Medizinalrat Dr. med. Joachim Bernhard ([Abb. 1]),
ehemaliger Leiter der Unfallchirurgischen Abteilung an der Chirurgischen Klinik der
Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus“ Dresden, verstarb im 87. Lebensjahr am
15. Mai 2012 in Dresden. In dieser Stadt wurde er am 1. Januar 1925 als Sohn des
Verwaltungsrats Oskar Bernhard und dessen Ehefrau Ella geboren und verbrachte hier
eine glückliche Kindheit, liebevoll von den Eltern betreut und behütet. Joachim
Bernhard besuchte von 1931 bis 1935 die Volksschule und anschließend bis 1943 das
Realgymnasium Dresden Blasewitz mit erfolgreichem Abiturabschluss. Unmittelbar
danach folgte für 2 Monate der Arbeitsdiensteinsatz und Juli 1943 die Einberufung
zur Wehrmacht. Nach der Grundausbildung war Joachim Bernard als Funker an der
Westfront eingesetzt und geriet am Kriegsende in amerikanische Gefangenschaft, aus
der er am 20. Dezember 1945 entlassen wurde. Diese 2 Jahre Kriegsdienst waren für
den 18-jährigen Abiturienten Erlebnisjahre, an die er sich ungern erinnerte, da der
verlustreiche Rückzug unter den anhaltenden Bombardements und Zerstörungen recht
schnell die Sinnlosigkeit des Krieges erkennen ließ.
Abb. 1 MR Dr. Joachim Bernhard.
Schon im Januar 1946 nahm Joachim Bernhard eine Tätigkeit als Krankenpfleger in dem
teils schwer zerstörten Krankenhaus Dresden-Johannstadt auf und bemühte sich um
einen Studienplatz für Medizin. Die Immatrikulation erfolgte im Oktober 1946 an der
Medizinischen Fakultät der Universität Rostock, d. h. Bernhard begann sein
Medizinstudium im ersten Semester nach der Wiedereröffnung der Universität. Das
Medizinstudium in dieser unmittelbaren Nachkriegszeit war mit alltäglichen
Schwierigkeiten verbunden, die jedoch den Studenten Bernhard von seinem
unabänderlichen Wunsch, Arzt zu werden, nicht beeinflussten, sodass der
Studiumverlauf streng eingehalten wurde und das Staatsexamen im Mai 1952 und im
gleichen Monat auch die Promotionsleistungen zum Dr. med. erfolgreich abgeschlossen
werden konnten.
Nach dem Medizinstudium kehrte Bernhard sofort nach Dresden zurück und absolvierte
vom 15. Juni 1952 an seine 2-jährige Pflichtassistenzzeit im Krankenhaus
Dresden-Johannstadt; hier fanden die Fächer Chirurgie und Orthopädie sein großes
Interesse und nach Erhalt der Vollapprobation begann er 1954 mit der Weiterbildung
zum Facharzt für Orthopädie. Sein Lehrer war Prof. Dr. med. J. Büschelberger, der
noch weitgehend die konservative Orthopädie vertrat und den Assistenten eine
tradierte Ausbildung und konservative Erfahrungswerte vermittelte. 1958 wurde Dr.
med. Joachim Bernhard zum Facharzt für Orthopädie ernannt, übernahm 1959 die Leitung
der orthopädischen Abteilung am Krankenhaus Radebeul und gleichzeitig die Funktion
des Kreisorthopäden Dresden Land. Diese konservative Orthopädie wie auch die von
Amts wegen auszuführende bürokratische Funktion befriedigten keineswegs die von Dr.
Bernhard so gewünschten operativen Ambitionen und schon nach 4 Monaten entschloss er
sich, in die Carl-Gustav-Carus-Akademie zurückzukehren, aber jetzt in die Chirurgie
zu Prof. Hans Bernhard Sprung, den er sehr verehrte. Im Januar 1960 begann er mit
der chirurgischen Weiterbildung und erhielt schon am 1. Juli 1961 die
Facharztanerkennung für Chirurgie; er war vorrangig in der Behandlung
unfallchirurgischer Patienten tätig. 1962 wurde Dr. Joachim Bernhard zum Oberarzt an
der Chirurgischen Klinik der Medizinischen Akademie ernannt und mit der Wahrnehmung
des Fachbereichs Unfallchirurgie betraut. Nach dem Tod von Prof. Dr. Sprung wurde
Prof. Dr. Richard Kirsch 1963 auf den vakanten Lehrstuhl für Chirurgie berufen.
Oberarzt Dr. Joachim Bernhard wurde nunmehr Leiter der Traumatologischen Abteilung
und übernahm auch die Vorlesungen in Traumatologie in der Hauptvorlesung
Chirurgie.
Als Traumatologe des Hauses konnte Dr. Joachim Bernhard auch eigene Vorstellungen und
Akzente setzen. In den 60er-Jahren rückte die operative Versorgung auch von älteren
Patienten immer mehr in den Vordergrund, besonders die Marknagelung nach Küntscher
zur Versorgung bei Frakturen der Röhrenknochen und die intramedulläre Fixation von
Schenkelhalsbrüchen. Besondere Aufmerksamkeit erlangte die Verwendung des Rundnagels
nach Lezius-Herzer bei trochantären Frakturen, sie wurde von Dr. Bernhard als
Standardmethode eingeführt und methodisch adaptiert, sodass ausgezeichnete
Ergebnisse erreicht werden konnten, die in mehreren Publikationen, auch als
Spätergebnisse, Anerkennung fanden. Wissenschaftlich bearbeitet wurden auch die
Meniskusläsionen, wo eine Verbesserung in der damaligen Diagnostik mithilfe von
arthrografischen Untersuchungen des Kniegelenks erreicht wurde. Aus dem
traumatologischen Arbeitsgebiet erschienen von Dr. Bernhard über 30 Publikationen
und über 55 Vorträge wurden gehalten.
Nach meiner Berufung 1972 auf den Lehrstuhl für Chirurgie und Ernennung zum
Klinikdirektor an der Medizinischen Akademie Carl Gustav Carus lernte ich Dr.
Joachim Bernhard, den Leiter der Abteilung für Traumatologie, kennen und konnte mich
schon nach wenigen Monaten von der verantwortungsvollen Indikationsstellung, der
exzellenten operativen Technik und von dem menschlichen und ärztlichen Tun
überzeugen. Seine stete Einsatzfreudigkeit und ärztliche Zuwendung den
Schwerverletzten und älteren Patienten gegenüber zeichneten ihn aus. Die
Traumatologische Abteilung wurde von Dr. Bernhard als selbstständige Fachabteilung
bestens geleitet und weiterentwickelt und so die Stabilität in der Versorgung
Unfallverletzter für über 25 Jahre an der Medizinischen Akademie gesichert. Diese
seine Leistungen fanden Anerkennung durch Ehrungen und Auszeichnungen, so durch die
Verleihung der Medaille für ausgezeichnete Leistungen 1966, die Ehrenurkunde und
Medaille in Silber für treue Dienste zum 20-jährigen Dienstjubiläum 1973 und in
Anerkennung ständiger Einsatzbereitschaft zum 30. Dienstjubiläum die Medaille in
Gold 1983. Mit der Verleihung des Titels „Medizinalrat“ 1980 wurde die hervorragende
Leitungstätigkeit beim Aufbau der Traumatologischen Abteilung gewürdigt.
Nach dem altersbedingten Ausscheiden von Medizinalrat Joachim Bernhard 1990 aus der
Medizinischen Akademie war die erreichte Freizeit und Freiheit teilweise durch
krankheitsbedingte Störungen eingeschränkt. Auch in dieser Situation stand ihm seine
über alles liebende Frau Renate zur Seite. Die Eheschließung erfolgte 1955 nach der
Facharzternennung für Orthopädie, alle seine weiteren Schritte vollzog er in
Übereinstimmung und Zuneigung. Und so verflossen auch diese schönen Jahre in
Freundschaft mit Weggefährten und Treffen mit Kollegen. Das eigene Haus, das das
Ehepaar Dr. Bernhard 1968 in der schönen Lage Dresdens erbaute, war das Refugium der
Zweisamkeit. Aus scheinbar voller Gesundheit schied Medizinalrat Dr. Joachim
Bernhard in wenigen Stunden am 15. Mai 2012 aus dem Leben und hinterließ seine so
liebenswürdig geschätzte fassungslose Ehefrau Renate in Trauer.
Alle, die Dr. Joachim Bernhard kannten, werden ihn in guter Erinnerung behalten als
freundlichen, entgegenkommenden Kollegen und Mitmenschen, als hingebungsvollen Arzt
und treuen Freund.