhängige Prüfer bestätigt [9].