Liebe Leserinnen und Leser,
wie schon in unserem Editorial 4/2012 ausgeführt ist dank der qualitativ hochwertigen
Manuskripte, die aus unserer Zeitschrift in den Jahren 2009 und 2010 zitiert wurden,
der Impact-Faktor 2011 auf 0,522 (0,343 in 2010) gestiegen. Für 2012 liegt der Index
noch nicht vor, jedoch ist davon auszugehen, dass er weiterhin „nach oben“geht.
Dieser Trend ist natürlich sehr erfreulich und hat dazu geführt, dass die
Zeitschrift für Orthopädie und Unfallchirurgie im internationalen Ranking
zwischenzeitlich unter den ersten 50 Journals in der Fachkategorie „Orthopedics“
gelistet ist.
Wohlwissend, dass die internationale Wissenschaftssprache Englisch ist, und von
einigen Wissenschaftlern die Meinung vertreten wird, dass derjenige, der nicht in
Englisch publiziert, kein relevantes Wissen zu vermitteln habe, wollen wir auch in
Zukunft die deutsche Sprache in unserer Zeitschrift beibehalten und pflegen. Dies
ist insbesondere unter der im Deutschen Ärzteblatt publizierten Erkenntnis
begründet, dass 80 % der deutschen Ärzte keine englischen Artikel lesen [1]. Nach einer Studie von Haße und Fischer in der Deutschen
Medizinischen Wochenschrift [2] erwartet die überwiegende
Mehrzahl an Ärzten deutschsprachige Artikel in den Zeitschriften ihrer
Fachgesellschaft. Wir brauchen daher für die breite medizinische Versorgung, und
insbesondere zur Erhaltung bzw. Verbesserung der notwendigen Versorgungsqualität in
Orthopädie und Unfallchirurgie, dringend auch weiterhin deutschsprachige attraktive
Zeitschriften, in denen bewährte Methoden einerseits, aber auch neueste
wissenschaftliche Erkenntnisse andererseits zur Fort- und Weiterbildung angeboten
werden.
Dem Anspruch der „Wissensvermittlung in der Breite“ wollen wir mehr wie bisher
Rechnung tragen durch eingeladene Übersichtsarbeiten und durch die Zusammenstellung
von Schwerpunktheften zu wichtigen Themen unseres Faches. Auch Veränderungen der
politischen Rahmenbedingungen, die von nationaler Relevanz in den verschiedenen
Versorgungssektoren sind, sollen künftig mehr Berücksichtigung finden. Aber auch
entsprechend der Tradition unserer wissenschaftlichen Zeitschrift wollen und müssen
wir für die „Wissensvermittlung in der Tiefe“ attraktiv sein. Forschungsprojekte und
deren Ergebnisse aus dem deutschsprachigen Sprachraum sollten in der Muttersprache
publiziert werden, weil nur diese wirklich die Detailgenauigkeit und „Tiefe“ von
Forschung ausdrücken lässt. Gerade wo die Beschreibung und Benennung komplexer
Zusammenhänge von höchster Wichtigkeit ist, macht das Publizieren in präziser und
reflektierter Form (ohne Übersetzungsbüro) Sinn.
Das Problem der „Wissenschaft in eigener oder fremder Sprache“ adressiert der
Linguist und Sprachdidaktiker P. Frath in Forschung & Lehre 1/2013 [3] sehr eindrücklich. Nach seiner Beobachtung ist es in
Frankreich während der letzten Jahrzehnte zu einem massiven Einbruch der Verwendung
des Französischen in der Forschung gekommen. Durch die immer breitere Anwendung des
Englischen verliere die eigene französische Sprache immer mehr an Worten, in denen
sie ihr Wissen ausdrücken könne. Dies gelte aber nicht nur für das Sprechen, sondern
vor allem auch für das wissenschaftliche Schreiben. Wenn nicht mehr in der eigenen
Sprache geschrieben werde, um höhere Bildung und innovative Forschungsergebnisse zu
vermitteln, so werde sich dies auch auf den „Kulturwert Wissenschaft“ in der eigenen
Gesellschaft auswirken.
Gewiss müssen französische wie auch deutsche Wissenschaftler weiterhin in Englisch
publizieren. Nur so ist internationale Kommunikation und wissenschaftliche
Diskussion möglich. Insbesondere für jüngere Kollegen mit dem Ziel der Habilitation
an einer deutschen Universität spielt aber auch der in der Regel höhere
Impact-Faktor in englischsprachigen Zeitschriften eine wesentliche Rolle. Hier
werden unabhängig von der originären Qualität der Beiträge allein schon durch die
höheren Auflagen mit einer größeren Leserschaft die publizierten Manuskripte
häufiger zitiert, was die Impact-Faktor-abhängige Effizienz auf dem Weg der
Habilitation deutlich erhöht. Allerdings ist auf dem Karriereweg auch zu bedenken,
dass man national vornehmlich dann bekannt wird und entsprechende Themen
„mitbesetzt“, wenn man in der oder den anerkannten Zeitschriften der
Fachgesellschaften publiziert. Ein nicht ganz unerheblicher Faktor, wenn es um die
Besetzung leitender Positionen in Kliniken geht.
Wir sollten uns daher eine deutsche Schreib- und Publikationskultur erhalten. Die
Zeitschrift für Orthopädie und Unfallchirurgie setzt als offizielles Organ unserer
Fachgesellschaften auf eine sinnvolle Kombination von Beiträgen zur Berufspolitik,
aus der Grundlagen- und klinischen Studienforschung, sowie auf gute
Übersichtsarbeiten, die in ihrer Qualität den internationalen Vergleich nicht
scheuen müssen. Mit diesem Strategiekonzept sehen wir als Herausgeber und
Schriftleiter sehr positiv „nach vorne“. In deutscher Sprache zu publizieren und zu
lesen, wird attraktiv, sinnvoll und unabdingbar bleiben.
D. C. Wirtz U. Stöckle