Dialyse aktuell 2012; 16(07): 418-419
DOI: 10.1055/s-0032-1328817
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

IMPACT-SHPT-Studie – Paricalcitol ermöglicht effizientere Therapie des sekundären Hyperparathyreoidismus

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Publication Date:
17 September 2012 (online)

 
 

Der sekundäre Hyperparathyreoidismus (sHPT) ist mit einem schlechten Outcome, hohen Hospitalisierungsraten der Patienten [ 1 ], [ 2 ], [ 3 ] und ossären Komplikationen [ 4 ], [ 5 ], [ 6 ] assoziiert, weshalb ein rechtzeitiges therapeutisches Eingreifen empfohlen wird – gerade auch im Hinblick auf die Prävention dieser folgenschweren Begleiterkrankung der Niereninsuffizienz.

Eine etablierte Therapie ist die VDR-Aktivierung (VDR: Vitamin-D-Rezeptor), denn ein infolge der chronischen Nierenerkrankung (CKD) häufig auftretender Vitamin-D-Mangel begünstigt die Entstehung des sHPT. Wie zahlreiche epidemiologische Studien gezeigt haben, gehen die Effekte dieser Therapie über die reine Kontrolle des Parathormons (PTH) hinaus. Beobachtet wurde ein verbessertes Überleben unter jedweder VDR-Aktivierung [ 7 ], [ 8 ], [ 9 ], [ 10 ], wobei die selektive VDR-Aktivierung mit Paricalcitol (Zemplar®) zusätzliche Vorteile bietet [ 1 ], [ 11 ].

Paricalcitol spricht vornehmlich die VDR in den Nebenschilddrüsen an, weniger die im Intestinaltrakt. Daher treten die bekannten unerwünschten Wirkungen der herkömmlichen VDR-Aktivierung wie Kalzium- und Phosphatanstieg nicht im gleichen Ausmaße auf. Diese selektive Ansprache macht Paricalcitol zu einem modernen Nebenschilddrüsenantagonisten, der eine effektive und frühzeitige PTH-Kontrolle ermöglicht, denn das Medikament, das auch als Kapsel zur Verfügung steht, ist bereits für Prädialysepatienten zugelassen [ 12 ].

Ein weiterer Nebenschilddrüsenantagonist ist Cinacalcet, ein Modulator des "Calcium-sensing"-Rezeptors (CaR), der ebenfalls eine effektive PTH-Senkung ermöglicht und darüber hinaus die Kalzium- und Phosphatspiegel senkt [ 13 ]. Dieses Präparat ist jedoch erst ab CKD-Stadium 5D zugelassen, weshalb es in vielen Fällen für eine präventiv ausgerichtete Therapie im Sinne der KDIGO-Leitlinien [ 14 ], die eine Behandlung von ansteigenden Trends der PTH-Spiegel unabhängig vom Stadium der Grunderkrankung empfiehlt, nicht rechtzeitig genug einsetzbar ist. Aber insbesondere auch bei Dialysepatienten stellt sich im Hinblick auf Effizienz der PTH-Kontrolle, das Nebenwirkungsprofil, aber auch ökonomische Überlegungen die Frage, welche der beiden Therapieoptionen zuerst zum Einsatz kommen sollte. Die im Frühjahr veröffentlichte IMPACT-SHPT[ 1 ]-Studie [ 15 ] unternahm erstmals einen "Head-to-Head"-Vergleich der beiden auf dem Markt erhältlichen Nebenschilddrüsenantagonisten.

IMPACT-SHPT-Studie: Paricalcitol und Cinacalcet im direkten Vergleich

Die randomisierte, prospektive Multicenterstudie [ 15 ] verglich Paricalcitol oral bzw. i. v. (plus Cinacalcet im Falle von Hyperkalzämien mit Kalziumwerten über 10,5 mg/dl) vs. Cinacalcet oral plus niedrig dosiertem Vitamin D über 28 Wochen. 89 Zentren aus 12 Ländern nahmen an der Studie teil. Nach einer 4-wöchigen Auswaschphase erfolgte zunächst eine Randomisierung in ein i. v. Stratum (129 Personen) und ein orales Stratum (143 Personen). Dann wurde innerhalb dieser Strata in jeweils eine Paricalcitol und Cinacalcet basierte Therapiegruppe randomisiert.

Die Patienten, die in die Studie aufgenommen wurden, waren über 18 Jahre, seit mindestens 3 Monaten dialysepflichtig und hatten iPTH-Werte von 300–800 pg/ml sowie Serum-Kalzium-Spiegel von 8,4–10,0 mg/dl und Serum-Phosphat-Spiegel von 6,5 mg/dl oder weniger. Die Studiengruppen unterschieden sich kaum im Hinblick auf Alters- und Geschlechtsverteilung, Dauer der Dialysepflichtigkeit und andere, das Outcome beeinflussende Faktoren. Einziger signifikanter Unterschied war der höhere Anteil von Typ-2-Diabetikern unter Paricalcitol im oralen Stratum und Patienten mit LVH in der Paricalcitolgruppe des i. v. Stratums – die Patienten, die Paricalcitol bekamen, waren demnach tendenziell etwas morbider.


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Effizientere PTH-Kontrolle unter Paricalcitol

Primärer Endpunkt der IMPACT-SHPT-Studie war der Anteil der Patienten, die im Evaluierungszeitraum (Woche 21–28) mittlere iPTH-Werte von 150–300 pg/ml erreichten. Als sekundärer Endpunkt wurde analysiert, wie hoch der Anteil der Patienten in den Studiengruppen war, die eine iPTH-Senkung von 50 % oder mehr und 30 % oder mehr vom Ausgangswert erzielten. Die Studie demonstrierte eine Überlegenheit der paricalcitolbasierten Therapie: In der Studie erreichten signifikant mehr Patienten der Paricalcitolgruppe des i. v. Stratums den primären Endpunkt (57,7 %) als in der Cinacalcetgruppe (37,7 %; p = 0,016). Auch im oralen Stratum war dieser Unterschied sichtbar, verfehlte jedoch statistisches Signifikanzniveau (54,4 % vs. 43,4 %; p = 0,260) (Abb. [ 1 ]).

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Abb. 1 Primäre Wirksamkeitsanalyse: Anteil der Studienteilnehmer mit einem mittleren iPTHWert zwischen 150 und 300 pg/ml während der Evaluationsphase (Woche 21–28).
* Paricalcitol (Zemplar®) zzgl. Cinacalcet bei Hyperkalzämie (i. v. Stratum n = 3/52, orales Stratum n = 5/57). Wurden die 8 Patienten, die aufgrund einer Hyperkalzämie zusätzlich Cinacalcet erhielten, von der Analyse ausgeschlossen, lag der Anteil an Patienten, die unter Paricalcitol den iPTH-Zielbereich erreichten, im i. v. Stratum bei 59,2 % (p = 0,015) und im oralen Stratum bei 53,8 % (p = 0,331).

Das Ergebnis veränderte sich auch nicht wesentlich bei der statistischen Adjustierung im Hinblick auf die 8 Patienten in den Paricalcitol-Studien-Armen, die zusätzlich auch Cinacalcet erhalten hatten. Der Unterschied im primären Endpunkt blieb im i. v. Stratum weiterhin signifikant. Hinsichtlich des sekundären Endpunktes erwies sich die paricalcitolbasierte Therapie ebenfalls als effizienter. Im i. v. Stratum war der Anteil der Patienten, die unter Paricalcitol eine mindestens 50- bzw. 30-prozentige PTH-Senkung erreichten, signifikant höher als unter Cinacalcet (65,4 % vs. 22,4 % bzw. 84,6 % vs. 49,0 %, p <0,001).


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Weniger Hyperkalzämien unter Paricalcitol als unter Cinacalcet

Auch, wenn es bezüglich der allgemeinen Nebenwirkungen kaum relevante Unterschiede zwischen den Medikationen gab, so ist doch die unterschiedliche Wirkung beider Nebenschilddrüsenantagonisten auf die Kalziumhomöostase hervorzuheben: Bei über der Hälfte der mit Cinacalcet behandelten Patienten traten während der Evaluationsperiode (Woche 21–28) Hypokalzämien auf (46,9 % im i. v. Stratum, 54,7 % im oralen Stratum), doch nur bei 7,7 % der mit Paricalcitol i. v. behandelten und bei keinem der mit Paricalcitol oral behandelten Patienten wurden Hyperkalzämien diagnostiziert. Das illustriert, wie geringfügig die selektive VDR-Aktivierung mit einem Hyperkalzämierisiko korreliert, während das Risiko für Hypokalzämien unter Calcimimetika gemäß dieser Studiendaten deutlich höher einzustufen ist. Spätestens seit Publikation der ARO-Daten [ 3 ] weiß man, dass Hypokalzämien mit einem ebenso ungünstigen Outcome assoziiert sind wie Hyperkalzämien – und die Beibehaltung der Kalziumhomöostase damit ein für die Prognose relevanter Faktor ist (Abb. [ 2 ]).

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Abb. 2 Zusammenhang zwischen Serumkalzium und Gesamtmortalität (RR: relatives Risiko).

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Verbesserung der Knochenaktivitätsparameter unter Therapie mit Paricalcitol

In der IMPACT-SHPT-Studie wurden auch die alkalische Phosphatase und knochenspezifische alkalische Phosphatase (BAP) erfasst. Die beiden Knochenaktivitätsparameter können ebenfalls das Patientenoutcome beeinflussen: Wie verschiedene Studien zeigten, geht eine erhöhte BAP mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität und Morbidität [ 16 ] einher, und ein Anstieg der Gesamt-AP korreliert mit einer höheren Gesamtmortalität [ 17 ]. In der IMPACT-SHPT-Studie beeinflusste die selektive VDR-Aktivierung mit Paricalcitol im Gegensatz zu Cinacalcet diese Parameter positiv: AP und BAP sanken unter Paricalcitol zwar ab, stiegen hingegen unter dem Calcimimetikum an. Im i. v. Stratum war die Veränderung zum Ausgangswert jeweils signifikant. Da die AP und BAP die Knochenaktivität verlässlicher als das PTH abbilden, scheint Paricalcitol den IMPACT-Daten zufolge einen sHPT "ganzheitlicher" zu therapieren als Cinacalcet: Neben dem PTH reduzierte es auch die hohe Knochenaktivität, die das Krankheitsbild sHPT kennzeichnet.

Dr. Martina Berthold, Weimar

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Abbott GmbH & Co. KG, Ludwigshafen.

Die Beitragsinhalte wurden im Auftrag der Abbott GmbH & Co. KG, Wiesbaden, von Frau Dr. Berthold (Medizinerin) zusammengestellt.


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1 Improved Management of iPTH with Paricalcitol-centered Therapy vs Cinacalcet Therapy with Low-Dose Vitamin D in Hemodialysis Patients with Secondary Hyperparathyroidism


  • Literatur

  • 1 Kalantar-Zadeh K et al. Kidney Int 2006; 70: 771-780
  • 2 Naves-Díaz M et al. Nephrol Dial Transplant 2011; 26: 1938-1947
  • 3 Floege J et al. Nephrol Dial Transplant 2011; 26: 1948-1955
  • 4 Rodriguez M et al. Am J Physiol Renal Physiol 2005; 288: F253-F264
  • 5 Joy MS et al. J Manag Care Pharm 2007; 13: 397-411
  • 6 Martin KJ, Gonzalez EA. J Am Soc Nephrol 2007; 18: 875-885
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  • 8 Teng M et al. J Am Soc Nephrol 2005; 16: 1115-1125
  • 9 Naves-Díaz M et al. Kidney Int 2008; 74: 1070-1078
  • 10 Tentori F et al. Kidney Int 2006; 70: 1858-1865
  • 11 Teng M et al. N Eng J Med 2003; 349: 446-456
  • 12 Fachinformation Zemplar Weichkapseln. Im Internet: http://www.hyperpara.de/pdf/Zemplar%20Weichkapseln_Fachinfo_Februar_2011.pdf Stand 24.07.2012
  • 13 Block GA et al. N Engl J Med 2004; 350: 1516-1525
  • 14 KDIGO Guideline for Chronic Kidney Disease -Mineral and Bone Disorder (CKD-MBD). Im Internet: http://www.kdigo.org/clinical_practice_guidelines/kdigo_guideline_for_ckd-mbd.php Stand 24.07.2012
  • 15 Ketteler M et al. Paricalcitol versus cinacalcet plus low-dose vitamin D therapy for the treatment of secondary hyperparathyroidism in patients receiving hemodialysis: results of the IMPACT SHPT study. Nephrol Dial Transplant 19.03.2012; [Epub ahead of print]; DOI: 10.1093/ndt/gfs018.
  • 16 Fahrleitner-Pammer A et al. J Bone Miner Res 2008; 23: 1850-1858
  • 17 Kovesdy CP et al. Nephrol Dial Transplant 2010; 25: 3003-3011
  • 18 Roggeri P et al. Pharmacological control of secondary hyperparathyroidism in hemodialysis subjects: a cost consequences analysis of data from the FARO study. J Med Econ 17.06.2012; [Epub ahead of print]

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* Paricalcitol (Zemplar®) zzgl. Cinacalcet bei Hyperkalzämie (i. v. Stratum n = 3/52, orales Stratum n = 5/57). Wurden die 8 Patienten, die aufgrund einer Hyperkalzämie zusätzlich Cinacalcet erhielten, von der Analyse ausgeschlossen, lag der Anteil an Patienten, die unter Paricalcitol den iPTH-Zielbereich erreichten, im i. v. Stratum bei 59,2 % (p = 0,015) und im oralen Stratum bei 53,8 % (p = 0,331).
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Abb. 2 Zusammenhang zwischen Serumkalzium und Gesamtmortalität (RR: relatives Risiko).